GK363 - Die Toteninsel
heute morgen in der Zeitung.«
»Was stand da?«
»Vor kurzem starb hier in Los Angeles ein reicher Mann. Barry Culp war sein Name. Schwerindustrie. Eisen und Stahl.«
»Und?«
»Um Culps Tod ranken sich einige hartnäckige Gerüchte.«
»Was zum Beispiel?«
»Zum Beispiel, daß seine hübsche Frau Olivia ein bißchen nachgeholfen haben könnte.«
»Hat sie?« wollte ich wissen.
»Niemand kann es ihr beweisen. Sie kommt von ganz unten, hat sich verbissen nach oben gekämpft, hat harte Jahre hinter sich. Aber sie hat es geschafft, sich einen Multimillionär zu angeln. Doch nun, nach drei Jahren Ehe, stirbt ihr Mann plötzlich an einer unerklärlichen Krankheit: Er verliert laufend an Gewicht, wird immer weniger und schläft eines Tages ein, ohne wieder aufzuwachen.«
»Und damit soll Olivia etwas zu tun haben?« fragte ich.
»Das munkelt man jedenfalls. Aber man hütet sich davor, es offen auszusprechen, denn Olivia Culp würde jeden, der das wagte, wegen Rufmordes vor Gericht zitieren und fertigmachen.«
»Arme Frau heiratet reichen Mann und bringt ihn um, um sein Geld zu erben«, faßte Mr. Silver zusammen. »Das hat es immer gegeben und wird es immer wieder geben.«
»Das ist richtig. In diesem Fall gibt es aber doch einen gewaltigen Unterschied«, sagte Frank Esslin.
»Welchen?« fragte der Ex-Dämon.
»Barry Culp hat nicht die Absicht, den Mord auf sich beruhen zu lassen. Er scheint nach Rache zu sinnen.«
»Woher hast du das?« fragte ich. »Auch aus der Zeitung?«
»Nicht direkt. Diesen Reim habe ich mir selbst darauf gemacht.«
»Nun komm schon«, drängte ich Frank. »Laß den dicken Hund von der Leine.«
»Barry Culp ist zurückgekehrt. So wie Charlton Leachman.«
»Wer behauptet das?«
»Burl Parnaby, der Gärtner des Ehepaares Culp.«
»Hat er Barry Culp gesehen?«
»Ja, und er wandte sich mit dieser Sensation sofort an die Presse.«
»Und was sagt Olivia Culp dazu?«
»Die hüllt sich in Schweigen.«
Ich schaute meinen Freund Mr. Silver an. »Wollen wir uns mal mit der Frau unterhalten?«
»Ich hätte nichts dagegen, Tony.«
Ich richtete meinen Blick auf Frank Esslin. »Kann ich deinen Wagen haben?«
»Natürlich.« Frank holte die Schlüssel aus der Hosentasche und schob sie mir über den Tisch zu. »Er steht in der Tiefgarage.«
»Ich hole ihn«, sagte ich.
Mr. Silver wollte mich begleiten, doch ich sagte ihm, er könne dann vor dem Hotel zusteigen.
Während ich mich erhob, fragte Frank den Hünen mit den Silberhaaren: »Eigentlich hat Charlton Leachman erreicht, was er wollte: Er hat seine Frau zu sich geholt. Was wird er nun tun?«
Mr. Silver hob die Schultern. »Ich könnte mir vorstellen, daß er dorthin zurückkehrt, woher er gekommen ist, wenn seine Mission erfüllt ist.«
»Und wenn diese Mission noch nicht erfüllt ist?«
»Dann«, meinte der Ex-Dämon lächelnd, »wird er uns wohl noch eine Weile erhalten bleiben.«
***
Ich verließ die Hotelbar.
»Mr. Ballard! Mr. Ballard!« rief jemand. Es war der Mann von der Rezeption.
»Ja?«
»Telefon für Sie, Eine Miß Bonney. Ich lege das Gespräch in Kabine zwei.«
»Danke.« Ich suchte Kabine zwei auf, nahm den Hörer ab und meldete mich. »Hallo, Liebling, wie gehen die Geschäfte? Hast du die Amerikaner bereits tüchtig übers Ohr gehauen?«
»Hast du Lust mit mir eine Party zu besuchen, Tony?«
»Ich bin nicht hier, um mich zu vergnügen, sondern um zu arbeiten. Was für eine Fete wäre das denn?«
»Etwas ganz Großes in Beverly Hills. Es wäre sehr wichtig für mich, dabei zu sein.«
»Vielleicht kann Mr. Silver sich dafür erwärmen.«
»Ich möchte aber mit meinem Freund dorthin gehen. Nicht mit dem Freund meines Freundes!«
»Wann wäre das denn?«
»Morgen abend.«
»Na schön. Sag zu. Absagen kann man ja immer noch.«
»Gott, bist du reizend.«
»Tut mir leid, Vicky. Aber…«
»Ich kenne deinen Wahlspruch: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.«
»So ist es.«
»Ja, leider.«
»Ich kann an dieser Einstellung nichts Falsches erkennen.«
»Ist schon gut. Entschuldige«, sagte Vicky seufzend und legte auf. Ich verließ Kabine zwei und setzte meinen Weg zu den Fahrstühlen fort.
Zwei jugendliche Autogrammjäger hielten mich für einen australischen Filmstar. Sie hielten mein Leugnen für einen Trick, dachten wohl, ich wollte inkognito bleiben.
Ich fragte sie, wie ich ihrer Meinung nach hieß, und machte ihnen die Freude, diesen Namen in ihre dicken Autogrammhefte zu schreiben, wobei ich
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