Glashaus
würde, wenn sie jetzt zu ihm trat um ihm tröstend den Arm um die Schulter zu legen.
Aber Sascha blieb regungslos in der Tür stehen und ließ ihre Blicke unbestechlich über das Chaos gleiten, das seine Schüsse in der Küche angerichtet hatten.
Als er an ihr vorbei durch das zerschossene Fenster über die von Sirenen zerrissene und von dunklen Rauchwolken belagerte Stadt sah, war es als blickte er durch ein Schlüsselloch direkt in ein beunruhigend unübersichtlichen Abgrund aus Chaos, Zorn und Angst.
Wortlos stand er auf, trat zum Küchenschrank, suchte Lappen und Öl hervor und begann sorgsam und methodisch Teddys Waffe zu putzen.
Boyle wusste, dass die einzige begründete Hoffnung, die der Stadt, in der sie lebten, jetzt noch geblieben war, darin bestand, dass sich in ihr ab und zu für ein paar kostbare Augenblicke die Anzahl der Monster mit denen der Unschuldigen so ungefähr die Waage hielten.
-Ende-
Nachwort
Der Arbeitstitel dieses Romans lautete „Made in Germany“. Nur aus dem Grund, dass man einen deutschen Kriminalroman verfasst von einem gewissen David Gray mit dem Titel “Made in Germany“ zu leicht mit einer englischsprachigen Veröffentlichung verwechseln könnte, hat mich davon abgehalten diesen Titel auch weiterhin beizubehalten.
Ich will erläutern, weshalb ich dazu kam den vorliegenden Roman ausgerechnet „Made in Germany“ nennen zu wollen.
Vor mittlerweile mehr als 60 Jahren startete die damalige Bundesrepublik Deutschland ein breit angelegtes Programm zur Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften. Die ersten dazu notwendigen internationalen Abkommen wurden mit der damaligen italienischen Regierung in Rom geschlossen, doch folgten bald darauf auch weitere ähnliche Vereinbarungen mit den Regierungen Portugals, Spaniens, Griechenlands und der Türkei, aber auch aus bestimmten Teilen des ehemaligen Jugoslawien zog es Tausende von jungen Männern nach Deutschland um sich hier ihr ganz persönliches Stück vom großen bundesdeutschen Wohlstandskuchen „abzuschneiden“
Diese Gastarbeiter aus dem Süden und Südwesten Europas haben seither einen unschätzbaren Beitrag zur kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands erbracht, der damals wie heute höchstens einmal in irgendwelchen Sonntagsreden entsprechend gewürdigt wird.
Und die von Zeit zu Zeit aufflackernden Zusammenstöße zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen zeigen bis heute immer wieder, wie halbherzig ein halbes Dutzend bundesdeutscher Regierungen bislang mit der Würdigung und Anerkennung der Beiträge, welche diese Männer und Frauen für Deutschland leisteten, umgegangen sind. Nicht umsonst gestehe ich es ausgerechnet dem Yugo-Paten Nicolas Premuda in meinem Roman zu, sich in einigen Dialogzeilen bitter zynisch über diese Versäumnisse unseres Landes an seinen Gastarbeitern zu beschweren, wenn er behauptet: „Dreißig Jahre habt ihr die Welt mit nem Supermarkt verwechselt, aus dessen Regalen man Leute greifen kann wie Fertigreis. Ihr habt ihre Väter und Großväter hergeholt und in eure Fabriken gesteckt, aber danach wolltet ihr einfach vergessen, dass sie, wenn sie schon hier bleiben, irgendwann auch Familien und Kinder haben werden, um die sich irgendeiner kümmern muss. Oder, wenn man sich schon nicht um sie kümmert, ihre Art zu leben dann wenigstens anerkennen muss.“
Ich bin Romanautor, kein Soziologe oder Politikwissenschaftler. Es gehört zu meinem Beruf meine Leser mit meinen Geschichten nicht nur gut zu unterhalten, sondern von Zeit zu Zeit auch auf Missstände innerhalb der Gesellschaft, in der ich lebe, hinzuweisen. Dabei muss mir ein gewisses Maß an kalkulierter Provokation und Übertreibung gestattet sein. Zumal ich in Bezug auf diese zugespitzte Analyse Premudas zum Zustand der zweiten und dritten Gastarbeitergeneration gar nicht einmal so sicher bin, wo die kalkulierte Provokation aufhört und die bittere Realität beginnt.
Ich habe aber meine Geschichte auch sehr bewusst vor dem 11. September 2001 angesiedelt. Da es mir damit um eines gerade nicht ging, irgendeinen Beitrag zur derzeit tobenden Religions-und Wertedebatte zu liefern. Für mich hat Younas Aris harter Wüstengott genauso seine Berechtigung in einer freien Gesellschaft wie Bellinis Überzeugung davon, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung sein kann, wenn es ausgerechnet in einem Polizeihauptquartier vor allem nach Angst vor der Angst riecht. Ich kann zwar Younas Selbstjustiz nicht gut
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