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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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diesen Duft in der Lunge, bis ich sie bedauernd ausstoßen musste.
    »Van Sade, heulst du etwa?«, fragte er auf einmal gepresst.
    Ich schüttelte stumm den Kopf.
    Er drehte seinen Oberkörper zur Seite und ich wäre beinah nach vorne umgekippt. »Jetzt sitzen wir schon wieder besoffen im Wald, Van Sade. Das wird noch zur schlechten Gewohnheit!«, lachte er.
    Dieses Lachen ließ mich beinahe in seinem Zauber ersaufen. Ich ruderte verzweifelt durch einen Strom aus jenem hypnotischen Geruch dem intensiven Hellblau seiner Augen entgegen, bis mir eine dünne Strähne silbrig blonden Haars die Entscheidung abnahm, die ich bis heute nicht völlig verstehe. Sie klebte an seinem Wangenknochen und ich zupfte sie zögernd mit spitzen Fingern fort. Der Jäger beobachtete mich abwartend, mit einer Mischung aus Belustigung und Argwohn.
    Ich bekam Herzklopfen und ein seltsames Gefühl loderte in mir auf, ganz schwach, wie ich es noch nie zuvor an mir bemerkt hatte. Das Buttermesser stach mir in die Hüfte und ich fingerte es aus dem Hosenbund. Ich legte es beiseite, näherte mich seinem Gesicht, legte meine Lippen leicht auf die seinen. Forschend bewegte ich meinen Mund über den seinen, um die feine Narbe am linken Mundwinkel zu ertasten. Wir ließen uns beide keinen Moment aus den Augen, und schließlich verstärkte er den sanften Druck, indem er sich mir entgegen lehnte und um mich herum wurde alles dunkel.
    Einmal hatte ich mit Giniver etwas Ähnliches an anderen Körperregionen versucht, wobei ich jedoch zu wenig Erfolg gelangt war und wir schließlich peinlich berührt beschlossen hatten, das Ganze zu vergessen. Als Gentleman hatte ich daran natürlich stets festgehalten. Ein wenig gehemmt wagte ich es dennoch, sein Gesicht vorsichtig in meine Hände zu nehmen. Meine Finger strichen über sein langes Haar – völlig aus der Mode und viel zu glatt – seine geschwungenen Brauen und die göttlichen Wangenknochen, bis sie an seinem Kinn ihren unsicheren Flug beendeten. Ich spürte seinen muskulösen Körper unter dem dünnen Hemd, das ihm klamm am Körper klebte, und ihm morgen sicherlich den Tod bringen würde, und packte seine Schultern. Ich muss sagen, ich habe nicht wirklich eine Ambition speziell auf männliche Exemplare der menschlichen Gattung und doch rief er in mir mehr begehrliche Gefühle hervor, als es je eine Giniver oder eine andere Dame vermocht hatte …
    Ich musste in meinen Gedanken abgeschweift sein, denn plötzlich zog er sich bestimmt zurück und ich muss gestehen, es war mir ganz und gar nicht recht. Wir hätten eine Ewigkeit und länger so verweilen können. Überrascht hob er eine Augenbraue und verzog den Mund zu jenem schiefen und spöttischen Lächeln, welches ich zugleich vergötterte und hasste. Er sprach nicht, legte stattdessen einen Finger auf die Lippen, stemmte sich hoch und hielt mir die Hand hin, um mir ebenfalls aufzuhelfen. Mein trunkener Versuch, Eirwyn am Vortag zur Hochzeit den Gatten auszuspannen oder zu einem Abenteuer zu verführen, war beinahe geglückt. Beinahe. Ich lächelte leise. Wir schwankten beide leicht im Stehen, ob von Alkohol und starkem Tabak oder unserem Gefühlsaustausch, weiß ich beim besten Willen nicht. Ich kann aber von mir selbst sagen, dass Letzterer mich mehr hinweggefegt hatte, als es ein ganzes Fass Banjul Breweries , geleert in einem Zug, gekonnt hätte. Ich blickte mich nochmals um, als Kieran mich fortführte, und sah etwas hinter mir blitzen und blinken. Nun, das Buttermesser würde ich wohl ersetzen müssen. Die Frage, warum ich gegenüber all den Damen nie mehr als Bewunderung für ihre Erotik und Ästhetik verspürt hatte, stellte ich mir erst am nächsten Nachmittag in seiner ganzen schonungslosen Facette, als ich leider wieder nüchtern und fein herausgeputzt zwischen zu vielen unbekannten Gesichtern und allerlei Blumenschmuck unter Bögen aus blutroten und schneeweißen Lilien stand.

    Sicherlich will der voyeuristische Leser nun wissen, ob sich die restliche Nacht zwischen mir und dem betrunkenen Jäger noch etwas zugetragen hat. Ärgerlicherweise hat mich mein Gedächtnis im Stich gelassen, was dieses Geschehnis angeht. Und auch wenn die Glaubwürdigkeit dieser Aussage recht fadenscheinig ist und sicherlich zu Verärgerung und dergleichen führt, fördert dies trotzdem nicht mein Erinnerungsvermögen.
    Ich blickte hinab in den Garten, wo bereits in den Mittagsstunden Lilienranken, wie ich sie auch im Wintergarten gesehen hatte, um die alte große

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