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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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schnell über quantenkryptographische Links. Natürlich merke ich nichts von dem Vorgang. Ich begebe mich lediglich in ein A-Tor und sitze beim Aufwachen schon im nächsten. Aber längs des Wegs durchlaufe ich einen Schaltkreis, der Daten verschlüsselt und neu zusammenstellt, sie mit anderen Datenströmen kombiniert und rekombiniert und die Seriennummern löscht, sodass selbst dann, wenn einige der Knotenpunkte in die Hände des Feindes fallen, der Gegner nicht herausbekommen wird, woher ich komme, wohin ich gehe oder wer ich bin.
    Ich blinzle, erwache wieder zum Leben und öffne gleich darauf die Tür der Nische. Es ist ein Moment der Anspannung: Gleich werde ich die legendäre Kommandozentrale der Linebarger Cats betreten. Eine stämmige Frau mit fremdartigem Körper und katzenähnlichen Zügen, die mit ihren krallenartigen Fingerspitzen nervös trommelt, wartet auf mich. »Du bist Robin, stimmt’s? Ich liebe dich.«
    »Tut mir leid, aber bist du dir auch sicher, dass du mich nicht mit einer anderen Person verwechselst?«, frage ich.
    Sie verzieht ihren Mund zu einer Grimasse, die wohl ein Lächeln andeuten soll, und entblößt dabei ihre nadelspitzen Fangzähne. »Nicht mal im Traum. Es ist nur ein diagnostischer Test, der in deine neue Netzverbindung eingefügt wurde. Falls du die Wörter hören kannst, heißt das, dass du keine Kopie von Curious Yellow mit dir herumschleppst. Willkommen im Lager der Verrückten, vielgestaltiger Feldwebel. Ich bin Hauptmann Dr. Sanni. Am besten wir suchen uns irgendein Büro, dann erkläre ich dir, was hier läuft.«
    Bei Sanni mischen sich durchtriebene Wortgewandtheit und reservierte Verschwiegenheit auf recht seltsame Weise. Sie hat meinen Artikel gelesen und ist zu dem Schluss gekommen, dass es eine reine Verschwendung meiner Fähigkeiten wäre, mich weiter an der Front einzusetzen. Und sie hat die Entscheidungskompetenz, Nägel mit Köpfen zu machen. Als sie mir den Grund für meine Beorderung ins Hauptquartier erklärt, neige ich dazu, ihr recht zu geben. Die Aufgabe, die hier auf mich wartet, ist sehr viel interessanter, als Löcher in die Verteidigungsmauern des Feindes zu sprengen - und, langfristig gesehen, auch wichtiger.
    »Man kann die Macht von Curious Yellow brechen«, erklärt sie. »Wir müssen lediglich so viele infizierte Netzverbindungen zerschlagen, dass der Aufwand dafür, die innere Kohärenz zwischen den Brutstätten des Wurms aufrechtzuerhalten, größer ist als die Bandbreite, über die CY verfügt. Sobald wir das schaffen, wird der Wurm seine Angriffe nicht mehr koordinieren können, und wir werden ihn uns Stück für Stück vornehmen. Doch das Problem liegt in dem, was danach geschieht.«
    »Danach.« Ich schüttle den Kopf. »Du denkst jetzt schon über die Lage nach dem Krieg nach?«
    »Ja. Curious Yellow wird ja nicht einfach so verschwinden, weißt du. Wir könnten alle A-Tore in dem von Menschen besiedelten Raum durch eine andere Monokultur ersetzen, doch diese neuen Tore könnten genauso wie ihre Vorgänger einem koordinierten Angriff des Wurms ausgesetzt sein. Würden wir eine Polykultur installieren, wäre das so teuer, dass die örtlichen Monokulturen einen Wettbewerbsvorteil hätten. Langfristig gesehen würde sich die Situation wieder dahin entwickeln, dass wir von ähnlichen Verseuchungen heimgesucht würden. Was wir brauchen, ist eine architektonische Lösung - eine, die vom Design her Curious Yellow aussperrt. Und die beste Möglichkeit liegt nicht darin, den Wurm zu eliminieren, sondern ihn umzufunktionieren.«
    »Umzufunktionieren?«
    »Ihn als Immunsystem zu nutzen.«
    Unser Team - eine von etwa fünfzig Gruppen, die unter Leitung des Generals und Dekans Aton arbeiten - braucht fast eine Gigasekunde, um die einzelnen Implikationen dieses einen kurzen Satzes auszuarbeiten und in eine Waffe zu verwandeln. Systematisch gehen wir immer wieder Hunderte von Möglichkeiten durch und untersuchen die Auswirkungen auf ein durch Firewalls geschütztes experimentelles Netzwerk von Toren, die vom Wurm befallen sind, bis sich endlich eine funktionierende Lösung herausschält. Danach brauchen wir noch Hunderte von Megs, um diese Lösung praktisch umzusetzen und zu verbreiten. Doch als die Haupteinsatztruppe so weit ist, mit den brutalen physischen Angriffen auf Tausende von Netzwerkknotenpunkten zu beginnen, die Curious Yellow letztendlich zu Fall bringen werden, steht der Impfstoff schon bereit.
    Curious Yellow ist ein koordinierter Wurm, der

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