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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Stand solchen Männern begegnen kann!...« rief Esther aus. »Ah, meine Liebe, du hast Glück gehabt!... Pflege deinen Nucingen gut.« »Aber dein Nabob hat sicher irgendeine Absicht!« »Das hat mir Adele schon gesagt,« erwiderte Frau du Val-Noble. »Dieser Mensch, meine Liebe, wird es sich in den Kopf gesetzt haben, sich den Haß einer Frau zuzuziehen, damit sie ihn in der und der Zeit verabschiedet,« sagte Esther. »Oder er will mit Nucingen Geschäfte machen, und er hat mich genommen, weil er wußte, daß wir befreundet sind; das glaubt Adele,« fuhr Frau du Val-Noble fort. »Deshalb stelle ich ihn dir heute abend vor. Ah, wenn ich Gewisses über seine Pläne wüßte, da würde ich mich hübsch mit dir und Nucingen verständigen.« »Läßt du dich nie hinreißen?« fragte Esther, »sagst du ihm nicht von Zeit zu Zeit die Wahrheit?« »Versuch es nur, dann bist du schlau. Ei, trotz deines Witzes würde er dich mit seinem eisigen Lächeln umbringen. Er würde dir antworten: Ich bin Antislavery, und Sie ssind frrei... Du könntest ihm die komischsten Dinge sagen, er würde dich ansehen und erwidern: Very good! Dann würdest du merken, daß du in seinen Augen nicht mehr bist als ein Hanswurst.« »Und Zorn?« »Dasselbe! Es wäre für ihn nur ein Schauspiel. Man könnte ihn links unter der Brust operieren, man würde ihm nicht das geringste zuleide tun; seine Eingeweide müssen aus Weißblech sein. Das habe ich ihm schon gesagt. Er gab mir ganz einfach zur Antwort: Ich bin sehrr ßufrrieden mit dieserr Verranllagung... Und immer höflich. Meine Liebe, er trägt Handschuhe auf der Seele... Ich will dieses Martyrium noch ein paar Tage ertragen, um meine Neugier zu befriedigen. Sonst hätte ich Mylord schon von Philipp ohrfeigen lassen; er hat im Säbel nicht seinesgleichen. Es bleibt nur das...« »Ich wollte es dir gerade sagen!« rief Esther; »aber du solltest dich vorher vergewissern, ob er boxen kann, denn solche alten Engländer, meine Liebe, haben einen Vorrat von Bosheit im Leibe!...« »Der da hat keinen Doppelgänger! ... Nein, wenn du sähest, wie er mich um meine Befehle bittet und fragt, um welche Stunde er sich einstellen darf, um mich zu überraschen – wohl verstanden! –, wobei er seine angeblichen Gentlemansmanieren entfaltet, so würdest du sagen: Die Frau wird angebetet; und keine Frau würde das nicht sagen...« »Und man beneidet uns, meine Liebe!« sagte Esther. »Ach ja...« rief Frau du Val-Noble aus. »Sieh, wir haben alle in unserm Leben mehr oder minder erfahren, wie wenig man sich aus uns macht; aber, meine Liebe, nie bin ich so grausam, so tief, so völlig von der Brutalität verachtet worden, wie ich von der Achtung dieses dicken Schlauchs voll Portwein verachtet werde. Wenn er betrunken ist, geht er davon, ›um nicht unangenehm ßu werrden‹, sagt er zu Adele, und um nicht zugleich zwei Mächten zu gehorchen: der Frau und dem Wein. Er mißbraucht meinen Fiaker; er fährt öfter darin als ich... Oh, wenn wir ihn heute abend unter den Tisch bringen könnten! Aber er trinkt zehn Flaschen und ist erst angeheitert; er hat ein trübes Auge und sieht doch klar.« »Das ist wie bei den Leuten, deren Fenster von außen schmutzig sind,« sagte Esther, »aber von drinnen sehen sie, was draußen vorgeht... Ich kenne diese Eigentümlichkeit des Mannes: du Tillet besitzt sie im höchsten Grade.« »Sieh zu, daß du Tillet kommt, und wenn Nucingen und er ihn in einen ihrer Anschläge verwickeln könnten, so wäre ich wenigstens gerächt!... Sie müßten ihn an den Bettelstab bringen! Ach, meine Liebe, daß ich einem Heuchler von Protestanten in die Hände fallen mußte! Und das nach diesem armen Falleix, der so komisch war, ein so guter Junge und ein solcher Spötter!... Was haben wir gelacht!... Man behauptet, die Wechselmakler seien alle dumm... Nun, der hat nur einmal keinen Geist gezeigt...« »Als er dich ohne einen Heller zurückließ? Da hast du die Unannehmlichkeiten des Vergnügens kennen lernen können.«
    Europa steckte, von Herrn von Nucingen geholt, ihren Schlangenkopf durch die Tür, und nachdem sie ein paar Sätze angehört hatte, die ihre Herrin ihr ins Ohr flüsterte, verschwand sie wieder.
    Um halb zwölf abends hielten fünf Equipagen vor der Tür der berühmten Kurtisane in der Rue Saint-Georges; es waren die Luciens, der mit Rastignac, Blondet und Bixiou kam, die du Tillets, die des Barons von Nucingen, die des Nabobs und die Florines, die du Tillet geholt hatte. Der

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