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Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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also aus Eis. Ich tastete weiter und bemerkte, dass ich auf einer pelzigen Unterlage lag, die einen durchdringenden Gestank absonderte. Ich konnte mir nicht erklären, wie ich hierhergekommen war, aber ohne Zweifel hatten die Götter mir Hilfe geschickt.
    Ich hörte das Kratzen von scharfen Klauen auf Eis und ein tiefes Grunzen. Was immer es war, das diese Geräusche machte, es musste sehr groß sein. Etwas Pelziges berührte mich, legte sich um meine Brust wie eine haarige Schlange. Ich wurde fortgezogen und hing plötzlich kopfüber in der Luft, von einer gewaltigen Faust umklammert.
    Im schwachen, blauen Licht, das durch das Eis weiter oben schimmerte, formte sich allmählich ein Bild meiner Umgebung. Ich befand mich in einer Höhle, so groß wie ein Tempel. Der Bewohner dieser kalten Behausung hielt mich in seiner riesigen Hand, dicht vor dem Gesicht, und starrte mich an. Er war riesig, größer noch als ein Zyklop, und besaß zwei Augen von den Ausmaßen reifer Melonen. Sein pelziges Gesicht hatte keine Nase, dafür aber einen breiten Mund voll dolchartiger Zähne, halb zu einem bösen Grinsen geöffnet. Der Gestank, der mich daraus anwehte, raubte mir den Rest meines Atems. Der Riese war von einem dichten zottigen Pelz bedeckt, der schmutzig weiß oder grau sein mochte – genau konnte ich das in dem schwachen Licht nicht erkennen.
    Ich versuchte mich aus der Umklammerung der riesigen Affenhand zu befreien, doch das Untier umfasste mich nur um so fester und brach mir beinahe die Rippen. Helle Flecken tanzten vor meinen Augen, als ich begriff, dass ich mich getäuscht hatte. Diesen Unhold konnten nicht die Götter geschickt haben. Er musste mich bewusstlos gefunden und in seine Höhle geschleppt haben, um mich später zu fressen.
    Der Riese lockerte den Griff etwas, kurz bevor ich ohnmächtig wurde, und stieß ein Geräusch aus, das wie »Bwah« klang.
    »Lass mich runter!«, rief ich in meiner Verzweiflung. Zu meiner Überraschung setzte mich der Unhold tatsächlich sanft auf dem Eisboden ab. Ich dachte an die Erste Mutter und ihre freundlichen Affenkinder und schöpfte neue Hoffnung.
    Das Wesen holte den Kadaver eines großen Pelztieres aus einer Nische, die es in die Eiswand geschlagen hatte, und warf ihn vor mir auf den Boden. Fäulnisgestank stieg davon auf. Es hob den Kadaver hoch und biss ein großes Stück davon ab, als wolle es mir zeigen, wie man das machte. Dann legte es den Kadaver wieder vor mich auf den Boden.
    Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, großer Freund, aber das hier kann ich nicht essen.«
    Das Wesen sah mich einen Augenblick an – nachdenklich, wie es schien. Dann griff es in ein anderes Fach seiner Vorratskammer und holte eine Handvoll roter Früchte hervor. Sie sahen aus wie Beeren, waren aber groß wie Äpfel. Die äußere Hülle war glatt und ledrig, von einer Art Wachsschicht überzogen, doch es gelang mir, die Schale aufzubrechen und an das zarte Fruchtfleisch zu gelangen. Es schmeckte köstlich. Nach drei ganzen Früchten war ich satt.
    Der Riesenaffe stieß ein zufriedenes »Bwaaah!« aus. Er räumte den Kadaver wieder in das Eisfach und sammelte auch die übrigen Beeren wieder auf.
    Ich wusste nicht genau, ob der Riese mich verstand, doch ich dankte ihm für seine Gastfreundschaft und erklärte ihm, dass ich aufbrechen müsse, um dich zu suchen. Zwar war ich immer noch verletzt, aber die Blutungen waren gestillt, und die Früchte hatten mich gestärkt. Ich trat auf eine Spalte zu, durch die ein frischer Luftzug wehte und hinter der ich den Höhlenausgang vermutete.
    Das Wesen machte einen großen Schritt über mich hinweg und versperrte mir den Weg. »Bwaaah!«, sagte es, und diesmal schien es keineswegs freundlich gemeint zu sein. Dann tat es etwas Seltsames: Es legte sich flach auf den Bauch, so dass es fast die ganze Höhle der Länge nach ausfüllte. »Bwaaah«, machte es erneut.
    Ratlos stand ich neben dem Riesen. Er schien etwas von mir zu erwarten. Aber was? Der Weg zum Ausgang war jetzt frei, aber er würde bestimmt ärgerlich werden, wenn ich erneut zu fliehen versuchte. Ich musste also herausfinden, was er wollte.
    Der Riese sah mich mit seinen großen Augen ruhig an und wartete. Ich betrachtete ihn genauer und entdeckte in seinem dichten Fell eine Bewegung. Dort kroch eine Art Wurm, lang wie mein Arm und ebenso dick.
    Ich packte den Wurm mit beiden Händen. Das Tier wand sich in meinem Griff. Es war ziemlich kräftig. Sein Körper bestand aus Ringen, ähnlich

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