GK470 - Die Teufelsschlange
vorauszusehen, daß ich seinem Ansturm auf die Dauer nicht trotzen konnte.
Ich versuchte ihn unter Kontrolle zu bringen, doch er war unberechenbar. Einige Male entging ich nur ganz knapp einer schweren Verletzung. Wenn ich nicht gewohnt gewesen wäre, so schnell zu reagieren, hätte Ytlar sein Ziel erreicht.
Er drängte mich zurück.
Irgend jemand stellte mir - absichtlich oder unabsichtlich, das weiß ich nicht - ein Bein. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel. Ytlar stieß ein markerschütterndes Gebrüll aus.
Mein Schwert lag irgendwo.
Ich hatte es verloren.
Ytlar stand mit gegrätschten Beinen über mir, das Schwert mit beiden Händen umfaßt. Die Spitze wies nach unten, genau auf mein Herz.
Im allerletzten Augenblick besann ich mich meines Revolvers. Wenn ich am Leben bleiben wollte, mußte ich ihn abfeuern. Mein Finger krümmte sich automatisch. Eine Feuerlanze stach in Ytlars Richtung. Der Herrscher der Vogelbestien zuckte heftig zusammen und erstarrte für einen Moment.
Sein Schwert senkte sich nicht.
Ytlar rührte sich nicht.
Er schaute mich nur fassungslos an. Seine Raubtierschnauze klaffte auf. Er röchelte schaurig.
Mit dem Knall des Schusses riß der Kampflärm jäh ab. Es hatte den Anschein, als habe jemand die Zeit eingefroren. Niemand bewegte sich mehr. Alle Blicke waren auf Ytlar gerichtet, den meine geweihte Silberkugel tödlich getroffen hatte.
Er fing an, wie ein Halm im Wind zu schwanken. Seine Arme senkten sich langsam und mit ihnen auch sein Schwert. Er machte zwei tappende Schritte zurück. Hinter ihm wichen Freund und Feind zur Seite.
Ytlar schien noch etwas sagen zu wollen, aber zwischen seinen kräftigen Säbelzähnen kam nur dieses schaurige Röcheln hervor. Es dauerte lange, bis er zusammenbrach, und selbst als er auf dem Boden lag, war er noch nicht tot. Aber er würde sterben, das sah ich ihm an.
Ich stand auf und näherte mich ihm vorsichtig.
Eine seltsame Stille herrschte. Sie wurde nur von Ytlars Röcheln durchbrochen.
Seine Lider flatterten, als ich mich über ihn beugte. Niemand hinderte mich daran. Er nahm sich noch einmal zusammen. »Ballard, der Teufel soll dich holen! Ich hasse dich, weil du mich besiegt hast - mit einer Waffe, die ich nicht kenne…«
»Du hättest dein Volk nicht ins Reich der grünen Schatten führen sollen«, erwiderte ich. »Oder du hättest dich Prinzessin Ragu unterordnen müssen.«
»Wir Vogelbestien ordnen uns niemals unter. Lieber sterben wir…«, zischte Ytlar trotzig, und nach diesen Worten verlor er sein Leben.
Ich richtete mich auf. »Ytlar ist tot!« rief ich den Vogelbestien zu. »Wollt ihr den Kampf ohne ihn fortsetzen?«
»Nach Ytlars Tod übernehme ich die Führung meines Volkes, ich, Apoloon!« rief jemand mit kräftiger Stimme.
Die Menge teilte sich, und ich sah Apoloon, den neuen Herrscher. Er steckte sein Schwert in die Scheide und zog sich mit seinen Kriegern zurück. Es verbreitete sich wie ein Lauffeuer, daß Ytlar nicht mehr lebte.
Apoloon stieß sich vom Balkon ab und flog fort. Seine Krieger folgten ihm. Der Kampf war zu Ende. Ob für immer oder nur für den Augenblick, das wußten wir nicht.
Die Vogelbestien machten sich nicht die Mühe, Ytlar mitzunehmen. Er lebte nicht mehr. Sie hatten einen neuen Herrscher. Der alte war bereits vergessen.
***
Es wurde Ordnung geschaffen. Die Toten wurden hinausgetragen. Die Verletzten wurden ebenfalls abtransportiert. Ugar und die Prinzessin umarmten sich glücklich.
»Die Schlacht ist geschlagen, und wir haben gewonnen«, sagte Ugar stolz.
»Wird Apoloon mit den Vogelbestien wiederkommen?« fragte mich Ragu.
»Keine Ahnung«, gab ich zurück. »Ich hoffe nicht.«
Massas gesellte sich zu uns. Ugar legte ihm lächelnd die Hand auf die Schulter. »Diesmal hast du bewiesen, daß du tapfer bist.«
»Ich habe um meine Freiheit und um meinen Platz in eurem Reich gekämpft«, sagte der Jüngling.
»Beides sei dir hiermit garantiert«, sagte die Prinzessin. »Du wirst es niemals zu bereuen haben, daß du dich auf unsere Seite gestellt hast.«
Roxane und Ramba tauchten aus der Versenkung auf. Mr. Silver legte seinen Arm um die Mitte seiner hübschen Freundin. »So«, sagte er. »Und damit uns nicht langweilig wird, knöpfen wir uns nun Tingo, die Dämonenschlange, vor.«
»Ich komme mit«, sagte die Hexe aus dem Jenseits.
Mr. Silver schüttelte grinsend den Kopf. »Nein, meine Liebe, das tust du ganz bestimmt nicht. Ich bin froh, dich wiederzuhaben. Ich setze dich
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