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GK228 - Das Tribunal der Dämonen

GK228 - Das Tribunal der Dämonen

Titel: GK228 - Das Tribunal der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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Schritte noch bis zum Wärterhaus.
    Ferdy Dunlop warf über die Schulter einen gehetzten Blick zurück.
    Großer Gott, die Erscheinung folgte ihm. Jedoch nicht schnell. Sie hatte keine Eile. Sie schien sich ihres Opfers ziemlich sicher zu sein.
    Ihres Opfers? Als Ferdy Dunlop dieser Gedanke durch den Kopf jagte, verlor er vor Schreck beinahe den Verstand. Er flog förmlich auf die Tür des Streckenwärterhäuschens zu. Wie ein Staffettenläufer beim Endspurt schnellte er den Oberkörper nach vorn. Die Lungen brannten, als hingen sie in einem Bottich mit kochendem Öl.
    Dunlops Schuhe knallten über den Bretterboden.
    In größter Eile schmetterte er hinter sich die Tür zu. Der kalte Angstschweiß rann ihm in breiten Bächen an den Wangen herunter. Ferdy Dunlop schob den Riegel vor und drehte den Schlüssel im Schloß herum. Dann riß er den Mund auf und pumpte so viel Luft wie möglich in sich hinein.
    Hatte Ron Taxier wirklich niemals in der Nacht hier Geister gesehen? Oder hatte er bewußt die Unwahrheit gesagt, damit er, Dunlop, sich nicht zu Tode ängstigte? Hatte Taxier deshalb gesagt, er würde die erste Nacht mit ihm zusammen hier verbringen? Um ihn zu schützen? Um ihn mit dem Spuk behutsam vertraut zu machen?
    Dunlop lehnte an der Tür und lauschte. Schleifende Geräusche kamen näher. Dann vernahm der Streckenwärter wieder dieses schauerliche Stöhnen. Er hielt sich die Ohren zu. Sein Gesicht war angstverzerrt. Er schüttelte wild den Kopf und schrie: »Aufhören! Mein Gott, mach, daß es aufhört! Ich kann das nicht mehr länger ertragen!«
    Aber der Horror ging weiter.
    Jemand pochte an die Tür.
    »Weg!« brüllte Ferdy Dunlop mit vollen Lungen. »Weg! Weiche, du Satan! Laß mich in Ruhe! Verschwinde!«
    Hart und fordernd wurde noch einmal geklopft.
    »Hier kommst du nicht rein!« schrie Ferdy Dunlop. »Nie und nimmer mache ich dir die Tür auf!« Er sprang zurück, lief zur gegenüberliegenden Wand, preßte sich zitternd dagegen und starrte mit furchtgeweiteten Augen die Tür an. Ein drittesmal waren die kräftigen Schläge zu vernehmen.
    »Die Tür bleibt zu!« kreischte Dunlop zornig. Plötzlich weiteten sich seine Augen in namenlosem Grauen. Eine unsichtbare Hand schien die Konturen des Spuks auf die Innenseite der Tür zu zeichnen. Sobald die weißen Striche vollständig waren, löste sich die Erscheinung vom Holz und kam langsam auf Ferdy Dunlop zu.
    Der Streckenwärter schüttelte verstört den Kopf. »Nein! Nein, das kann nicht sein! Das kann es unmöglich geben! Das ist verrückt! Das ist Wahnsinn!«
    Das Gespenst lachte höhnisch. »Hattest du wirklich gedacht, mich aussperren zu können?«
    Die Erscheinung sprach mit einer dumpfen, schaurigen Grabesstimme. Ferdy Dunlop glaubte allen Ernstes, den Verstand verloren zu haben.
    ***
    Der Zug stand in der Bahnhofshalle. Reisende liefen mit oder ohne Gepäck hin und her. Man kaufte noch schnell Bonbons, man besorgte noch rasch was zu lesen oder zu trinken. Es fehlten nur noch wenige Minuten bis zur Abfahrt. In den einzelnen Abteilen ein willkürlich zusammengewürfeltes kleines Völkchen. Einer kannte den anderen nicht, hatte möglicherweise dasselbe Ziel wie sein Nachbar oder sein Gegenüber, würde mit diesem oder jenem ins Gespräch kommen. Vielleicht würde es auch Streit geben. Wegen des Fensters möglicherweise, denn es gibt immer welche, die »ersticken«, wenn das Fenster nicht geöffnet wird, und es gibt andere, die »sterben«, wenn sie im scharfen Luftzug sitzen müssen.
    In einem dieser Zugabteile saß ein schlanker Mann mit olivfarbener Haut. Er hatte ein schmales, asketisches Gesicht, war elegant gekleidet, wirkte ernst und seriös. Sein Name war Amuru – ein Inder. Er war der Guru von mehreren bekannten Persönlichkeiten, und er war gerade auf dem Weg zu Frederic Lommond, einem berühmten Schriftsteller, der ihn gebeten hatte, ein paar Tage auf seinem Landsitz zu verbringen.
    Wie eine Statue saß Amuru da.
    In dieser Haltung konnte er stundenlang verharren, ohne auch nur mit dem kleinen Finger zu zucken. Er hatte seinen schlanken Körper unglaublich gut unter Kontrolle.
    Die Tür des Abteils wurde aufgerissen. Ein kräftiger Typ mit lackschwarzem Haar stampfte ins Abteil. Es gibt Leute, die werden niemals wissen, was schlichte, unaufdringliche Eleganz ist, selbst wenn sie noch so viel Geld haben. Dieser Mann gehörte zu jener Sorte, das stellte Amuru mit einem einzigen Blick fest.
    Und noch etwas fiel dem Guru augenblicklich auf:

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