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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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Dr. Wilhelm Löhring. Er kam unauffällig durch die Tür, als Miranda noch damit beschäftigt war, die Schreibtischunterlage gerade zu rücken in dem Büro, das man flugs für ihn eingerichtet hatte. Die Holding sei ihm zu weit weg vom Geschäft, hatte er erklärt, und daher wolle er ein Büro bei SKARABÄUS haben.
    »Sind Sie hier meine Sekretärin?« Jetzt kam er mit großen Schritten auf sie zu, und der Raum war plötzlich prall gefüllt mit ihm. Sie stand schon mit dem Rücken zur Wand. Er gab ihr die Hand, legte gleich die andere darauf und sah ihr in die Augen. Sein Blick machte dabei ständig zuckende Ausreißer, mal ein bisschen nach unten, dann wieder nach oben und dann an ihrer Taille abwärts. Sie kannte das.
    Es hätte schlimmer kommen können, fand Löhring. Die ihm zugedachte Kraft war durchaus attraktiv. Aber auch nicht zu attraktiv. Eher adrett. Mainstream. Sie hatte diese perfekte Unauffälligkeit, diese Anpassungsfähigkeit von Frauen, die im Hintergrund eins werden konnten mit einem selbst, wie ein Putzerlippfischchen am Riffbarsch. Und dumm schien sie nicht zu sein, so vom Skill Set her, wenn Typen wie Winter sie eingestellt hatten. »Na, dann wollen wir mal. Also, ich …«
    Sie unterbrach ihn, denn ja, sie sei hier die Assistentin, aber eben auch die von Herrn Winter. Zudem in Teilzeit. Das habe bisher hervorragend geklappt.
    Er überhörte es: »Mit mir werden Sie etwas mehr zu tun haben, Frau Keck.«
    Beck. Sie heiße Beck. Miranda Beck. Und noch einmal: Sie sei Assistentin in Teilzeit. Ach ja, und der Kaffeeautomat sei nur etwa drei Meter den Flur hinunter auf der linken Seite.
    Zwei Fensterfronten. Kein schlechtes Büro, dachte Löhring. Er schritt die Glasscheiben ab. »Assistentin? Aber nur so eine, die tippt, oder?« Blick nach vorne raus zum Parkplatz. Er würde alle kommen sehen. »Und Miranda heißen Sie. Guter Name. Darf ich Sie so nennen?«
    Miranda nickte schweigend. Das mit dem Vornamen kannte sie schon, viele Chefs hatten es so praktiziert, es gab der Arbeitsbeziehung einen fortschrittlichen Touch. »Beck« fanden die meisten etwas einsilbig und unbefriedigend, aber Miranda, Miranda war das phonetische Gegenprogramm.
    Er wolle für mehr »unternehmerisches Flair on spot« sorgen, sagte er dann noch, während er sich daranmachte, den Bürosessel hochzupumpen. Change Management, weg vom ganzheitlichen Ansatz, wieder hin zum linearen Arbeiten, das sei sein Credo, fügte er mit rhythmischen Kopfbewegungen hinzu, während die Sitzfläche langsam Richtung Schreibtischkante wanderte. Seine Füße würden den Boden nicht berühren.
    Miranda konnte es kaum mit ansehen. Langsam machte sich das alte Entsetzen breit in ihr, und kein Lächeln dieser Welt, keine noch so entschiedene Anpassungswilligkeit konnte sich dem entgegensetzen.
    Herrje, welcher Zwerg hatte hier vorher gesessen? Und seine Sekretärin stand nur da und guckte so fürchterlich neutral und unentschlossen, dass er am liebsten laut in die Hände geklatscht hätte, auch auf die Gefahr hin, dass sie dann zerbröseln würde. Sie war flott, ohne Frage, aber fröhlich schien sie nicht zu sein, seine Putzerlippfischin. »Sie sind aber schon ein wenig schnell im Kopf, gell?«, fragte er.
    Miranda erschrak. Sie hatte wohl etwas zu lange nachgedacht und darüber die noch freizuschaltenden Datenanschlüsse vergessen. Sie rannte hinaus und zog die Tür fest hinter sich zu. Am liebsten hätte sie den Schlüssel von außen im Schloss herumgedreht. Es schien sich alles zu wiederholen.
    Löhring indes schob sich auf den Sessel. Es war etwas eng zwischen Oberschenkeln und Schreibtischkante, aber es ging, auch wenn er größere Tische gewöhnt war. Jetzt also klein, aber fein. Mittelstand, überschaubar, fokussiert, schnell, ohne geblähten Personalbauch. Und doch hätte er sich etwas mehr Verantwortung gewünscht, bemessen in Räumlichkeiten, Köpfen und Boni. Löhring löste jetzt den Hebel für die Rückenlehne, drückte sich weit zurück und arretierte. Andererseits war es bemerkenswert, dachte er, wie einen der Weg immer wieder auf die eigene Fährte zurückführte. Offenbar ließ sich selbst die eigene Entführung kapitalisieren – es sei denn, es handelte sich tatsächlich um ein gut getarntes Executive-Leadership-Programm, und die Leute würden sich bald die Silikonmasken vom Gesicht reißen. Das jedoch wurde, je mehr die Zeit voranschritt, immer unwahrscheinlicher.
    Vorerst würde er genau so weitermachen. Er würde wieder etwas

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