Glaenzende Geschaefte
auf das andere zu tänzeln.
»Ja, irgendwie ist er hier hereingekommen, und nun steckt er im Mist. Das war nur eine Frage der Zeit. Mit der Komplexität eines Systems wachsen eben auch dessen Fehlerquellen.«
»Es gibt einen Wurm, der unter dem Augenlid des Nilpferdes lebt und sich von dessen Tränen ernährt«, warf Winter in die Runde.
Manchmal war ihr Chef etwas peinlich, fand Miranda.
Man schwieg verständnisvoll, und Winter fuhr fort: »Wo stecken die Viecher denn genau?«
»Wir trampeln hier gerade auf Zigtausenden von ihnen herum.«
Miranda stand am Rande der Gruppe und zog die Zehen in ihren Sandalen hoch. Sie verstand kein Wort.
Richard Patthorn, der Panzerschichten-Ablösungsmann, raunte ihr zu: »Die Käfer haben den Wurm in der Mistkugel. Er sitzt in den Fraß- und in den Brutpillen, weicht den Panzer auf und vernichtet die Larven. Und ich allein brauche zwanzig von denen pro Tag für die Versuchsreihen.«
»Scheiße.« Miranda hielt sich die Hand vor den Mund, aber der Mann neben ihr meinte, das Wort sei der Situation wohl angemessen.
»Was machen wir nun? Elefantenkacke aus Ägypten importieren? Oder gleich mit Sack und Pack nach Costa Rica umziehen?«
Es hatte sich der reinste Galgenhumor breitgemacht, denn einesstand fest: Der Wurmbefall hatte den Großteil der Käferpopulation bereits dahingerafft, und die Erforschung der Chitinpanzerschichten und ihrer optischen Lichtberechung war längst nicht so weit fortgeschritten, als dass man großzügig über das Massensterben der Käfer hätte hinwegsehen können. Es würde die ohnehin schon kostspielige Forschung um Monate zurückwerfen. Und noch war die Investorengruppe nicht informiert.
Löhring, der noch nichts vom Wurm wusste, war mit Mollow über dessen Gestüt und die letzten Listenrennen für dreijährige Stuten ins Gespräch eingestiegen. Irgendwann, als er Mollow damit hinreichend »emotional abgeholt« hatte, schwenkte er auf das Thema Etta von Dangast um. Er wusste, dass dieses Telefonat eigentlich Keschs Job gewesen wäre, aber ab einer gewissen Komplexität der Sachlage musste er die Dinge höchstpersönlich in die Hand nehmen, insbesondere weil Mollow um die Identität des falschen Kesch wusste. Und nie und nimmer hätte er mit einem Knacki ohne jeglichen Pferdeverstand reden wollen. Immerhin ging es jetzt um nicht weniger als eine Kapitalerhöhung für SKARABÄUS, denn der Zukauf der Reisesparte war etwas teurer geworden als gedacht.
Löhring senkte die Stimme: »Mollow, nochmals, bei SKARABÄUS handelt es sich buchstäblich um eine Goldgrube, todsicher. Die Chancen übersteigen die Risiken bei weitem. Ihr könnt mit einer dauerhaft überdurchschnittlichen Performance rechnen, und wir könnten langfristig den Markt outperformen, wenn wir die nötigen Investitionen weiter getätigt und die Anlaufkosten im Griff haben. Ich bin mir nicht sicher, ob die Investorengemeinschaft da uneingeschränkt mitmacht, aber die von Dangast sollte jetzt nachlegen, bevor es zu teuer für sie wird. Ihr müsst der Etta jetzt helfen, den Schatz zu heben!«
Mollow schien gerade eine Zigarre zu rauchen und schnaubte in den Hörer: »Bist du dir sicher, Wilhelm, dass SKARABÄUS den Realitäts-Check besteht?«
Löhring verstand nicht. Seine Flimmerhärchen auf den Nasenschleimhäutenstellten ihren Dienst ein. Der Schleim kam. »Wie, jetzt?«, fragte er.
»Du glaubst doch nicht wirklich, dass eure Käferbude so schnell wuppt? Ist schon etwas abenteuerlich. Ihr seid doch noch nicht einmal due-diligence-fähig, und es kann Jahre dauern, bis wir damit ordentlich einsteigen können«, sagte Mollow.
Löhring gab sich einen Stoß ins rechte Loch. »Aber Friedrich, das verstehe ich jetzt nicht. Wofür habt ihr dann die GbRs für die Investitionen gegründet, wenn ihr gar nicht wirklich an das Geschäftsmodell glaubt?«
»Wir agieren schon lange nicht mehr intrinsisch, Wilhelm. Man kann auch Geschäfte machen, gerade weil man nicht daran glaubt.«
»Wie, jetzt?« Löhring kam sich schon vor wie Kellermann mit seiner Fragerei.
»Die Investoren, die wir für das SKARABÄUS-Modell vorgesehen haben, kaufen uns alles ab, nur um ihr Geld steueroptimiert anzulegen. Zur Not legen wir einen Fonds auf, der darauf wettet, dass SKARABÄUS es nicht schafft. Da sind wir flexibel.« Mollow tat wieder einen Zigarrenzug und stieß den Rauch hörbar zwischen den Zähnen aus. Seine Worte hingen schwer in der Luft. Es war schrecklich. »Nicht nur bei den Bankern, auch bei den
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