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Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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niemand glauben würde. Man würde sie für verrückt erklären, mit genau den Argumenten, die du gerade benutzt hast. Je mehr sie mit ihrer Theorie an die Öffentlichkeit zu gehen versucht, desto unglaubwürdiger macht sie sich. Deshalb wendet sie sich direkt an andere Opfer, um sie zu warnen, und hofft darauf, dass ein anderes Kind aus dem Koma erwacht und eine Aussage machen kann.«
    »Und warum diese lächerliche Kostümierung mit schwarzem Schleier? Auffälliger geht es ja wohl nicht!«
    »Sie ist eben einfach traurig.«
    »Also ehrlich gesagt, ich glaube, die Frau hat ein psychisches Problem, und zwar ein massives«, entgegnete Maria. »Ihre Theorie, ihre Maskerade und ihr theatralisches Auftreten hier passen perfekt zusammen. Willst du wirklich Erics Leben riskieren und ihm die medizinische Versorgung vorenthalten, die er dringend braucht, nur wegen der Hirngespinste einer vor Trauer kranken Frau? Noch dazu einer Schriftstellerin, die sicher auch so schon eine Menge Phantasie hat?«
    »Soll ich lieber Erics Leben riskieren, indem ich ihre Warnung einfach ignoriere?«, konterte ich. »Ich würde es mir niemals verzeihen, wenn Eric in die Klinik dieses Dr. Ignacius kommt und dort stirbt. Selbst wenn der Arzt gar nichts dafür kann.«
    »Würdest du dich wirklich besser fühlen, wenn er irgendwo anders stirbt?«, fragte Maria schnippisch.
    Bevor ich meiner Empörung über diese Bemerkung Luft machen konnte, mischte sich Emily ein. »Ich glaube, das reicht jetzt! Wir wissen nicht, ob die Theorie dieser Ricarda Heller stimmt. Aber ich bin Annas Meinung: Mit diesem Dr. Ignacius ist irgendwas faul. Ich habe das Gefühl, dass wir ihm nicht trauen können. Und vor allem glaube ich auch, dass er noch einmal wiederkommen wird. So oder so hat Anna recht: Wir müssen hier weg, an einen sicheren Ort. Dort können wir dann immer noch überlegen, was wir tun.«
    »Wo willst du denn hin?«, wollte Maria wissen.
    »Wir fahren nach Steephill«, entschied Emily.
    »Steephill? Wo ist das denn?«, fragte ich.
    »Das ist ein kleines Dorf in den Appalachen. Da bin ich groß geworden. Es wird dir gefallen. Die Gegend ist sehr schön, und vor allem halten die Menschen dort zusammen. Jeder kennt jeden. Wenn es wirklich eine Verschwörung gibt, dann reicht sie mit Sicherheit nicht bis dorthin.« Sie stand auf. »Ich rufe Tante Jo an. Inzwischen könnt ihr beide Eric reisefertig machen.«
    »Aber wir können doch nicht einfach ohne Onkel Paul fahren«, protestierte Maria. »Wir sollten wenigstens warten, bis er von der Arbeit nach Hause kommt!«
    »Ich werde ihn von unterwegs anrufen«, erwiderte Emily. »Er wird es verstehen. Er kann ohnehin nicht einfach so ein paar Tage frei nehmen.«
    Maria machte den Mund auf und zu, fügte sich aber. Zum Glück fuhr Paul immer mit der U-Bahn zur Arbeit, wir konnten also das Auto nehmen.
    Emily ging ins Wohnzimmer, um zu telefonieren. Währenddessen versorgten Maria und ich Eric mit Nahrung und Flüssigkeit und wechselten seine Windel. Wir zogen ihm Jeans, T-Shirt und eine leichte Sommerjacke an, dazu seine Lieblingsturnschuhe. Kurz darauf kam Emily zu uns. »Tante Jo freut sich auf unser Kommen!«, sagte sie.
    Ich griff Eric unter den Achseln und schlang meine Arme um seine Brust. Emily nahm die Füße. Obwohl er eher schmächtig war, gelang es uns nur mit Mühe, ihn die Treppen hinunterzuschleppen und auf die Rückbank des Fords zu wuchten, der zum Glück nicht weit vom Hauseingang entfernt parkte. Und das alles am hellichten Tag. Doch wenn sich jemand über uns wunderte, bekamen wir davon nichts mit.
    Maria und Emily gingen noch einmal in die Wohnung, um Nahrungsbrei und Windeln für Eric zu holen sowie ein paar Kleidungsstücke und Reiseproviant einzupacken. Qualvolle Minuten saß ich neben Eric auf der Rückbank des Ford und starrte voller Sorge auf die Straße, doch kein Polizeiwagen erschien. Endlich kamen die beiden schwer bepackt aus dem Haus. Sie luden meine Reisetasche, einen Koffer, eine Plastiktüte und eine Kühlbox in den Kofferraum.
    Maria steuerte den Wagen durch den dichten Verkehr von Brooklyn, über die Williamsburg Bridge nach Manhattan und dann durch den Holland Tunnel nach New Jersey. Von dort nahmen wir die Interstate 78 nach Westen.
    Als wir Newark hinter uns gelassen hatten, bat Emily ihre Nichte anzuhalten.
    Maria lenkte den Wagen auf den Seitenstreifen. Emily stieg aus, öffnete die hintere Tür und setzte sich auf die Rückbank, so dass sich Eric in der Mitte zwischen uns

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