Glaenzende Geschaefte
Löwe fühlen, den man in sein Reservat zurückbrachte.
Der Pförtner telefonierte. »Graf-von-Sallewitz-Privatbank – persönlich haftende Gesellschafter seit 1812« – Kellermann strich derweil über die Kupferplatte am Eingang. »Alter Schwede. Die Jungs hier scheinen zu wissen, was sie tun. Wie ist Ihr Kumpel Edgar denn ausgerechnet auf die gekommen als Partner?«
»Tradition, Kellermann, Tradition.« Löhring hauchte es hinwie ein Codewort, leise und um Unauffälligkeit bemüht. »Das finden Sie heute nicht mehr an jeder Straßenecke, Kellermann. Die haben Triple-A-Rating, sage ich Ihnen, und das als Privatbank! Wo gibt’s das heute noch in der Bankenlandschaft? Und strukturell sehr überschaubar. Bleibt alles in der Familie, Sie verstehen.« Löhring zog Kellermann am Ärmel zur Seite: »Und noch etwas: Wir werden uns jetzt duzen müssen, vergessen Sie das nicht.«
Kellermann machte zwei entschiedene Schritte zur Seite. »Nie und nimmer werde ich Sie duzen, Löhring. Nicht Sie. Sie nicht. Ich habe Sie zwar heulend und winselnd auf der Transporter-Rückbank erlebt, aber das will noch gar nichts heißen!«
»Wenn Sie das mit der Rückbank jemandem erzählen, garantiere ich Ihnen …«, zischte ihm Löhring ins Ohr.
Doch Kellermann hatte sich bereits wieder abgewandt. Er ging auf den Pförtner zu, streckte seinen Zeigefinger in dessen Richtung aus, sagte »Bumm« und dann »Geld oder Leben!«.
Der Mann guckte. Doch dann erhellte sich seine Miene schlagartig, die Stimmung wurde lockerer, und in ihm schien echte Freude aufzukommen über einen Kunden, der endlich einmal einen wirklich guten Humor hatte und einen individuellen Zugang zu den Menschen suchte. Der Pförtner stand auf wie befreit und begleitete die Gäste, dann doch um Würde bemüht, zum Aufzug, während ein Pförtnerkollege, wie geklont, aus dem Nichts auftauchte und sofort den leeren Platz einnahm.
Während der gläserne Aufzug an den Gemälden vorbei nach oben schwebte, sah Kellermann an Löhring herunter: »Sie haben ja gar nichts dabei so an Papieren.«
Löhring lächelte den mitschwebenden Pförtner an: »Je höher die Hierarchieebene, lieber Kesch, desto leichter das Gepäck.«
»Das könnte ich wohl sagen. Aber Sie wollen sich hier für einen Job empfehlen, nicht ich, wenn ich das richtig verstanden habe.« Kellermann lächelte Richtung Pförtner zurück.
Löhring dagegen schwieg und grinste, was das Zeug hielt.
Sie verließen den Aufzug im fünften Stock und wurden vomEtagenpförtner in ein kleines dunkles Speisezimmer geführt, das bereits komplett für ein Mittagessen eingedeckt war. Man solle doch Platz nehmen. Die Herren kämen gleich. Kellermann schritt voran, und erst von hinten bemerkte Löhring, dass ihm der Anzug, den er trug, viel zu eng war. Es sah schrecklich aus. Es war nicht nur Kellermanns Bulettenhaftigkeit und die finale Erkenntnis, dass nichts, aber auch rein gar nichts an ihm jemals dynamisch aussehen würde. Nein, es war vielmehr die Tatsache, dass der Revolver, den Kellermann nach wie vor bei sich trug, unterm Stoff erahnbar war. Löhring hatte versucht, ihm die Waffe zumindest für diesen Banktermin auszureden. Doch Kellermann hatte abgelehnt. Sie sei schließlich die Eintrittskarte zurück in sein altes Leben. Löhring solle sich seiner Sache verdammt noch mal nicht so sicher sein.
Genau genommen, war sich Löhring seiner Sache auch nicht hundertprozentig sicher. Doch eines war ihm klar: Wenn an diesem Ort, mit diesen Leuten und zu diesem Zeitpunkt Kellermann als Kesch durchging, wenn sich also ein tumber Exknacki mit Waffe unterm Sakko zum Termin mit einem autistischen Erdbeerzüchter traf und die Bank trotzdem Geld pumpte, würde alles möglich sein, alles. Kellermann drehte sich zu Löhring um, und in diesem Moment schienen beide genau dasselbe zu denken.
Die schweren Vorhänge nahmen auch aufgezogen dem Raum noch viel Licht, und die dezenten Wandleuchten, die einen Lichtkegel nach oben warfen, waren wohl auch bei Sonnenschein stets im Einsatz. Löhring hatte es nie anders erlebt. »Meet and eat. Sehr schön.« Er kannte diesen Raum und wusste, dass Friedrich Mollow die Erstgepräche mit Kunden, die lukrative Geschäfte für die Bank versprachen, stets hier im Rahmen eines Mittagessens stattfinden ließ. Sie sollten den Eindruck gewinnen, die Bank habe die letzten zweihundert Jahre nichts anderes getan, als auf sie ganz persönlich zu warten und endlich mal ordentlich zu essen. Seinen Risikomanager und
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