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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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angespannt. »Falls Fiore oder Yourdon auftauchen, während wir hier unten sind …«
    »… sind wir geliefert«, ergänze ich. Die Magazine haben fast die Form von Bananen und passen nicht besonders gut in die Kisten, aber ich schaffe es, jeweils vier oder fünf darin zu verstauen, ehe ich die Kisten wieder aufs Regal hieve. Janis hat sechs Maschinenpistolen, die immer noch in ihren Gel-Kapseln stecken, vor sich auf einem Stuhl aufgereiht.
    »Hast du auch einen Brief bekommen?«, frage ich.
    »Ja. Und Norm auch.« Über ihren Mann weiß ich nicht viel. »Die preschen jetzt voran. Sobald sie eine regelrechte Polizei auf die Beine gestellt haben und sich nicht mehr darauf verlassen, dass die Isolation die Arbeit für sie erledigt, sitzen wir im Schlamassel.«
    »Da hast du recht.« Ich überlege kurz. »Was ist mit dem Handarbeitszirkel unserer Damen?« Die Idee kam von mir, als ich Robin war, aber Janis hat sie nach außen hin als ihre ausgegeben. Und nach dem einmaligen Treffen mit den Damen, an dem ich als Reeve teilgenommen habe, wird Janis ihnen wohl einiges erklären müssen.
    »Ich hab sie zum Mittagessen hierher eingeladen. Beeil dich!« An diesem Morgen ist sie sehr nervös.
    »Okay, beeil mich ja schon.« Ich stelle die letzten Kisten mit Waffenmagazinen aufs Regal. Niemand würde sie für etwas anderes halten als Boxen, in denen harmlose Computerausdrucke von Curious Yellow-Dateien schlummern … »Ich hab auch Sam eingeladen. Ich glaube, er ahnt, worum es geht.«
    »Oh, gut. Ich hab auch gehofft, dass ihr beide wieder miteinander klarkommt.« Sie lächelt flüchtig. »Lass uns jetzt nach oben gehen. Wir müssen noch eine Bücherei öffnen, ehe wir die Regierung stürzen.«

19
    der große sprung
     
     
     
    AUF FEINHEITEN WIE EIN RAFFINIERT zubereitetes Essen können wir in der jetzigen Situation keine Zeit verschwenden, deshalb bestellt Janis beim Catering Service eines Cafés lediglich Sandwiches. Als der Handarbeitszirkel der Damen eintrifft, der gleichzeitig als revolutionäre Zentralleitung fungiert, schließen wir die vordere Tür ab, hängen das Schild GESCHLOSSEN auf und gehen im Gänsemarsch nach unten.
    »Uns bleibt nur ein Tag, um alles zu organisieren«, erklärt Janis. »Reeve, möchtest du die Lage zusammenfassen?«
    Alle Köpfe drehen sich zu mir um. Angesichts der Mienen glaube ich nicht, dass die Damen mit meiner Anwesenheit gerechnet haben. Ich lächle nur.
    »Dieser Ort hier«, beginnt Janis, »dieses Gemeinwesen, war ursprünglich als ein Glashaus konzipiert, als ein Militärgefängnis. Und das hat leider nur zu gut funktioniert. Es hat die Clique um Yourdon, Fiore und Hanta nämlich auf die Idee gebracht, dass ein Gefängnis nicht nur Menschen einsperrt , sondern gleichzeitig andere Menschen aussperrt . Also haben sie es in das Forschungslabor verwandelt, mit dem wir es jetzt zu tun haben.« Janis deutet auf die Regale an der hinteren Wand, auf denen sich die Kisten stapeln. »Sie arbeiten daran, eine neue Art der Diktatur über Wahrnehmung und Bewusstsein zu errichten, eine Diktatur, die sich mittels Curious Yellow durchsetzt. Zu diesem Zweck wollen sie eine Population von Überträgern heranzüchten. Am Ende des für diesen ›Versuch‹ abgesteckten Zeitrahmens sollen alle ›Versuchspersonen‹ wieder in die allgemeine Gesellschaft eingegliedert werden. Sie wollen eure Kinder dazu benutzen, ihr Projekt zu verbreiten.« Ich sehe, dass Janis ihre Hand unbewusst auf den Bauch legt. »Wollt ihr denen dabei helfen?«
    Allgemeines Gemurmel, das schnell lauter wird. »Nein!«
    »Freut mich, das zu hören«, bemerkt Janis trocken. »Allerdings wirft das sofort die Frage auf, was wir dagegen unternehmen können. Reeve und ich haben uns bemüht, eine Antwort darauf zu finden. Hat jemand Lust zu raten?«
    Sam streckt die Hand hoch. »Ihr habt vor, das Langstrecken-Tor aus seiner Verankerung zu sprengen«, sagt er gelassen, »damit wir Teraklicks vom nächsten anderen Gemeinwesen abgeschnitten sind. Und dann wollt ihr die Verbrecherclique zur Strecke bringen und erschießen, ihre Back-up-Netzwerke dingfest machen und vom Netz abkoppeln. Um danach auf den rauchenden Trümmern herumzutanzen.«
    Janis lächelt. »Nicht schlecht! Sonst noch jemand?«
    El meldet sich. »Wahlen abhalten?«
    Janis wirkt überrascht. »Etwas in dieser Richtung, nehme ich an.« Sie zuckt die Achseln. »Aber diese Diskussion ist ein wenig verfrüht, nicht? Was hab ich vergessen zu erwähnen?«
    Ich räuspere mich.

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