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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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anspruchsvollen Privatkunden den Zugang zu interessanten internationalen Investitionen zu ermöglichen. Hier gab es noch Gesichter, einen Handschlag und vor allem Diskretion. Man verstand sich sozusagen als Vermögenskurator. Und man besaß einen hoch entwickelten Instinkt für das Annehmliche, das nicht unmittelbar mit dem Deal zu tun hatte. Es wurde einem warm ums Herz, und der erste Drink bei von Sallewitz hatte immer etwas von einem Glas warmer Milch, frisch vom Bauernhof. Ausgebuffte Hunde, dachte Löhring durchaus anerkennend. Damit waren sie zweihundert Jahre lang gut gefahren.
    Curlack stand im Gegensatz zu Mollow das Risikomanagement ins zerfurchte Gesicht geschrieben. Seine dunklen Augenbrauen waren wohl irgendwann oben auf der Stirn stehen geblieben, um nicht länger permanent hochgezogen werden zu müssen. Er trug sein Nackenhaar lang, vielleicht ein letzter Rest von Selbstbehauptung, vielleicht auch nur eine Konsequenz aus der Annahme, dass seine Haare, einmal abgeschnitten, nie wieder aus eigener Kraft diese Länge erreichen würden.
    Bei der Begrüßung hatte Löhring sehr wohl bemerkt, dass die Blicke der Banker etwas länger an Kesch hängen geblieben waren, als wolle man sich seines ordnungsgemäßen Zustandes versichern. Löhring würde Kellermann wohl oder übel unablässig im Auge behalten und unter dem Tisch in Trittnähe bleiben müssen. Er hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen oder getrunken, damit er nicht zum Pinkeln rausmusste.
    Winter war indes bereits an den Tisch gegangen und ordnetedie Bestecke, wie es schien, im richtigen Abstand zum Mittelpunkt der Teller hin und unter Korrektur der Diagonalen zu den Brottellerchen.
    Immerhin schien es für Mollow und Curlack selbstverständlich oder doch zumindest einleuchtend zu sein, dass Löhring als halbwegs unabhängiger Beteiligungsmanager bei der Einwerbung von Kapital für das bereits dargelegte Venture-Capital-Projekt mit von der Partie war – selbst wenn man Winters Unternehmung eher in der Sallewitz-Kesch-Holding beheimatet sah. Offenbar gab es keinen Anlass, sich über Löhrings Mitwirkung am Deal Gedanken zu machen. In der Regel ergaben sich bei solchen Konstrukten Aufsichtsrats- oder später gar Vorstandsposten in den zu finanzierenden Unternehmen, die man gern mit fähigen Managern des freien Marktes besetzte, mit Katalysatoren des Erfolgs, Männern mit einem goldenen Händchen – erst recht, wenn diese zugleich Kunden der Bank waren. Kurzum: mit einem wie Löhring eben.
    »Schön, meine Herren. Wie ich sehe, sind Curlack und ich nicht die Einzigen ohne Unterlagen.« Mollows Blick ging ganz langsam zu Kesch, der parierte: »Nun, wir wollen doch erst einmal eine Diskussion in Gang bringen und uns nicht gleich mit Details aufhalten, nicht wahr?« Kellermann versagte schon jetzt, dachte Löhring, auch auf nonverbaler Ebene: Der echte Kesch jedenfalls hätte nie so an der Stuhlkante gesessen, wie es jetzt Kellermann vor lauter Anspannung tat. Sicher, ein paar Gewohnheiten hatte er inzwischen abgelegt. Aber es waren auch keine neuen hinzugekommen.
    Winter dagegen, so still und unnahbar, wie er jetzt an der äußeren Peripherie des Tisches saß, schien niemanden zu irritieren. Er hatte sein Smartphone aus der Tasche genommen und sich vorerst von ihnen weggestöpselt. Ohne Zweifel genoss er immer noch den Ruf, einer der besten Finanzleute im Land zu sein, Erdbeerzucht und Klinikaufenthalt hin oder her. Er besaß den Alien-Bonus. Ja, man nahm es erleichtert zur Kenntnis, dass Winter auch nur ein Mensch war, zumindest im Rahmen seinerMöglichkeiten. Und schließlich kannte doch jeder Menschen, die ein wenig durchgeknallt waren. Diese Leute strahlten oft eine große Faszination aus.
    Auch auf Winter traf das zu. Seine Aktionen hatten stets von List und Raffinesse gezeugt, keine Empathie stand ihm dabei im Wege, und sein bester Gesichtsausdruck war der, bei dem er so hölzern guckte wie der junge Johnny Cash. Sein Charisma nährte sich allein aus dem Umstand, dass er in einem Maße gewöhnungsbedürftig war, das gerade noch als erfrischend wahrgenommen werden konnte, sowie aus dem Umstand, dass keine seiner Reaktionen jemals vorhersehbar war und einem völlig neue Horizonte eröffnete, auch wenn man sich dabei vorkam wie der letzte Bauerntrampel. Aber im Vergleich zu Winter war man gern ein wenig beschränkt und unfrisch. Mit der Ruhe und zugleich der messerscharfen Konzentration, die er ausstrahlte und einforderte, umgab man sich gern.

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