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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Abhandlungen zu diesem Thema gespeichert sind, die die dunkle Epoche überlebt haben.«
    »Okay, also bilden wir diese … äh … Kernfamilien «, ruft eine Frau aus der hinteren Reihe. »Was müssen wir sonst noch wissen?«
    Fiore zuckt die Achseln. »Nichts, im Augenblick. Außer«, plötzlich fällt ihm noch was ein, »dass Sie mit den medizinischen Beschränkungen der dunklen Epoche leben müssen. Denken Sie daran! Ein Unfall kann Sie das Leben kosten. Oder, noch schlimmer: Vielleicht tragen Sie dauerhafte Schäden davon. Während des Experiments haben Sie keinen Zugang zu Assemblern. Und Sie versuchen auch besser nicht, Ihre Körper zu verändern; die hier existierende medizinische Technologie ist, der Zeit entsprechend, recht primitiv. Außerdem werden Sie ab sofort keinen Zugang mehr zu Ihren Netlinks haben.«
    Sofort probiere ich meinen Zugang aus, doch es tut sich nichts. Einen Moment lang gerate ich in Panik und frage mich, ob ich plötzlich taub bin, bis mir klar wird: Er sagt die Wahrheit! Hier existiert überhaupt kein Netzwerk!
    »Ihre Netzverbindungen werden Ihnen lediglich den Punktestand für soziales Verhalten vermitteln, nichts sonst. Zwar gibt es hier ein primitives Kommunikationsnetz zwischen verkabelten Terminals, aber wir gehen nicht davon aus, dass Sie es benutzen werden.
    Draußen haben wir ein Büffet für Sie vorbereitet. Ich schlage vor, dass Sie sich erst einmal miteinander bekannt machen. Später sollte jeder einen Partner wählen und durch diese Tür hinausgehen. Sie gelangen von dort aus zu der Wohnung, die Sie während des Experiments beziehen werden.« Er deutet auf eine Tür auf der anderen Seite der weißen Wand. »Denken Sie daran, Ihre Slates mitzunehmen, damit Sie die Einführung in die Gesellschaft der dunklen Epoche im Schnelldurchlauf lesen können.« Er sieht sich kurz im Vortragsraum um. »Falls es keine weiteren Fragen gibt, gehe ich jetzt.«
    Hinten strecken sich einige Hände hoch, aber ehe irgendjemand das Wort ergreifen kann, dreht er sich um und taucht durch die Tür ab, durch die er hereingekommen ist. Ich sehe die Rothaarige an.
    »Ha, ich schätze, das war’s«, sagt sie. »Was jetzt?«
    Ich blicke zu dem großen Kerl hinüber. »Was meinst du dazu?«
    Er steht auf. »Ich meine, wir sollten tun, was er gesagt hat, und etwas essen«, erwidert er langsam. »Und reden. Ich bin Sam. Wie heißt du?«
    »R… Reeve.« Ich stolpere über den Namen, den ich laut Instruktion meines Slate gebrauchen soll. »Und du«, ich schaue den Rotschopf an, »bist …?«
    »Du kannst mich Alice nennen.« Sie steht auf. »Kommt schon. Mal sehen, wer sonst noch hier ist. Wir müssen uns doch kennenlernen.«

    Vor dem Vortragsraum sind zwei lange Tische aufgebaut, beladen mit kalten Häppchen, Obst, »Käse« - das sind streng riechende Brocken aus irgendeiner geronnenen Substanz, die ich nicht identifizieren kann - und Weingläsern. Wir sind fünf Frauen und fünf Männer und teilen uns zu beiden Seiten des Raums in zwei lose Grüppchen auf, die an den beiden Tischen herumstehen. Zu den Frauen gehören außer dem Rotschopf Alice noch Angel (dunkle Haut, krauses Haar), Jen (rundes Gesicht, hellblondes Haar, mit noch mehr Kurven ausgestattet als ich) und Cass (glattes schwarzes Haar, kaffeebraune Haut, ernst blickende Augen). Wir alle wirken so, als fühlten wir uns ein bisschen unbehaglich, und bewegen uns sprunghaft und ruckartig, denn unsere neuen Körper und die hässlichen Klamotten machen uns nervös. Die Gruppe der Männer besteht aus Sam (den ich schon kennengelernt habe), Chris (der dunkelhäutige Mann aus der letzten Reihe), El, Fer und Mick. Ich versuche, sie anhand der Farbe ihrer Anzüge und Halsgebinde auseinanderzuhalten, doch das ist schwierig. Wegen des kurzen Haars sehen sie einander zwangsläufig ähnlich, fast so wie Insekten. Es muss wohl eine Epoche des ausgeprägten Konformismus gewesen sein, denke ich.
    »Also gut.« Alice sieht sich in unserer kleinen Gruppe um, lächelt, nimmt einen gelblichen »Käse«-Würfel von ihrem Teller aus Pappmaché und kaut nachdenklich darauf herum. »Was machen wir jetzt?«
    Angel holt ihren Slate aus einer kleinen Tasche, die sie am Arm hängen hat. Falls man mich auch mit einer solchen Tasche ausgestattet hat, ist es mir jedenfalls nicht aufgefallen. Innerlich gebe ich mir dafür einen Tritt in den Hintern. »Hier ist eine Leseliste«, erklärt sie und tippt die Titel sorgfältig nacheinander an. Über ihre Schulter sehe ich zu,

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