GK436 - Die Geißel der Menschheit
einzige beantworten. Kein Wunder, daß das in meinem Magen ein flaues Gefühl hervorrief. Wir verließen den kleinen Raum.
»Okay«, sagte ich draußen und blieb im Kellergang stehen. »Carrago ist in der Stadt unterwegs. Was wird er tun?«
»Es gibt eine Gruppe von Leuten. Sie nennt sich der Carrago-Kreis. Dieser Kreis befaßt sich intensiv mit dem einstigen Leben des grausamen Magiers. Man versucht, alle seine Schandtaten aufzuschreiben. Die Leute besuchten auch mal unser Kloster.«
»Weswegen?«
»Sie wollten die Dolche sehen, die der Teufel Carrago gegeben hatte. Ich könnte mir denken, daß diese Leute nun besonders gefährdet sind, denn sie haben sich das Ziel gesetzt, Carragos Rückkehr zu verhindern. Es ist ihnen nicht gelungen. Aber Carrago wird sie trotzdem als seine größten Feinde ansehen.«
»Das heißt, Sie nehmen an, Carrago könnte sich als erstes sie vornehmen«, meinte ich.
»Ja«, bestätigte Bruder Jonathan. »Das befürchte ich.«
»Kennen Sie die Namen dieser Leute?«
»Ja, Mr. Ballard.«
»Dann werden wir versuchen, ihnen beizustehen.«
***
Mark Porter betrachtete nachdenklich das Telefon. Camilla Fords Stimme hatte ihm nicht gefallen. Irgend etwas bedrückte das Mädchen. Sie hatte sich bemüht, sich das nicht anmerken zu lassen, aber Mark hatte feine Ohren. Er hatte die feinen Schwingungen der Angst nicht überhört, die aus dem Telefonhörer gekommen waren.
Irgend etwas stimmte mit Camilla nicht. Vielleicht brauchte sie Hilfe, war aber zu stolz, um ihn darum zu bitten. Möglicherweise dachte sie, ihm dann verpflichtet zu sein, aber das war Unsinn.
Er zündete sich eine Zigarette an. Nach drei Zügen drückte er das Stabchen aber schon wieder im Aschenbecher aus. Er wohnte in Marylebone. Bis zu Camilla Fords Haus war es mit dem Auto nur ein Katzensprung.
Er entschloß sich, zu ihr zu fahren. Wenn sie seine Hilfe nicht brauchte, riskierte er höchstens einen Hinausschmiß. Im andern Fall würde er jedoch für sie zur Stelle sein und ihr beistehen, egal, was kommen sollte.
Mark verließ sein Junggesellenapartment.
Er war ein gutaussehender Bursche mit jettschwarzem Haar und ausdrucksstarken blauen Augen. Ein Mädchentyp. Und er war bisher kein Kind von Traurigkeit gewesen. Alles, was willig gewesen war, hatte er in seine Junggesellenbude abgeschleppt. Erst als er Camilla kennengelernt hatte, hatte er sich grundlegend geändert. Er sah keine anderen Mädchen mehr an und wartete geduldig darauf, bis ihm Camilla ihre Gunst schenkte. Einmal mußte das einfach sein, denn er wußte, daß sie füreinander bestimmt waren.
Er fuhr zur Tiefgarage hinunter, verließ den Fahrstuhl eilig, setzte sich in seinen schwarzen Fiat Mirafiori und brauste los.
Camilla ist in Gefahr! Dieser Gedanke fraß sich in seinem Kopf fest. Camilla braucht Hilfe, du mußt dich beeilen!
Mit jeder Sekunde wurde seine Sorge um das Mädchen intensiver. Er ließ den Wagen die schräge Auffahrt hochflitzen, stoppte oben kurz, blickte nach rechts und bog dann links ab.
Eine seltsame Nervosität packte ihn. Sie peinigte ihn. Seine Handflächen wurden feucht, und ein dünner Schweißfilm legte sich auf seine Stirn.
Schneller! hämmerte es in seinem Kopf. Fahr doch schneller!
Und er gab mehr Gas. Daß Camillas Leben in Gefahr war, wurde für ihn zur Gewißheit. Er mußte sie retten. Etwas Schreckliches stand ihr bevor. Allein würde sie damit nicht fertigwerden.
Er bog in die Euston Road ein. Die Straße war so gut wie leer. Nur parkende Autos. Fahrzeuge waren um diese Zeit kaum noch unterwegs. Deshalb riskierte es Mark Porter, kräftig auf die Tube zu drücken. Mit hundert Sachen war er unterwegs. Das konnte gefährlich werden.
Aber er dachte nicht an sich und an seine eigene Sicherheit. Seine Gedanken befaßten sich ausschließlich mit Camilla Ford. Sie brauchte ihn. Er würde erst zur Ruhe kommen, wenn er bei ihr war.
Fast blind raste er die breite Straße entlang. Sein Herz trommelte aufgeregt gegen die Rippen.
Schneller! Schneller!
Plötzlich entstand ein höhnisches Gelächter in seinem Kopf. Er erschrak. Jemand lachte ihn aus. Und eine Stimme schrie: »Du armer Irrer! Was hast du vor?«
»Ich muß zu Camilla! Sie ist in Gefahr!« rief Mark wie von Sinnen.
»Ja, sie ist in Gefahr, aber du kannst ihr nicht mehr helfen!«
»Doch, ich werde…«
»Du kommst zu spät!«
»Ich bin ja schon fast da!«
»Du kommst trotzdem zu spät, denn ich bin bereits bei ihr!«
»Wer… wer bist du?«
»Ich bin
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