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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Gesellschaft mit ihren zarten Händen die schmiedeeiserne Stange des ersten Gitters im Portal hatte zerbrechen können. Daher sammelten sich denn auch, sowie der Oberstaatsanwalt und der Graf Octavius von Bauvan mit der Gattin des Herrn von Sérizy in dessen Wagen davongefahren waren, Direktor, Kanzlist und Aufseher im Portal, sie ließen Herrn Lebrun, den Gefängnisarzt, hinaus, den man gerufen hatte, um den Tod Luciens festzustellen und sich mit dem Totenarzt des Stadtkreises zu verständigen, in dem dieser unglückliche junge Mann gelebt hatte.
    Den ›Totenarzt‹ nennt man in Paris den Arzt, der in jeder Bürgermeisterei angestellt ist, um die Todesfälle zu kontrollieren und die Todesursachen festzustellen.
    Mit jenem raschen Blick, der ihn auszeichnete, hatte Herr von Granville erkannt, daß es im Interesse der Ehre aller kompromittierten Familien nötig war, den Totenschein Luciens in der Bürgermeisterei ausstellen zu lassen, zu der der Quai Malaquais, wo der Verstorbene wohnte, gehört; man sollte ihn aus seiner Wohnung in die Kirche Saint-Germain des Prés überführen, wo der Leichendienst stattfinden mußte. Herr von Chargeboeuf, der Sekretär des Herrn von Granville, hatte, als er entsandt wurde, seine Befehle in diesem Sinne erhalten. Die Überführung Luciens sollte während der Nacht vorgenommen werden. Der junge Sekretär war beauftragt, sich sofort mit der Bürgermeisterei, dem Pfarramt und dem Begräbnisunternehmer ins Einvernehmen zu setzen. So war Lucien für die Welt in seinem Hause als freier Mann gestorben; sein Leichenzug sollte von seinem Hause ausgehen und seine Freunde für die Zeremonie in seine Wohnung geladen werden.
    In dem Augenblick also, in dem Camusot sich ruhigen Geistes mit seiner ehrgeizigen Hälfte zu Tisch setzte, standen der Direktor der Conciergerie und Herr Lebrun, der Gefängnisarzt, vor dem Portal und beklagten die Zerbrechlichkeit der Eisenstangen und die Kraft verliebter Frauen.
    »Man ahnt nicht,« sagte der Doktor zu Herrn Gault, im Begriff, ihn zu verlassen, »welche Nervenkraft in dem von der Leidenschaft überreizten Menschen schlummert! Die Dynamik und die Mathematik haben keine Zeichen und Gleichungen, um diese Kraft zu berechnen. Sehen Sie, gestern war ich noch Zeuge eines Experiments, vor dem ich erzitterte und das mir die furchtbare physische Kraft, die diese kleine Dame eben entfaltet hat, erklärt.« »Das müssen Sie mir erzählen,« sagte Herr Gault, »ich habe nämlich die Schwäche, daß ich mich für den Magnetismus interessiere; ich glaube nicht daran, aber er macht mich unruhig.« »Ein Arzt, der zugleich Magnetiseur ist, denn es gibt auch unter uns Leute, die an den Magnetismus glauben,« fuhr der Doktor Lebrun fort, »schlug mir vor, eine Erscheinung, die er mir schilderte und an der ich zweifelte, an mir selbst zu probieren. Da ich begierig war, am eigenen Leibe eine jener merkwürdigen Nervenkrisen zu erleben, mit denen man die Existenz des Magnetismus beweist, so willigte ich ein. Die Sache ist die. Ich möchte wohl wissen, was unsere Akademie der Heilkunde sagen würde, wenn man nacheinander alle Mitglieder diesem Beweis unterwürfe, der dem Unglauben keinen Ausweg mehr läßt. Mein alter Freund ... Dieser Arzt«, sagte der Doktor Lebrun, indem er eine Parenthese einschaltete, »ist ein Greis, der seit Mesmer wegen seiner Ansichten von der Fakultät verfolgt wird; er ist siebzig oder zweiundsiebzig Jahre alt und heißt Bouvard. Er ist heute der Patriarch der Lehre vom tierischen Magnetismus. Ich bin gewissermaßen ein Sohn des guten Mannes, ich verdanke ihm meine Stellung. Der alte und ehrwürdige Bouvard also schlug mir vor, mir zu beweisen, daß die vom Magnetiseur in Wirksamkeit gebrachte Kraft zwar nicht unbegrenzt sei, denn der Mensch ist den Gesetzen der Endlichkeit unterworfen, aber daß sie wie die Naturkräfte wirke, deren absolute Ursprünge uns verborgen sind. ›Wenn du also‹, sagte er, ›dein Handgelenk dem Griff einer Somnambule überlassen willst, die dich in wachem Zustand nicht über eine gewisse abschätzbare Kraft hinaus drücken könnte, so wirst du erkennen, daß ihre Finger in dem so dummerweise somnambul genannten Zustand die Kraft haben, wie eine Blechschere in der Hand eines Schlossers zu wirken.‹ Nun, Herr Direktor, als ich dem Griff der Frau mein Handgelenk hinhielt – sie war nicht eingeschläfert, denn diesen Ausdruck verwirft Bouvard, sondern ›isoliert‹ – und als der Greis ihr befohlen hatte, mir mit

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