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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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wie während des Scrolls Kopien uralter Manuskriptseiten auftauchen. »Da ist schon wieder dieses seltsame Wort. Was ist eine Gattin ?«
    »Ich glaube, das weiß ich«, sagt Cass. »Hat mit dieser … äh … Familiensache zu tun. An der waren nur zwei Menschen beteiligt, die, räumlich gesehen, eng aufeinander hockten. Den weiblichen Teil nannte man Gattin und den männlichen Gatten . Sie hatten auch eine sexuelle Beziehung miteinander, wenn man diese Gesellschaft irgendwie mit der von Eisdämonen vergleichen kann.«
    »Wir sollten nicht über die Außenwelt reden«, wirft Jen peinlich berührt ein.
    »Aber wenn wir’s nicht tun, haben wir keine Bezugspunkte für das, was wir verstehen möchten und wo wir zu leben versuchen, oder?«, entgegne ich und bekämpfe den Drang, Cass anzustarren. Bist du das da drin, Kay? Vielleicht ist es ja nur Zufall, dass sie etwas über die Eisdämonen weiß. Als man diese Wesen vor etwa zwei Gigasekunden entdeckte, waren sie überall im Gespräch. Kann aber auch sein, dass Kay die Aufmerksamkeit der bösen Buben auf sich gezogen hat und sie mir einen Kopfjäger hinterhergeschickt haben, der mit allem ausgerüstet ist, was sie Kays Schädel haben entlocken können. Als Köder für mich …
    »Ich würde gern wissen, woher die Versuchsleiter diese Bücher haben«, sage ich. »Seht mal, hier sind jeweils nur das Erscheinungsjahr und die ungefähre Auflage genannt. Daraus können wir schließen, dass diese Bücher weit verbreitet waren. Aber ob sie das Gesellschaftssystem jener Epoche auch akkurat beschreiben, ist eine ganz andere Frage.«
    »Wen interessiert’s?«, erwidert Jen barsch, greift nach einem Glas und schenkt sich aus einem gläsernen Krug strohfarbenen Wein ein. »Ich werde mir jetzt einen ›Gatten‹ suchen und mich mit den weiteren Einzelheiten später befassen.« Sie grinst und leert das Glas auf einen Zug.
    »Welchen Diurn haben wir überhaupt?« Cass, die mit dem primitiven Interface des Slates kämpft, runzelt die Brauen. Die Instruktionen auf dem Slate kommen einem Handbuch noch am nächsten, sonst haben wir ja nichts, wird mir plötzlich klar. »Aha«, sagt Cass. »Wir haben den fünften Tag einer Woche , und der heißt Donnerstag . Die Woche hat sieben Tage. Und wir sollen uns am ersten Wochentag treffen, in etwa zweihundertfünfzig Kilo…, nein, in drei Tagen.«
    »Na und?« Jen schenkt sich Wein nach.
    Cass sieht nachdenklich vor sich hin. »Wenn wir deren Familienstruktur nachahmen sollen, müssen wir vermutlich damit anfangen, Paare zu bilden und die Unterkunft zu beziehen, die sie uns zugeteilt haben. Was man von uns erwartet, können wir bestimmt leichter herausfinden, sobald wir uns einen Tag lang mit diesen Notizen befasst und einander näher kennengelernt haben. Außerdem werden wir dann sicher auch merken, ob dieses Paar-Arrangement funktionieren kann.«
    Mit dem Glas in der Hand schlendert Jen zu dem Männergrüppchen auf der anderen Seite des Raums hinüber. Angel fuchtelt mit ihrem Slate herum, dreht und wendet ihn und wirkt dabei leicht verunsichert. Alice verspeist derweil einen weiteren Käsewürfel. Mir wird fast schlecht beim Zusehen - das Zeug schmeckt widerlich. »An die Vorstellung, mit jemandem zusammenzuleben, hab ich mich noch nicht gewöhnt«, sinniere ich.
    »Ist eigentlich gar nicht so schlimm«, erwidert Cass und macht sich selbst mit einem Nicken Mut. »Aber die haben schon eine ziemlich unvermittelte, willkürliche Methode gewählt, die Sache in Gang zu bringen.«
    Alice legt ihr beschwichtigend eine Hand auf den Arm. »Die sexuelle Beziehung wird ja nur stillschweigend vorausgesetzt. Wenn du einen Gatten gewählt hast, mit dem du nicht klarkommst, kannst du dir bei dieser Versammlung in der Kirche bestimmt einen anderen suchen.«
    »Vielleicht.« Cass löst sich von Alice und blickt nervös zur Männergruppe hinüber. Die einzige Frau, die sich ihr bislang angeschlossen hat, lacht laut, als zwei Männer ihr Wein nachschenken wollen. »Vielleicht auch nicht.«
    Alice sieht unzufrieden aus. »Ich geh mal nachsehen, was sich da drüben tut.« Sie dreht sich um und stakst zur anderen Gruppe hinüber, sodass nur noch Cass, Angel und ich zurückbleiben. Angel ist damit beschäftigt, durch den Text auf ihrem Slate zu scrollen, und wirkt völlig weggetreten, während Cass einfach nur beunruhigt aussieht.
    »Kopf hoch, so schlimm kann’s ja gar nicht sein«, beruhige ich sie automatisch.
    Sie zittert und schlingt die Arme um sich. »Ach

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