GK334 - Im Tal der Vampire
eine Frau war nicht schnell genug. Der Vampir packte sie mit seinen kräftigen Klauen. Sie kreischte schrill auf. Ich wollte aufspringen und sie dem Vampir entreißen, doch ich kam zu spät.
Das grelle Geschrei der Frau jagte schaurig durch die Schlucht. Die mächtige Fledermaus verschwand mit ihrem Opfer in der Höhle.
»Glauben Sie jetzt, daß es Vampire gibt?« fragte ich den Dirigenten grimmig.
»Was sollen wir tun?« fragte Pavarotti bebend. »Der Kerl wird sich einen nach dem anderen holen…«
»Angriff ist die beste Verteidigung!« behauptete Robert Bacall. Ich war überrascht, das aus seinem Mund zu hören. Ich nickte.
»Sie haben recht, Bacall. Wir dürfen nicht warten, bis er zurückkommt. Wir müssen zu seiner Höhle hinaufklettern und versuchen, ihn da zu vernichten.«
Wir machten uns sofort auf den Weg. Wieder bewaffneten wir uns mit den Holzkreuzen und Pfählen, die wir nicht weggeworfen hatten, nachdem North gestorben war.
Es war ein beschwerlicher Aufstieg, eine gefährliche Klettertour, aber wir schafften es alle. In jedem von uns kochte ein unbändiger Haß. Wir alle wußten, daß unser Leben an einem seidenen Faden hing. Erst wenn wir diesen Vampir vernichtet hatten, würden wir überleben.
Ich erreichte die Höhle als erster. Die vom Vampir geraubte Frau schrie gellend um Hilfe. Wir drangen sogleich in die Höhle ein. Ein Labyrinth tat sich vor uns auf. Fackeln brannten an den Wänden. Wir erreichten einen großen Raum. Hier fanden wir die Frau. Sie war halb wahnsinnig vor Angst. Ich untersuchte sie schnell. Der Vampir hatte noch nicht von ihrem Blut getrunken.
»Dem Himmel sei Dank!« stieß ich erleichtert hervor.
Einer der Männer kümmerte sich um die Weinende. Plötzlich schrie Pavarotti auf. Er hatte den Vampir entdeckt. Gemeinsam jagten wir hinter der Bestie her. Der Vampir lockte uns in sein Labyrinth. Da er sich hier drinnen hervorragend auskannte, konnte er uns immer wieder an der Nase herumführen. Es gelang ihm fast mühelos, uns stets dann abzuschütteln, wenn wir dachten, ihn endgültig gestellt zu haben.
»Ein verfluchter Hund ist das!« knirschte Pavarotti.
Ich blickte auf meine Uhr. »In einer halben Stunde geht die Sonne auf«, sagte ich.
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Sonnenlicht tötet den Vampir.«
»Wieso konnte dann North leben?«
»Er blieb stets im Schatten, war immer im Dschungel!«
Auf der Suche nach dem gefährlichen Vampir fanden wir dessen Schlafstätte: Ein steinerner Sarkophag, reich mit Ornamenten verziert. Ich legte mit Steinen ein Kreuz in den Totenbehälter.
»Warum tun Sie das?« fragte mich Pavarotti neugierig.
»Hier schläft er tagsüber. Dieses Kreuz hindert ihn daran, sich in den Sarkophag zu legen…«
Pavarotti grinste. »Wir werden ihn jagen, bis er vor Erschöpfung auseinanderfällt.«
Bacall entdeckte den Vampir wieder. Mit unseren Holzkreuzen trieben wir ihn durch die Höhle. Das Monster mit den bernsteinfarbenen Augen stieß gräßliche Laute und schrille Verwünschungen aus. Aber die Bestie mußte Schritt für Schritt zurückweichen.
Er merkte zu spät, daß wir ihn zum Höhlenausgang trieben – mitten hinein in die Strahlen der aufgehenden Sonne. Erst als er auf der großen Felsennase vor der Höhle stand und die Sonne ihn mit voller Wucht durchbohrte, stieß er wahnsinnige Schreie aus.
Seine Haut wurde grau. Vor unseren Augen zerfiel der zuckende Vampir. Er sank auf die Knie. Dann kippte er zur Seite.
Zuletzt blieb nichts mehr von ihm übrig als anthrazitfarbener Staub.
Und den ergriff der Wind, um ihn weit durch die Schlucht dem fernen Urwald zuzutragen…
Motorenlärm.
Ein Flugzeug tauchte auf. Es flog so tief, daß ich die Gesichter von Vicky Bonney und Lance Selby erkennen konnte. Mein Herz machte einen Sprung. Lachend stand ich da, wo zuvor der Vampir gestorben war. Ich ruderte mit den Armen kräftig durch die Luft und brüllte mir die Lunge aus dem Leib. Und Lance Selby wackelte mit den Tragflächen, um mir zu zeigen, daß er mich entdeckt hatte.
Später trafen zwei Helikopter ein.
Wir wurden hundemüde, aber überglücklich nach Kafantschan geflogen.
Dort schloß ich meine Freundin und meinen Freund in die Arme. Und wir schämten uns alle drei der Tränen nicht, die in unseren Augen glänzten…
ENDE
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