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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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sichert sich Überlebensvorteile, provoziert Chaos durch mehr Komplexität bei steigendem Handlungs- und Entscheidungstempo. Er testet die Frustrationstoleranz seines Umfelds.« Winter hatte sich wieder umgedreht und kratzte jetzt mit dem Fingernagel etwas Fliegendreck vom Fenster. »Das ist nur die Spitze des Eisbergs.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie wissen nicht, was der für Aufträge annimmt. Der hat eine Lizenz zum Managen. St. Ägidius war nur eine davon.«
    »Und wenn Löhring wirklich krank war und doch echt ist?«, fragte Miranda.
    »Davon bin ich nicht überzeugt. Ich glaube tatsächlich, dass sein Konflikt mit den gängigen Realitätsbegriffen nur vorgetäuscht ist und er sich deswegen so benimmt, wie er sich benimmt. Er macht das ja schon eine Weile und hat in der Familiengeschichte auch keinerlei Auffälligkeiten in Bezug auf Krankheitsstatus und Sozialverhalten.«
    »Was heißt das jetzt für uns?«, fragte Miranda.
    »Löhring wird bei all dem wohl kaum ehrenamtlich unterwegs sein. Ich nehme an, er verdient gar nicht mal schlecht, wird einen Anteil der durch ihn verbrannten Millionen behalten dürfen.«
    »Was heißt das jetzt für uns?«, wiederholte Miranda.
    »Vorerst nichts. Wir machen mit. Er wird den Käfern nichts anhaben können. Es geht um das System, um eine andere Dimension. Ich will das jetzt wissen.«
    »Und wenn Sie sich täuschen?«
    Winter drehte sich zu ihr um und blickte ihr das allererste Mal fast in die Augen. »Wenn Löhring das alles nicht spielt und es keinem höheren Zweck dient, wäre das eine Abwärtsspirale unvorstellbaren Ausmaßes im internationalen Management. Das kann nicht sein.«
    Das Telefon ging. Es war eine Mitarbeiterin aus der Käferzucht. Winter solle sofort kommen. Zur selben Zeit kam die Wettervorhersage im Radio.
    Winter war hin- und hergerissen. Es war Stress pur für ihn. Zwei Minuten später rannte er an ihr vorbei auf den Flur.
    »Worum ging es bei dem Anruf?«, fragte Miranda zwischen Tür und Angel.
    »Jetzt nicht.«
    »Kann ich etwas ausrichten, wenn sich jemand meldet?«, rief Miranda hinter ihm her. Sie ging langsam wieder in ihr Büro. Die Gleichgültigkeit derer, die man bereit war zu mögen, war unerträglich, fand sie.

DAS MISTKUGELPROBLEM
    Es vergingen keine drei Monate, bis einer der Gesellschafter der Sallewitz-Bank Löhrings Aufsichtsratsposten übernommen hatte und Löhring selbst als Vorstand zu SKARABÄUS gewechselt war – gegen Zusicherung einer stattlichen Provision selbstverständlich. Er war nun da, wo er von Anfang an hingewollt hatte: im Zentrum des Geschehens, sozusagen in der Goldgrube, mit einem autistischen Partner in der Geschäftsführung, der seine Tage lieber auf der Gummimatte unter irgendwelchen Pflanzenblättern als hinter dem Schreibtisch verbrachte.
    Der Wechsel war einvernehmlich mit Etta von Dangast, die sich von Löhring neue Impulse erhoffte, und mit Winter erfolgt. Letzterer hatte Löhring lediglich gefragt, zu welcher Versuchsphase dieser Schritt denn nun gehöre. Löhring hatte geantwortet, er habe die Versuchsphase, falls es je eine gegeben habe, bereits weit hinter sich gelassen. Er sei eher der Mann für die großen Ausschläge, für die finalen Amplituden. Hier gehe es jetzt einzig und allein um das Vorantreiben von Ergebnissen. Aber nichts anderes sei es doch, was man in Versuchen mache, Ergebnisse voranzutreiben, hatte Winter geantwortet, und Löhring hatte ihm dann doch recht geben müssen.
    Eine der ersten kleineren Maßnahmen im neuen Amt war der endgültige Abstoß der Erdbeersparte, die bis dato sowieso nie richtig aus den roten Zahlen herausgekommen war und wohl eher als Deckmantel für das Goldkäferprojekt gedient hatte. Karin Schlick mit ihrem Management-Buy-out-Modell kam Löhring da gerade recht. Schließlich konnte man ohne durchgreifendeMaßnahmen keinen Patienten heilen. Da war nur etwas, über das Löhring stolperte, als er die vorbereiteten Papiere querlas: Es waren nicht die Finanzierungsschwierigkeiten, die die Käuferin zu haben schien, sondern vielmehr ihr Name – Karin Schlick kam ihm bekannt vor. Und als sie dann kurze Zeit danach zur Unterzeichnung der Übernahme- und Vertraulichkeitserklärung durch seine Tür kam, rief auch ihr Gesicht ein Déjà-vu-Moment in ihm hervor. Doch er konnte beim besten Willen nicht sagen, wo er sie schon einmal getroffen haben könnte. Er kam ja viel rum, und dieser Typ Frau war nicht gerade das, was sich einem nachhaltig beeindruckend in den Weg

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