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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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mir glauben.«
    Kellermann ließ sich wieder in die Kissen fallen. »Jau, jetzt kommt diese Story wieder. Wer eine glückliche Kindheit hatte, aus dem wird nix bei euch, oder?«
    Löhring kniff die Augen zusammen: »Ihnen ist immer noch nicht ganz wohl, Kellermann. Das sehe ich doch. Sie gucken so. Soll ich die Schwester rufen?«
    »Ich bin vielleicht ein Mistkerl, aber nicht so ein Fünf-Sterne-Mistkerl wie Sie.«
    »Danke, Kellermann. Ich nehme das jetzt mal als Kompliment.«
    »Ich werde mit Ilse zusammenziehen, wenn ich entlassen werde. Noch habe ich die Chance, nicht alles zu vergeigen.«
    Löhring staunte über so viel Naivität. »Nicht alles vergeigen? Mensch, Sie verbauen sich im Knast Ihre Zukunft doch wieder neu! Als ob ausgerechnet eine wie Ilse Kesch auf einen wie Sie warten würde!«
    »Sie müssen nicht immer von sich selbst auf andere schließen, Löhring. Sie liebt mich.«
    Löhring guckte. Da war es, dieses Wort. Es kam in der Rangfolge der schwer auszusprechenden Wörter noch vor »danke« und wurde nur von ganz wenigen beherrscht, passte deswegen überhaupt nicht zu einem wie Kellermann, fand er. Aber vielleicht war es auch nur ein Zeichen, ein Codewort sozusagen, das allein für Löhrings Ohren bestimmt war. Das konnte jetzt der entscheidende Moment sein, auf den dieser schlitzäugige Hi Lang es angelegt hatte. Das Wort jedenfalls schien dazu zu passen.
    Also rief Löhring es lauthals aus, auf dass die Welt es hörte: »Liebe! Ha! Edgar, altes Haus! Nun hast du dich endlich zu erkennen gegeben. Von den Toten auferstanden, was? Ich wusste esdoch gleich! Wo habt ihr Kellermann gelassen, und wen haben wir da im Garten verbuddelt? Sag’s endlich!« Löhring lachte auf und gab dem Mann im Bett einen freundschaftlichen Klaps auf den Oberarm.
    Doch dieser blieb unbeeindruckt: »Mein Name ist Kellermann. Und ich liebe Ilse Kesch. Ob Ihnen das jetzt gefällt oder nicht.«
    Löhring war emotional schlagartig wieder auf der Rückbank des JVA-Transporters. Der Schwung war dahin. Und es klang fast atemlos, als er sagte: »Liebe – huch, die gleich. Woran machen Sie die denn fest, bitte schön? Ilse erpresst Sie doch genauso, wie sie die Dangast erpresst!« Löhring wusste, dass er sich jetzt hysterisch anhörte, die Worte pochten ihm gegen die Schläfen.
    Kellermann schüttelte wieder den Kopf: »Sie müssen wohl der einsamste Typ auf Erden sein, wenn Sie mich das fragen. Jeder braucht doch jemanden. Aber Sie haben ja nur Ihr ›Netzwerk‹.«
    »Ich habe kein Netzwerk. Ich bin das Netzwerk.«
    »Sie ruft doch kein Schwein an, Löhring! Von wegen digitale Abstinenz. Bullshit.«
    »Erzählen Sie mir nichts von Einsamkeit. Die muss man aushalten können bei uns.« Löhring setzte sich Kellermanns Wasserflasche an den Mund.
    Kellermanns Blick ging von Löhring weg zur weißen Wand, und seine Stimme wurde leiser: »Wo waren wir stehen geblieben? Ja, die Liebe. Nun, sie sagt meinen Namen irgendwie anders, sie knüllt Zeitungspapier in meine nassen Schuhe, wenn es regnet.«
    Löhring setzte die Flasche ab und lachte laut auf. »Toll, Kellermann. Ganz toll.«
    »Sie schält mir abends zwei Mandarinen und schiebt sie mir in den Mund, wenn wir vorm Fernseher hocken. Was soll ich sagen? Sie nimmt mich, wie ich bin, obwohl sie alles über mich weiß. Sie macht ihr Ding, ich mach meins. Und wenn wir zusammen irgendwo hinfahren mit dem Käfer und es besonders schön ist, dann heben wir die Tankquittungen auf, schreiben was drauf, so als Erinnerung. Und dann …«
    »Schon gut. Schon gut. Muss ich ja nicht verstehen.« Löhring war zum Fenster gegangen und blickte auf den Parkplatz, als würde er das erste Mal einen Parkplatz sehen.
    »Schön, dass Sie uns besuchen! Ich weiß momentan überhaupt nicht, was ich glauben soll und was nicht.« Miranda saß mit Karin Schlick auf der kleinen Sofagarnitur in Löhrings Büro. Er war zu der Klinik gefahren, in der Kesch lag, und danach kam er wahrscheinlich gar nicht mehr ins Büro. Zudem stand noch in derselben Woche ein Flug nach New york an, wo sich Löhring, wie er es ausgedrückt hatte, »face to face« mit Investmentpartnern für den zentralamerikanischen Raum beraten wollte. Er schien es ernst zu meinen mit Costa Rica Gold Bug Tours, der neuen Reisesparte. Und er würde First Class fliegen. Wenigstens ohne Übernachtung vor Ort. Mit seinem Meilenkonto konnte man zwischenzeitlich ganze Schulklassen gratis ins amerikanische Disneyland schicken oder mit Prämien-Elektrogrills

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