Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
Vom Netzwerk:
Polyethylen. Wie die Erdbeeren. Wir schützen sie vor Trockenheit und Frost und gleichen ausbleibenden tropischen Niederschlag durch eine Tropfschlauchanlage aus.«
    Schlick verließ langsam und fast geräuschlos den Raum.
    Am nächsten Tag hatte Löhring wieder vor Kellermanns Zellentür gestanden. Es war wie ein Zwang, ein ewiges Auf und Ab, wie im Job. Bei Auf dachte man nicht an Ab und umgekehrt. Sicher, Misserfolg sei eine völlig unterschätzte Erfahrung, hatte der Asiat ihm gesagt. Aber das war nicht die Kategorie, in der er,Löhring, dachte. Misserfolg war das Gegenteil von Erfolg und somit nicht hinnehmbar. Nein, er hatte wieder dahin gemusst. Dies war auch keine weise Erkenntnis, sondern vielmehr ein innerer Mechanismus, ein Prinzip, ein Instinkt, dem er zu folgen hatte. Gefängnis hin oder her. Er saß ja nicht drin. Ihm würde schon etwas einfallen. Ausräuchern, zur Not alle ausräuchern. Er würde Kellermann schon Beine machen. Sollte er ihn hassen, wenn er ihn nur fürchtete. Löhrings Wille war enorm. Aber enorm war auch Kellermanns Beharrlichkeit.
    Dabei hatte man offenbar versucht, den Häftling gefügiger zu machen. Die Reso-Leitung hatte ihm zwar nicht mit unzeitgemäßen Sanktionen gedroht aufgrund seiner mangelnden Kooperationsbereitschaft, aber es gab wohl durchaus Möglichkeiten, mühsam erarbeitete Annehmlichkeiten vorübergehend so elegant einzuschränken, dass der Betroffene sich nicht wirklich offiziell beschweren konnte. Schließlich stand in diesem Fall wohl auch die Aussicht auf einen potentiellen Geldhahn aus der Wirtschaft auf dem Spiel. Es gab schließlich keinen besseren finanziellen Wohltäter als einen von sich selbst berührten Menschen mit Budget nach absolviertem Brillenwechsel, dessen war sich Löhring durchaus bewusst. Also kurzum: Man hatte Kellermann das Notebook wieder entzogen. Kellermann hätte wahrscheinlich auf alles verzichtet, auf das Sandelholz-Duschgel, den Fernseher, das Hanteltraining, die dicken Stricksocken, die er trug, oder seine Motiv-T-Shirts. Aber nicht auf das Notebook, nicht auf all die Dateien, diese Verbindung zur Außenwelt und eben notwendiges Rüstzeug für seine berufliche Zukunft. Ja, man hatte ihm Ungutes angetan, damit ein anderer ihm Gutes tun konnte. Scheißspiel.
    Löhring konnte ja auch niemandem sagen, dass Kellermanns plötzliche Zahmheit wohl viel eher seiner, Löhrings, natürlichen Autorität geschuldet war, nicht zuletzt der Tatsache, dass er sich bereits am nächsten Tag wieder hinter Schloss und Riegel begeben hatte und Kellermann erneut gegenübergetreten war: unbeeindruckt, entschlossen und auch irgendwie treu. Es war wohlnichts weiter als ein Test gewesen am ersten Tag, dachte Löhring, eine Art innere Äquatortaufe, die wahrscheinlich jeder Häftling zu absolvieren hatte.
    Und so kam es tatsächlich, dass man ein wenig Kontakt aufnahm miteinander.
    In der darauffolgenden Woche gab es natürlich Tage, die noch immer ein wenig schwierig waren, doch Löhring konnte eine bisher ungekannte Freude an der Arbeit mit Kellermann nicht gänzlich verleugnen. Er hätte nie gedacht, dass er einmal so gern hinter Gitter gehen würde. Sicher, von Spaß konnte keine Rede sein, aber Kellermann hatte so etwas Ehrliches an sich, und man begann durchaus, etwas wertschätzender miteinander umzugehen.
    Bei seinem Eintreffen fand Löhring für gewöhnlich einen bereits ins Studium vertieften Schützling vor, der grüßenderweise kurz die Hand hob, ohne den Kopf vom Papier zu nehmen. Diese Selbstverständlichkeit des Umgangs hatte etwas sehr Vertrautes, fand Löhring, auch wenn man nicht gerade von einem »Team« sprechen mochte. Vielleicht war es aber auch bereits mehr als das, und sie hatten die Teamphase kurzerhand übersprungen, denn schließlich verstand man sich ohne Worte. Blind sozusagen. Andere mussten jahrelang zusammenarbeiten, um diesen Grad an Nicht-Kommunikation überhaupt zu erreichen.
    Löhring näherte sich vorsichtig dem schreibenden Kellermann und beugte sich über dessen Schulter: »Ah, Sie arbeiten schon wieder fleißig.«
    Kellermann schaute immer noch nicht auf und brummte: »Klappe. Als würde ich hier den ganzen Tag apathisch aus den Gitterfenstern glotzen und auf Sie warten.«
    Er sprach jetzt immer mal wieder ganze Sätze, und auch das war bereits ein enormer Fortschritt, fand Löhring. »Ich meine ja nur. Also rein faktisch. Ich finde das gut.«
    Kellermann reagierte erneut mit einem ganzen Satz: »Verdammte Scheiße, ich

Weitere Kostenlose Bücher