GK363 - Die Toteninsel
wolltest frei sein. Aber nicht ohne Barry Culps Vermögen. Jedesmal, wenn wir zusammen waren, hast du mir erzählt, wie sehr du dich vor deinem Mann ekelst. Du müßtest dich immer überwinden, wenn er von dir verlangte, nett zu ihm zu sein.«
»Ich ekelte mich erst vor ihm, als ich dich kennenlernte.«
»Hör mal, dafür kannst du mich doch nicht verantwortlich machen.«
»Wenn ich dich nie kennengelernt hätte, würde Barry noch leben.«
»Das glaube ich nicht. Du hättest das Verbrechen garantiert auch für einen anderen Mann begangen. Einfach deshalb, weil du Barry nicht mehr ertragen konntest, weil du von ihm loskommen wolltest, ohne den Luxus zu verlieren, den er dir bot.«
Olivia Culp blickte Woodrow Cole wütend an. »Du weißt, woher ich komme. Ich habe es dir erzählt. Meine Eltern waren arme Leute, die jeden Dollar fünfmal umdrehten, ehe sie ihn ausgaben. Mich kotzte dieses Leben an. Ich hatte nie ein neues Kleid am Leib. Immer nur alte Fetzen. Ich wollte raus aus diesem Elend, und sowie ich sechzehn war, nahm ich mein Leben selbst in die Hand. Zum Glück war ich nicht häßlich. Ich begriff sehr schnell, daß mein Körper mein einziges Kapital war. Ich wurde Fotomodell. Weißt du, mit wie vielen Männern ich schlafen mußte, um vorwärtszukommen? Jeder neue Auftrag war davon abhängig, ob ich mit diesem oder jenem ins Bett ging. Ist es verwunderlich, daß ich auch dieses Leben bald satt hatte? Ich sehnte mich nach Reichtum. Ich suchte verzweifelt einen Mann mit Geld. Als ich Barry Culp fand, ließ ich ihn nicht mehr los, bis er mich heiratete. Ich hoffte, irgendwie mit ihm glücklich zu werden. Aber er sperrte mich in einen goldenen Käfig und zeigte mich seinen Freunden und Bekannten wie ein Wundertier. Ja, Woodrow, ich faßte nicht zum erstenmal den Entschluß, ihn umzubringen, als ich dich kennenlernte. Doch ich hätte wohl niemals den Mut dazu gehabt, wenn du mir nicht den Rücken gestärkt hättest. Deshalb ist es auch dein Mord. Nicht nur meiner allein.«
Woodrow Cole leerte sein Glas.
Szenen waren ihm zuwider.
Und es mißfiel ihm ganz besonders, daß ihm Olivia Culp ein gerüttelt Maß an Schuld in die Schuhe schieben wollte.
Er stellte das Scotchglas weg und ging auf die Frau zu. Er nahm sie in seine Arme und küßte sie, obwohl ihm nicht danach war.
Er war ein guter Schauspieler. Er konnte jede Frau mühelos täuschen. In seinen Augen waren sie alle dumme Gänse, die nicht nach dem Verstand, sondern nur nach dem Herzen lebten.
»Hast du dir jetzt alles von der Seele geredet, Baby?« fragte er sanft.
»Wir sind Komplizen, Woodrow.«
»Also gut, wenn dir so viel daran liegt…«
»Du darfst mich jetzt nicht allein lassen, Woodrow.«
»Ich habe nicht die Absicht.«
»Ich brauche dich.«
»Ich bin immer für dich da, Olivia.«
»Halt mich fest!«
Er drückte sie an sich.
»Ganz, ganz fest!« flüsterte sie.
Er dachte an das viele Geld, das sie geerbt hatte, und preßte ihr die Luft aus dem Körper. Sie gehörte ihm, denn sie hatte sich ihm geschenkt. Naturgemäß gehörte auch ihr Vermögen ihm. Er wollte so bald wie möglich darüber verfügen, und er war sicher, einen Dreh zu finden, um Olivia wieder loszuwerden, denn ihre leidenschaftliche Anhänglichkeit ging ihm seit einiger Zeit auf die Nerven.
Als er sie losließ, sagte sie: »Was auch immer passiert, wir gehören zusammen, Woodrow.«
»Natürlich.«
»In Freud und Leid…«
»Ist ja schon gut«, sagte er lachend. »Es wird kein Leid für uns geben.«
»Vielleicht doch.«
»Unsinn.«
»Woodrow, ich habe Angst.« Olivia Culp entnahm ihrer Handtasche eine Packung Camel. Sie griff nach dem Tischfeuerzeug und zündete sich mit zitternder Hand die Zigarette an.
»Angst?« fragte Woodrow Cole lächelnd.
Olivia nickte. »Besonders schlimm wird sie, wenn die Dunkelheit anbricht. Dann glaube ich mich von Schatten verfolgt und bedroht. Mir ist in meinem eigenen Haus unheimlich zumute. Am liebsten würde ich dorthin nicht mehr zurückgehen.«
»Das darfst du nicht tun«, sagte Woodrow Cole schnell. »Denk an die Leute.«
»Die sind mir egal. Woodrow, darf ich nicht hierbleiben?«
»Unmöglich. Barry ist erst seit ein paar Tagen unter der Erde, und du ziehst schon zu deinem Tennislehrer. Was meinst du, was das für ein Gerede gibt?«
»Darauf pfeife ich.«
»Solltest du aber nicht. Man würde mißtrauisch werden.«
»Ist mir doch wurscht.«
»Die Polizei könnte sich einschalten.«
»Niemand kann mir etwas
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