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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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auf, da Mollow und Curlack gedanklich wohl noch bei den Indexfonds waren und so schnell offenbar nicht nachkamen mit ihren Schlussfolgerungen.
    Winter fuhr indes fort: »In der nichtmetallischen, also nichtleitenden Beschichtung konzentrieren wir uns auf Multilayer-Reflektoren für Solaranlagen, di-elektrische IR-Spiegel zur effizienten Wärme-Licht-Trennung, Wärmefilter, Detektortrimmer, IR-Filter vor CCD-Chips sowie auf ähnliche optische und sensortechnische Anwendungen.« Er klappte nun seinen Tablet-PC auf, lud eine Übersicht der Finanzierungsphasen und schob das Gerät knapp am Blumenarrangement vorbei über den Tisch.
    Sie streiften den Bildschirm nur mit Blicken, hingen mehr an Winters Lippen. Man hätte auch sagen können: Sie brauchten ihn und keine Modelle.
    »Ich stelle mir die außerbörsliche Bereitstellung von nicht verzinsfähigem Eigenkapital über eine Wagniskapital-Gesellschaft im Bionikbereich vor. Wir befinden uns momentan im letzten Drittel der Seed-Stage-Capital-Phase, also noch volles Risiko und weit entfernt von Private Equity. Aber die Gewinnmargen könnten enorm sein. Marktmonopol auf Gold- und Silberbeschichtungen ohne Rohstoffinvestition in Gold und Silber. Wir sind kurz davor, die Chitinpanzer mit ihren optischen Eigenschaften technisch nachzufertigen.« Winter klappte den PC zu, dass Curlacks Haare wehten, und schloss mit: »Alles noch völlig low profile, mit mehrheitlicher Anbindung an die Holding, weit von einem IPO entfernt. Medium investment. High risk.«
    Nichts als zuckende Mundwinkel. Es war diese Stille nach seinen Vorträgen, die stets beeindruckte. Er dachte schneller als alle anderen und hatte sich offenbar daran gewöhnt, dass sein Umfeld erst mit zeitlicher Verzögerung auf das reagieren konnte, was er gesagt hatte. Löhring hätte auch gern solche Pausen gezaubert. Es war, als ob man die Zeit anhalten könnte. Bei seinen eigenen Vorträgen fiel ihm immer noch etwas ein, das er sofort nachschob, bevor ein anderer das Wort ergreifen konnte. Das tat er so lange, bis man ihn unterbrach. Winters Performance dagegen war ohne Zweifel genial gewesen.
    War das alles so machbar? Mit Sicherheit war es so, wenn er es behauptete. »High risk« – das war zwar als Letztes im Raum stehen geblieben, aber die Art und Weise, wie er es gesagt hatte, hatte etwas Verlockendes, etwas Kompetitives im positivsten Sinn. Es klang jetzt noch so entschlossen in den Ohren nach, dass einem plötzlich nichts begehrenswerter erschien als »high risk«. Alles war gesagt.
    Und so wurde jetzt Perlhuhnbrust auf Mangomousse gereicht, über die man sich kopfnickend hermachte. Mollow und Curlack legten ihre ansonsten vornehme Zurückhaltung ab und schieneneinen gesunden Appetit zu entwickeln, so als hätten sie die letzten Tage nichts mehr zwischen die Zähne bekommen. Sie schienen auch gar nicht zu kauen, schluckten vielleicht alles direkt hinunter, um jederzeit den Mund wieder frei zu haben.
    Winter jedoch wäre nicht Winter gewesen, wenn er sich mit seiner bisherigen Vorstellung schon zufriedengegeben hätte. Er schob seinen vollen Teller beiseite. Essen gehörte jedenfalls nicht zu seinen wichtigsten Lebensinhalten. Stattdessen nahm er die Aktentasche, legte sie sich auf die Oberschenkel und entnahm ihr zwei Gläser, öffnete diese und kippte sie auf den Tisch, dorthin, wo noch etwas Platz war.
    »Winter, Sie können doch nicht … Ich meine, wir essen doch noch«, begann Löhring. Doch es war zu spät. Das Besteck fiel klappernd auf die Teller, als alle auf die Gläser starrten. Denn nun krochen die Skarabäen langsam aus ihnen heraus, schienen sich nicht wirklich wohlzufühlen in der neuen Umgebung und begannen recht zögerlich, zwischen den Tellern und Gläsern und entlang der Dessertlöffelchen umherzukrabbeln. Ihr schillerndes Erscheinungsbild passte trotz allem vortrefflich in die Umgebung, fand Löhring. Sie reflektierten sogar das hier spärlich vorhandene Licht, sodass es überall glitzerte und funkelte.
    Kellermann schien übel zu werden. Er musste vielleicht an die Schabe aus Ohio denken. Schon vorher hatte es auffällig laut rumort in seinem Bauch, Löhring hatte es hören können, und jetzt verließ er überstürzt und die Hand vor dem Mund den Raum.
    »Die durchschnittliche Lebensdauer der Mistkäfer ist drei Jahre. Das weibliche Exemplar legt ungefähr fünfzig bis hundert Eier, meist unter einen Kotklumpen, von dem sich die geschlüpften Larven dann ernähren. Das Larvenstadium stellt

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