Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
Vom Netzwerk:
leibhaftig gesehen. Sie kannte lediglich die Papier-Etta mit ihrem Gesamtvermögen und ihrer privaten Infrastruktur bis hin zum Allergikerkopfkissen in sechzig mal achtzig. Es war erstaunlich, die Frau hatte genau die Stimme und die langsame Sprechweise, die Miranda beim Tippen im Kopf gehabt hatte.
    »Ach. Schön, dass ich Sie gerade zusammen hier antreffe.« Sie näherte sich langsam, pirschte sich an wie eine Touristin, die sich auf Safari wilden Tieren nähert.
    Miranda betrachtete sie aus den Augenwinkeln. Sie hatte sich die Hauptaktionärin sehr viel präsenter vorgestellt. Die Frau, die jetzt so nett und unauffällig mit leicht hängenden, schmalen Schultern vor ihr stand, wirkte zart und anfällig und war von einer Schwermut begleitet, dass man am liebsten die Fenster aufgerissen hätte. Wie konnte eine solche Frau ein Unternehmen wie die Dangast-Gartencenter-Gruppe leiten? Sie war ein seltsames Exemplar Mensch und befand sich insofern zumindest in guter Gesellschaft.
    »Die von der Bank sagen, dass sie mir alles finanzieren, wenn ich weiter Aktien zukaufe. Dabei kann ich doch längst schon nicht mehr die Zinsen bezahlen.«
    Etta von Dangast schien keine Frau des Smalltalks zu sein. Sie war aber auch nicht der Typ, der grundsätzlich gleich zur Sache kam, straightforward sozusagen. Nein, es klang eher wie ein Schrei nach Hilfe. Ihre Seele schien zu brennen, und es musste raus.
    »Ich soll jetzt Überweisungen an eine ASG-Invest unterschreiben, sagt die Bank. Kann ich das denn machen? Was machen die Käfer?« Sie blickte fragend in die Runde und schien sogar Miranda mit einzubeziehen.
    Löhring fand als Erster wieder Worte: »Frau von Dangast, guten Tag! Nun setzen Sie sich doch erst einmal. Was halten Sie von unseren neuen Bürostühlen? Haben Sie auch schon einen?«
    Winter rollte die Augen, wandte sich ab und stellte das Radio an. Es war 17.59 Uhr.
    »Die sagen, dass ich nur meinen Namen unter das Papier für die ASG-Invest setzen soll, dass ich noch gar nichts direkt zahlen muss. Die wollen bürgen. Und später, wenn die Käfer Gold abwerfen, wollen sie die Gewinne nach Maßgabe der verbürgten Kreditanteile verteilen. Ich soll dreißig Prozent bekommen. Ist das okay? Das ist aber nicht viel, oder? Warum machen die das? Warum mache ich das überhaupt?« Sie stand immer noch.
    Löhring schien das alles auch nicht wirklich zu durchdringen. Er nahm sie zur Seite und schlug vor, dass er jetzt erst einmal seinen Freund Mollow von der Bank anrufe und das querchecke.
    »Ich will aber nichts mehr über diesen Kesch laufen lassen. Ich will den nicht. Der sagt, dass er dieses Mal mich erschießt, wenn ich mich von allem trenne.«
    Etta von Dangast wurde zusehends blasser, und Miranda drückte ihr ein Glas Wasser in die Hand.
    »Und die Käfer, was machen denn nun die Käfer?«, fragte Dangast.
    Miranda blickte von Löhring zu Winter und wieder zurück und sagte: »Herr Winter, Sie müssen jetzt zum Termin!«
    »Ha, ab in die Gestaltungstherapie, was, Winter?« Löhring versuchte, heiter zu klingen.
    Winter verließ den Raum, blickte sich noch einmal um und sagte zu Löhrings Schuhspitzen: »Sie simulieren doch nur! Jeder Satz, den Sie von sich geben, ist doch Teil der Therapie!«
    Etta von Dangast guckte.
    Kellermann war letztendlich weich gefallen. Im Krankenhaus saß er schon wieder aufrecht in den Kissen, als Löhring in das Zimmer der Privatstation gestürzt kam und sich vor lauter Schwung im Bademantel verfing, der hinter der Tür hing. Im Frottee konnte er noch Edgars Aftershave riechen, und es schien fast, als würde der Tote lebendiger, je kranker Kellermann wurde. Mit einem Herzinfarkt war nicht zu spaßen, aber man musste die Dinge jetzt nicht auch noch dramatisieren, fand Löhring. Sie hatten auf der Vorstandsetage alle schon mal zuckend unter den Schreibtischen gelegen.
    Was das Präsent für den Krankenbesuch anbelangte, so hatte sich Löhring für einen steuerlich absetzbaren Basketball entschieden und ihn über sein Sekretariat besorgen lassen. Darauf war ein Gesicht gemalt, unter dem »Wilson« stand.
    »Na, alter Haudegen, die Luft ist Ihnen wohl ein bisschen zu dünn geworden, was? Ich dachte, etwas Balltraining könnte gut fürs Herz sein.« Löhring spielte dem verdutzten Kellermann den Ball zu. »Er heißt Wilson. Der kann Ihnen etwas Gesellschaft leisten. Sie kriegen ja wenig Besuch hier auf Station, oder? Wer soll da schon kommen?«
    Kellermann war verkabelt, konnte so schnell die Arme nicht

Weitere Kostenlose Bücher