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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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davon.
    »Unternehmertum in schwierigen globalen Zeiten« – das stand als Bemerkung auf den Rechnungen. Es waren zwei Wochen vergangen seit der Entdeckung des Fadenwurms und Keschs plötzlichem Ausfall. Und jetzt war es bereits 17.12 Uhr. Miranda starrte auf den Briefkopf, dann auf das Adressfeld, schließlich auf die Zahlenkolonne unter dem Summenstrich unten rechts und wieder zurück. Sie versuchte die Kosten nachzuvollziehen: Beratung, Skript, Soundtrack, Produktionskosten – alles für eine von Löhring initiierte Filmproduktion. Es gelang ihr nicht. Dies sei ein »Geschenk für einen guten alten Freund und Förderer« gewesen, hatte Löhring gesagt, sie müsse das alles gar nicht so genau wissen. Ja, dachte Miranda, wahrscheinlich hatte sie nicht die blasseste Ahnung. Aber allein buchungstechnisch blieb die Frage: Was um Himmels willen hatte das mit SKARABÄUS zu tun?
    Zwei der Rechnungen waren an Löhrings Privatadresse gegangen und hatten sich offenbar klammheimlich auf einen Luftzug gesetzt, waren eigenmächtig durchs offene Fenster in ihr Büro geflogen, um endlich eine Kostenstelle zu finden. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich Rechnungen selbständig machten, um sich anschließend fast schon exhibitionistisch auf Mirandas Schreibtisch zu räkeln: Guck nicht so genau hin. Nimm mich. Bezahl mich. Dann bist du mich los.
    »Herr Dr. Löhring, wie stelle ich denn jetzt den Zusammenhang mit SKARABÄUS her?« Sie sah Löhring in die Augen, als sie ihn fragte, und er begann mit diesem kaninchenhaften Nasenrückenzucken, dass seine Brille wackelte.
    »Netzwerk-Aufwand, Miranda. Man muss die Leute bei Laune halten.«
    »Aber die Buchhaltung …«
    »Ach, was. Sie müssen das in einem völlig anderen Kontext sehen, mehr auf die Meta-Ebene gehen. Dieser Aufwand istlächerlich im Vergleich zu dem Cashflow, den wir langfristig dafür erwarten.«
    »Aber müsste das nicht eher Ihre Investmentfirma in London tragen? Die steht hier unten als Kontakt.«
    »Das ist falsch.«
    »Warum?«
    Löhring hob die Hände. »Wenn Sie das nicht verstehen, dann schreiben Sie doch einfach eine Notiz: ›Wie telefonisch besprochen, wird der Betrag Invest Busters London weiterbelastet, sodass er hier zur Verrechnung kommt.‹ Oder so. Das ist doch alles unwesentlich.«
    Sie verstand immer noch nicht. »Dann kann ich mir ja gleich eine korrigierte Rechnung schicken lassen und direkt vom Londoner Konto abbuchen.«
    Herrje, dachte Löhring, jetzt guckt sie wieder so vorwurfsvoll. Wie konnte man dermaßen unflexibel und kleinkariert sein? »Frau Beck. Eine Notiz schreiben und eine Buchung vornehmen sind zwei unterschiedliche Dinge. Tun Sie einfach genau das, was ich Ihnen gesagt habe.«
    »Das geht doch nicht! Das merken die doch.«
    Löhring versuchte ruhig zu bleiben. Schließlich war Beck diejenige, die die Rechnungen an die Buchhaltung weiterleitete. »Zu viel denken kann auch schaden. Machen andere auch nicht. Sie haben eine Wissens- und Kontrollillusion.« Löhring legte seine Hand väterlich auf ihre Kopfstütze. »Ich sage Ihnen jetzt mal was, Miranda. Im Management entstehen achtzig Prozent aller Innovationen durch ungeplante Aktionen. Und dies ist eben eine davon. Sie müssen nur mit offenen Augen durch die Welt gehen!«
    »Aber das tue ich doch gerade.«
    Er schlug auf die Kopfstütze. »Sie gucken aber in die falsche Richtung, herrje.«
    »Bei welcher Eskalationsstufe sind Sie gerade?« Winter stand in der Tür zum Büro.
    Löhring fuhr zu ihm herum: »Wie meinen Sie das, Winter?«
    »Ich nehme an, Sie waren es, der den Wurm ausgesetzt hat, um die Versuchsbedingungen zu verschärfen. Wer hat Sie beauftragt?« Winter blieb im Türrahmen stehen, den Blick auf Löhrings Schuhspitzen geheftet.
    Löhring seinerseits verstand nicht recht. Er war es leid, dass Winter immer Fragen stellte, die kein normaler Mensch beantworten konnte, statt selbst die Ärmel hochzukrempeln. »Guter Witz, Winter. Sie wollen hier doch nur meine Problemlösungskompetenz testen! Dabei steht Ihnen das gar nicht zu, Sie haben sich doch bisher immer schön rausgehalten aus dem Management, wenn ich das mal so sagen darf. Wer zieht denn hier gerade den Karren und sorgt für die Kohle?«
    Genau in diesem Moment schlich jemand an Winter vorbei in den Raum. Löhring hörte schlagartig auf zu reden. Es mochte das erste Mal sein, dass Etta von Dangast, die Grande Dame, unangemeldet in die Tiefen ihres Unternehmens vordrang. Miranda hatte sie noch nie zuvor

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