GK195 - Totentanz im Hexenclub
daß jemand hier sein mußte.
Ein gespenstisches Knarren hallte durch das leere Lokal. Das war oben. Das war die Eingangstür. Mit einem dumpfen Knall flog sie zu. Verwirrt zuckte Smallbridge herum. Jetzt bekam er es doch allmählich mit der Angst zu tun. Hier war tatsächlich irgend etwas nicht in Ordnung. Hier spukte es wirklich.
Ein Kichern kroch über die Wände. Höhnisch und triumphierend.
»Wer ist da?« fragte Smallbridge gepreßt.
»Hallo, Sergeant!« flüsterte eine Mädchenstimme.
Smallbridge schluckte trocken. Schweiß trat ihm aus den Poren. Er fühlte sich betastet. Mit einem heiseren Schrei zuckte er zurück. Seine Taschenlampe suchte zitternd nach der Person, die ihn berührt hatte, aber da war niemand.
Es war unvorstellbar.
Smallbridge verlor innerhalb weniger Minuten all seinen Mut. Eine Gänsehaut spannte sich über seinen Rücken. Er fürchtete sich. Es stimmte. Alles, was man über diese Spuk-Diskothek geschrieben hatte, stimmte. Es war sogar untertrieben. In Wirklichkeit war es hier unten viel unheimlicher.
Der Sergeant wollte fliehen. Zwei Schritte durfte er machen, dann prallte er gegen einen unsichtbaren Körper.
Wieder zitterte dieses gespenstische Lachen durch den Raum. »Wer wird denn schon wieder gehen wollen, mein Lieber?« fragte die weibliche Stimme spöttisch. »Wir haben doch noch die ganze Nacht füreinander Zeit.«
Phil Smallbridge schlug wie von Sinnen um sich. Der Schein seiner Taschenlampe vollführte einen wilden Tanz. Der Polizist versuchte die Treppe zu erreichen. Jemand riß ihm kraftvoll die Beine unter dem Körper weg. Er knallte auf den Boden. Ein schrilles Hohngelächter erfüllte die nächtliche Diskothek.
»Laß mich!« schrie Smallbridge krächzend. »Laß mich in Ruhe, du verdammter Spuk!«
Etwas krachte ihm ins Gesicht. Ein Fuß. Eiskalt.
»Wer hat dich eingeladen, hierher zu kommen?« fragte die Stimme fauchend.
»Ich dachte…«
»Du hast hier nichts zu suchen, mein Lieber!«
»Ich will ja gehen!« stöhnte Smallbridge. Schwerfällig richtete er sich auf.
»Gehen?« kreischte die Stimme. »Das könnte dir so passen. Du bleibst, Phil Smallbridge. Bleibst hier — bis zu deinem Ende!«
Der Sergeant fuhr sich entsetzt an die Wangen. »Was soll das heißen? Bis zu meinem Ende…«
Die Stimme lachte gellend. »Das soll heißen, daß du von hier nicht mehr lebend wegkommst.«
»Nein! O nein!«
»Das soll heißen, daß ich dich töten werde, Phil Smallbridge!«
»O mein Gott!«
Die Hexe lachte kreischend. »Der kann dir jetzt auch nicht mehr helfen!«
»Gnade…«
»Steh auf, du Jammerlappen!« fauchte die Stimme.
Stöhnend kam der Sergeant auf die Beine.
»Sieh dich um, Phil Smallbridge. Schau nur, was für ein Geschenk ich für dich habe!«
Der Polizist drehte sich mit eckigen Bewegungen um. Das Herz blieb ihm stehen, als er das »Geschenk« erblickte. Es war ein Hanfstrick, der sich jetzt wie durch Zauberei zu einer Schlinge formte und dann langsam auf den Sergeant zuschwebte…
***
Lance Selby kam zur Tür hereingestürmt.
Er klatschte die Zeitung vor mich auf den Tisch. Ich brauchte nur einen Blick auf sein Gesicht zu werfen, um zu wissen, daß die verfluchte Hexe schon wieder für eine Hiobsbotschaft gesorgt hatte. »Lies!« verlangte Lance von mir. »Lies, was da steht!«
Ich strich die Zeitung glatt. Als erstes schockte mich das Bild eines erhängten Polizisten.
Die Bildlegende lautete: Beging Selbstmord im Witch Corner: Phil Smallbridge.
Mein Blick flog zur Headline.
MYSTERIÖSE SELBSTMORDSERIE NIMMT KEIN ENDE Und dann kam die Meldung, die sicherlich frisiert war.
Der Freitod hat nun bereits zum fünftenmal zugeschlagen. Sergeant Phil Smallbridge hatte in der vergangenen Nacht Streifendienst. Vermutlich wurde er von der Spuk-Diskothek Witch Corner — über die wir bereits mehrfach berichtet haben — magisch angezogen. Der Mann brach das Polizeisiegel an der Tür auf, begab sich in die Diskothek und erhängte sich da, ohne einen Abschiedsbrief zu hinterlassen …
Abschiedsbrief! Da war etwas dran. Mir fiel ein, daß kein einziges Mädchen einen solchen Brief zurückgelassen hatte. Das bedeutete, daß sie nicht aus freien Stücken aus dem Leben geschieden waren.
Ich überflog den Rest des Berichts, der nur noch aus gewagten Behauptungen und Mutmaßungen bestand. Auf der nächsten Seite war Ella Smallbridge, die Gattin des Sergeants, abgebildet. Sie weinte in ein großes weißes Taschentuch.
Ich hatte Lance schon lange nicht
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