Glashaus
nein?«
»Ich glaube nicht.« Die nächsten Worte wähle ich mit Bedacht. »Das hier ist ein überwachtes Experiment. Wenn du die Vereinbarungen durchliest, wirst du feststellen, dass wir unsere Grundrechte nicht abgetreten haben. Die müssen eingreifen, wenn etwas böse aus dem Ruder läuft.«
»Schöner Trost«, erwidert sie. Ich sehe sie scharf an.
»Hört mal, jede von uns muss sich einen ›Gatten‹ wählen«, wirft Angel ein. »Und wer zuletzt kommt, hat keine große Auswahl mehr, sondern muss mit dem Mann vorliebnehmen, den die anderen - aus welchen Gründen auch immer - nicht wollen.« Mit reservierter Miene sieht sie erst Cass, dann mich an. »Bis nachher also.«
Ich sehe Cass eindringlich an. »Vorhin hast du diese Eisdämonen erwähnt …«
»Ach, vergiss es!« Sie schneidet mir das Wort mit einer Handbewegung ab. »Vielleicht hat Jen es richtig gemacht«, setzt sie mit bedrückter Stimme nach.
»Hast du früher jemanden gekannt, der bei diesem Experiment mitmachen wollte?«, frage ich unvermittelt und möchte mir gleichzeitig auf die Zunge beißen.
Cass mustert mich mit finsterem Blick. »Selbstverständlich nicht, sonst hätten die mich doch gar nicht zugelassen.« Betont langsam wendet sie den Blick ab. Als ich ihrem Blick folge, fällt mir in einer Ecke ein unauffälliges schwarzes halbrundes Gehäuse auf, das an der Zimmerdecke angebracht ist. Cass strafft die Schultern. »Wir mischen uns wohl besser unter die anderen.«
»Falls dir diese Paarbildung und das, was sich daraus ergibt, zu schaffen macht, spricht doch nichts dagegen, dass wir uns für einige Diurn eine Wohnung teilen«, biete ich ihr mit klopfendem Herzen und schweißnassen Händen an. Bist du wirklich Kay, Cass? Ich bin mir fast sicher, dass sie es ist, aber nicht an einem Ort reden will, wo wir möglicherweise überwacht werden. Und falls ich frage und sie es nicht ist, gehe ich das Risiko ein, den unbekannten Jägern meine Identität preiszugeben - falls mir jemand bis hierher gefolgt ist.
»Ich glaube nicht, dass die uns das erlauben würden«, erwidert Cass vorsichtig. Sie deutet mit dem Kinn leicht in meine Richtung und danach zu den anderen hinüber, die sich mittlerweile recht laut unterhalten. »Sollen wir rübergehen und mal nachsehen, mit wem sie uns verkuppelt haben?«
Drüben angekommen, stellen wir fest, dass Jen das Eis gebrochen hat, indem sie auf einem Wettstreit aller Männer bestanden hat. Sie sollen Jen ihre Vorzüge dadurch beweisen, dass sie ihr ein Getränk einschenken und auf elegante Weise überreichen. Selbstverständlich ist Jen inzwischen stockbetrunken und kichert ständig. Offenbar hat sie sich Chris auserkoren, den Mann aus der hintersten Reihe. Dem sind ihre Mätzchen zwar leicht peinlich, glaube ich, doch er kann ihr nicht entkommen, denn Alice und Angel konzentrieren sich auf die drei anderen und überlassen ihn Jens Klauen. Der Große, Sam, lehnt steif an der Wand und sieht fast verlegen zu Cass hinüber. Ich werfe Cass, die hinter mir geblieben ist, einen Blick zu, zucke innerlich die Achseln und gehe, an der laut schnatternden Jen vorbei, auf Sam zu.
»Die bringt die Party in Schwung«, bemerke ich und neige den Kopf in Jens Richtung.
»Äh … ja.« Sein Glas ist leer, und er wippt leicht hin und her. Vielleicht tun ihm die Füße weh. Sein Gesichtsausdruck ist schwer zu deuten, denn die dichte schwarze Behaarung rund um seinen Mund verbirgt einen Teil der Gesichtsmuskeln, aber er wirkt keineswegs glücklich. Eigentlich eher so, als würde er vor Erleichterung lächeln, wenn sich der Boden unter ihm auftäte, um ihn zu verschlingen.
»Hör mal.« Als ich seinen Arm berühre, spannt er sich, wie erwartet, an. »Kommst du bitte mal einen Augenblick mit?«
Er lässt zu, dass ich ihn von diesem Menschenschwarm wegführe, der gerade versucht, sich durch den sozialen Asteroidengürtel zu manövrieren.
»Was hältst du von dieser abgekarteten Sache?«, frage ich leise.
»Sie beunruhigt mich.« Sein Blick huscht zwischen mir und den Ausgängen hin und her. Er schätzt die Entfernung ab.
»Na ja, mich beunruhigt das auch. Cass ebenfalls.« Ich deute mit dem Kinn auf die Gruppe gegenüber. »Und selbst Jen, glaube ich.«
»Ich hab einen Teil der Hintergrundinformationen gelesen.« Er schüttelt den Kopf. »Das hier ist nicht so, wie ich es erwartet habe. Und auch das …«
»Nun ja.« Meine Lippen sind so trocken, dass ich einen Schluck Wein trinke (und Sam dabei abschätzend betrachte). Er
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