GK195 - Totentanz im Hexenclub
verloren. »Wir können sie noch besiegen!« brüllte ich aus vollem Halse, um die schrillen Dissonanzen, die aus den Lautsprecher geschmettert wurden, zu übertönen. »Wir sind zu dritt. Die Hexe ist allein!«
»Allein?!« heulte Lance auf. »O nein, Tony. Die Hexe ist nicht allein. Sie hat den Satan an ihrer Seite! Was sollen wir drei armen Würmer gegen den Teufel ausrichten?«
»Reiß dich zusammen, Lance!« schrie ich meinen Freund an. »Du mußt an unseren Erfolg glauben!«
»Ich kann nicht!«
»Du mußt, Lance!«
»Verflucht noch mal, ich kann nicht!«
»Sie wird uns umbringen«, winselte Magoon. »Selby hat es gesagt!«
Ich wollte widersprechen, doch plötzlich war Lissy Vandem wieder da. Ich sah sofort, daß sie nicht mehr das Mädchen war, das sie noch vor wenigen Minuten gewesen war. Ihre hübschen Züge wirkten grausam und waren von einem uferlosen Haß erfüllt. Doch das war noch nicht das schlimmste. Die Farbe ihrer Augen hatte sich geändert. Grüne Augen waren es nun, die mich mit unverhohlener Feindseligkeit anstarrten.
Grüne Augen!
Die Augen von Claudia Kent.
***
Sie blickte uns triumphierend an.
»Lissy!« keuchte Henry Magoon. Er rannte auf das Mädchen zu. Sie stieß ihn fauchend von sich. »Zurück!« zischte sie gereizt.
»Lissy.« Ihr Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. »Ich bin nicht mehr deine Freundin, Henry Magoon.«
»Aber Lissy…«
»Schweig, elende Kreatur.« Lissy Vandem hob herrisch den Kopf. Die Hexenmelodie klang etwas gebändigter aus den Lautsprechern. Lissy wollte, daß wir ihr zuhörten. »Ihr werdet in dieser Nacht sterben!« fauchte das Mädchen. Ihre grünen Augen starrten Lance Selby an. »Du wirst das Zeitliche segnen, weil du die Unverfrorenheit hattest, meine Hexenkreise zu stören.« Ihr Blick ruhte nun auf mir. »Dasselbe gilt für dich, Tony Ballard.«
»Und ich?« stöhnte Magoon. »Warum willst du mich töten? Ich habe dich geliebt, Lissy. Ich liebe dich immer noch.«
Das Mädchen lachte überheblich. »So? Du liebst mich immer noch?«
»Ja. Ja!«
Blitzschnell verwandelte sie sich in eine scheußliche Raubkatze. Ihr Gebrüll ließ uns alle erzittern. Als sie ihr menschliches Aussehen wieder angenommen hatte, fragte sie hart: »Nun, wie ist’s, Henry Magoon. Liebst du mich immer noch?«
Fassungslos wich Magoon von dem Mädchen zurück. Betroffen faßte er sich an die zuckenden Wangen. »Himmel, nein. Das… das kann es doch nicht geben. O Gott, Lissy, was ist aus dir geworden?«
Die Flötenklänge wurden lauter.
Lissy Vandem lachte schrill. Sie breitete die Arme aus, als wäre jeder Ton ein Tropfen, in dem sie baden wollte. »Hört ihr’s?« rief sie mit kreischender Stimme. »Hört ihr meine schöne Melodie? Sie wird euch vernichten. Langsam, grausam und qualvoll.«
Magoons Kopf ruckte herum. Jetzt erst begriff er, daß sich jene Schallplatte wieder auf dem Teller drehte, die er zerbrochen hatte. Mit konsternierter Miene stieß er hervor: »Ich habe sie doch… zerstört.«
Lissy Vandem lachte blechern. »Du armer Irrer. Denkst du wirklich, du könntest etwas vernichten, das ich geschaffen habe?« Sie wies triumphierend auf die Lautsprecher. »Hört zu. Hört gut zu. Diese Melodie begleitet euch bis ins Grab!«
Zum erstenmal schmerzten die Töne auch mich. Ein scheußliches Schwindelgefühl packte mich. Die Melodie sickerte durch meine Haut in mich ein und drang bis zu meinem Knochenmark vor. Mein ganzer Leib war von diesem Moment an eine große, brennende Wunde. Jetzt begriff ich erst, welche Qualen Lance Selby durchgemacht hatte.
Er und Magoon waren innerhalb weniger Minuten von den Klängen so sehr geschwächt, daß es nicht mehr lange dauern konnte, bis sie erschöpft zusammenbrachen.
Sie standen vor mir und brüllten ihren Schmerz zur Decke hinauf, und Lissy Vandem lachte darüber so sehr, daß ich, von einer blinden Wut übermannt, mit einem heiseren Schrei auf sie losstürmte.
Sie verzerrte zornig das Gesicht. Ich versuchte, ihr die Faust mit dem magischen Ring in den Bauch zu rammen, doch Lissy Vandem wich blitzschnell zur Seite.
Ein brettharter Schlag traf mich am Kinn. Ich knallte auf die Tanzfläche, kämpfte mich schnaufend wieder hoch. Lissy stand geifernd da. Sie winkte mir. »Noch mal!« fauchte sie. »Nun komm schon! Greif mich noch mal an!«
Lance preßte die zitternden Hände auf seine Ohren. »Ich halte das nicht mehr aus!« wimmerte er.
»Dann töte dich!« kreischte die Hexe vor Vergnügen. »Töte
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