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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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führen.«
    Sie blickte verzückt auf die hässlichen formlosen Rübenstücke, die in der Schale in ihrem eigenen Brackwasser schwammen. Es war schrecklich und schön zugleich, wie sie es fasziniert, beinahe träumerisch, betrachtete. In meinem Kopf rasten jedoch sogleich Bilder umher, womit genau ich den Tod verdient hätte und warum sie es zu diesem Zeitpunkt vorhatte. Der Ekel und die Angst waren mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn sie stellte die Schale vorsichtig fort und nahm meine beiden Hände locker in ihre. Ich schrak bei dieser ungewohnten und absolut unschicklichen Berührung so stark zusammen, dass ich unweigerlich ein Wimmern ausstieß.
    »Ganz ruhig, mein lieber Frederick«, lachte sie überrascht. »Du hast keinen Grund zur Furcht. Siehst du, im Mittelalter sagte man ihnen Kräfte nach, die wir heutzutage völlig zu Recht für abergläubischen Humbug und darüber hinaus für dumm halten.« Sie schwieg einen Moment, erforschte mein Gesicht durch den schmalen Schleier mit den kleinen Punkten vor ihren mookait-farbenen Augen.
    »Was haben sie denn geglaubt, meine Herrin?«, fragte ich leise.
    Lady Amaranth gab meine Hände frei und blickte gelangweilt über ihre Schulter hinweg in den Kommodenspiegel. Sie zupfte sorgfältig eine Wimper zurecht. »Die einfachen Leute glaubten, dass die Mandragora bei aufopferungsvoller Pflege und zunehmendem Mond wächst und gedeiht, bis sie schließlich ein eigenes … Dasein … entwickelt. Sie waren der Meinung, sie halte Krankheit von ihnen fern … und Verfall. Man soll sie zwar wie ein Neugeborenes mit Milch nähren, jedoch benötigt sie keinerlei Zuneigung oder gar Liebe, nur stetige, regelmäßige und natürlich häufiger werdende Versorgung. Dem Aberglauben zufolge wächst die Wurzel schnell. Sie nimmt sogar nach und nach menschenähnliche Gestalt an.«
    Sie begutachtete ihr Gesicht sorgsam von jeder Seite.
    »Was jedoch nicht bedeutet, dass sie zu einem echten Menschen wird?«, wagte ich laut zu denken.
    Sie nickte versonnen. Dann schüttelte sie jedoch unwirsch den Kopf, sah mich direkt mit gerunzelten Brauen an. »Natürlich nicht zu einem echten Menschen, Dummerchen! Eher zu einem menschenähnlichen Geschöpf. Ohne jedoch diese erbärmlichen Gefühlsregungen. Äußerst praktisch.«
    »Das sollten Sie nicht tun, Herrin«, ich deutete auf ihre Brauen und sie entspannte sie sogleich und strich hektisch etwas Balsam auf ihre Stirn, wo sich feine Fältchen zeigten.
    »Verflixt, Frederick! Da siehst du, wozu du mich bringst.«
    Ich betrachtete sie fasziniert und sah die Falten sogleich in der Haut verschwinden.
    »Aber … die Mand…ra … wie ist das möglich?« fragte ich.
    Die Lady hielt inne, sah mich nun wieder durch den Spiegel an.
    »Sie gedeihen durch ihre Pfleger selbst. Diese Wurzel braucht nicht nur das bisschen Milch, Frederick. Sie wird ebenso durch ein wenig Blut ihrer Nährmutter gespeist, um sich zu entwickeln, um zu wachsen.«
    Ich warf einen hastigen Blick auf die Wurzelscheiben in dem schlammigen Saft. Mein Blut oder gar teure Milch hätte diese runzelige Rübe keinesfalls bekommen.
    »Und wie wird das gemacht?«, wollte ich wissen, ohne meinen Blick abzuwenden.
    »Nähren?« Die Lady lächelte. »Nun, da der Mensch neugieriger ist, als ihm bekommt, nutzt die Mandragora diese Neugier. Sie setzt sich durch leichte Zuckungen in Bewegung, säuselt ein wenig wie ein Neugeborenes und sobald der Versorger sich ihr nähert, um sie zu begutachten, sticht sie ihn leicht mit ihren kleinen Ausläufen.«
    Sie stach mich sachte mit ihrem Fingernagel in den Arm. Ich zucke heftiger zurück als beabsichtigt und sie lächelte kühl. Schön, dass ich sie etwas belustigen konnte.
    »Den Tropfen Blut saugt sie mit ihrer winzigen spitzen Zunge auf. Wie eine kleine flinke Eidechse«, fuhr sie entzückt fort.
    Ich schauderte. »Aber wer würde sich denn freiwillig von einer Knolle das Blut auflecken lassen? Hält man sich von da an nicht lieber ganz weit fern?«
    »Selbst wenn, Frederick. Ein Tropfen schon genügt, dass die Alraune ihr nasses Bett verlassen kann. Und so nimmt sie sich, was sie braucht, um zu wachsen«, erklärte die Lady.
    »Wie unheimlich.« Ich schlang die Arme um mich. »Und wie bizarr.«
    »Ein wenig.« Die Lady zuckte die Schultern und steckte noch eine Tüllschleife in ihr weiß schimmerndes Haar. »Doch, wie ich sagte, zumeist reiner Aberglaube. Zudem sind wir schließlich keine einfachen Leute, nicht wahr? Diese hier …«, sie tippte mit

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