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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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alle schon vorher besorgt, Löhring.«
    Kellermanns Stimme wurde immer leiser, fand Löhring, so als sei er schon weit weg. Er verstand ihn kaum noch, und Löhring hörte sich nur erwidern: »Für die technischen Details war ich nicht zuständig. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.«
    In einer Zimmerecke lag immer noch Wilson, mit dem Gesicht nach oben. Löhring ging hin, hob ihn langsam auf und legte ihn neben Kellermann aufs Kopfkissen, bevor er die Tür ohne ein weiteres Wort hinter sich zuknallte, dass der Bademantel zu Boden ging.
    Überall Ärzte, Gesprächsräume mit kleinen weißen Schildchen an den Türen, hallende Stimmen, Medikamentengeruch, Teeküchen mit hässlichen Warmhaltekannen und angeschlagenen Besuchervasen – ungute Erinnerungen kamen in Löhring auf. Er floh durch die Gänge, warf sich gegen jede Glastür auf seinem Weg, aus Furcht, eine von ihnen würde sich nicht mehr von innen öffnen lassen. Niemand hielt ihn auf, stellte sich ihm in den Weg oder legte den Arm um seine Schulter und sagte: »Wird schon wieder, Wilhelm.« Keine Seele weit und breit. Eines war klar: Mit der Klinik würde er auch Kellermann verlassen, wahrscheinlich würde man sich erst vor Gericht wiedersehen, wenn überhaupt. Es war nicht leicht. Er knetete den Ring in seiner Sakkotasche, den Kellermann ihm gerade vor die Füße geworfen hatte.
    Löhring rannte weiter über die Flure, seine Gedanken schwirrten im Kopf, und es war schier unmöglich, zu entscheiden, was oberste Priorität hatte nach der neuen Lage der Dinge. Es konnte doch nicht sein, dass der ganze Schlamassel jetzt an ihm hängen blieb, nur weil er nicht umgekippt war, nur weil er der Einzige gewesen war, der aktiv geworden war, der mit strategischem Weitblick mutige Entscheidungen gefällt hatte.
    Löhring stieß die letzte Glastür so heftig auf, dass sich die Klinke in den Putz bohrte. Er war außer sich. Irgendetwas tief drin in ihm drohte schreiend ins Freie zu stürzen, wie entfesselt. Er versuchte, dagegen anzudenken: Die Fehler, die gemacht worden waren, lagen im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen, die gefällt wurden, als noch Gelder vorhanden waren. Und noch war es nicht zu spät. So schnell jagte man ihn nicht vom Hof. Man unterschätzte ihn. Sein ganzes Leben hatte man ihn unterschätzt.
    Draußen angekommen, hatte er sich wieder ein wenig stabilisiert. Doch dann war ihm, als fliege ein Handy an ihm vorbei, und er blickte nach oben. Über ihm ging ein Fenster zu. Er suchte im Gebüsch, fast panisch, kam sich dann aber doch ein bisschen komisch vor und ging.

SCHLUSSVERKAUF
    »Was werden Sie jetzt tun?« Winter hatte die bemerkenswerte Gabe, unangemeldet aufzutauchen, sich an fremde Fenster in fremden Büros zu stellen und dann mit Fragen zu kommen, die man nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten konnte. Andererseits mochte man mittlerweile verstehen, was ihm gerade durch den Kopf ging: Wie brachte man mit Wurm im Mist und totem Kapital einen Unternehmenskurs nach oben? Die Kreditlinien waren in vollem Fluss, die Kapitalerhöhung so gut wie durch und das Budget schon wieder ausgeschöpft, kaum dass es angepasst worden war. Es ließ sich nichts mehr stoppen.
    Sie standen in Mirandas Büro – da, wo sich immer alle trafen. Hier surrte der Kaffeeautomat, hier gab es Gummibärchen, klingelnde Telefone, Leben eben und mit Glück ein offenes Ohr und ein warmes Feuer im Ofen. Winter hielt sich nur hier auf, weil Miranda vor dem Fenster eine unauffällige Vogelfutterstelle eingerichtet hatte, mit der sie eher den scheuen Winter als die blöden Vögel anlocken wollte.
    Sie betrachtete Winter von hinten und begann wieder, ihre Finger zu massieren. Ihr Daumensattelgelenk schmerzte mittlerweile bei jedem Anschlag. Löhring hatte ihr gesagt, dass Keith Richards schließlich auch noch spiele mit hochgradiger Arthritis in den Fingergelenken, und was sei schon eine PC-Tastatur gegen die Saiten einer Gitarre? Sie könne immerhin sitzen beim Tippen. Aber er, Löhring, müsse ständig über die Bühne laufen wie ein Berserker und in die Saiten hauen, er könne gar nicht anders. Wie Keith Richards eben. Die Schmerzen blieben.
    »Ich schlage vor, auf Kreditbasis günstige Grundstücke in Costa Rica zu kaufen und dort weiterzuforschen, sozusagen in direkter Kooperation mit unserer Touristiksparte und vor allem fernab des westeuropäischen Fadenwurms.« Löhring blickte in die kleine Runde, als habe er gerade die Magna Carta verkündet. Er hatte noch

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