Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
Vom Netzwerk:
wegen des Koksdeals anklagen. Stiller war tot und Becker neutralisiert.
    Als er den Fahrer bezahlte und vor seinem Haus aus dem Wagen stieg, vermied er das Plakat mit seinem lächelnden Gesicht am Bauzaun gegenüber anzusehen.
    Es gab Dinge, die nach dieser Nacht, noch weniger zu ertragen waren als zuvor.
    Tommy Graf war tot, einem Mann namens Ryschkow hatte man in einem Kühlhaus sein Herz zu Füßen gelegt und Premuda hatte sich zum wahrscheinlich ersten und einzigen Mal in einem Mann getäuscht, den er in der Tasche zu haben glaubte.
    Boyle hatte in Aziza Aris Augen gesehen, nachdem sie vorhin das Vernehmungszimmer verlassen hatte. Boyle mochte tatsächlich kein Killer sein - doch hatten weder Premuda, noch Halif oder Becker jemals ernsthaft mit Aziza Aris gerechnet. Wie lange es auch immer dauern würde und wie immer sie es auch anstellte – Boyle zweifelte nicht daran, dass für Halif Kahn von heute Morgen an die Uhr schneller zu ticken begonnen hatte. Und Boyle hatte Younas Aris die Gelegenheit dazu gegeben, Aziza auf Halif anzusetzen.
    Objektiv betrachtet hatte er keinen Grund für irgendwelche Ängste. Doch Boyles Sicherheit beruhte nur auf einem fragilen Gleichgewicht, das jederzeit wieder verloren gehen könnte. Und vielleicht war es nur noch eine Frage von Stunden, bis Halif Kahn irgendwo in Istanbul zu einem Telefon griff und in Sierra Leone oder Nigeria oder sonst wo am Arsch der Welt einen kleinen schwarzen oder gelben oder roten oder grünen Kindersoldaten bestellte, dem man auf irgendeinem Flughafen Boyles Bild zeigte und dann eine Waffe aushändigte.
    Boyle fiel wie ein Toter im Wohnzimmer auf die Couch. Alles, was er jetzt noch empfand war eine unendlich lähmende Müdigkeit, von der er glaubte nie wieder herauftauchen zu wollen.
    Weder hörte er die Rufe der Demonstranten um den Bahnhof, noch registrierte er später etwas von den ersten fliegenden Pflastersteinen und Molotowcocktails in der Innenstadt, und dass ihm Stunden später eine weiche Hand sanft über das Gesicht strich, nahm sein Hirn für Teil eines Traumes. Doch es war kein Traum. Etwas brachte ihn dazu die Augen aufzuschlagen.
    „ Ich wollte nach Hause fahren. Sie haben mich nicht durchgelassen. In der City ist die Hölle los. Im Radio sprechen sie von den schlimmsten Unruhen seit dem Krieg. Es hat Schwerverletzte gegeben. Sie denken laut darüber nach eine Bundeswehreinheit einfliegen zu lassen. In den Ghettos, draußen vor der Stadt, haben die Kids begonnen Barrikaden zu bauen.“
    Die Berührung ihrer Hand auf seinem Gesicht. Ihr Aroma aus Wärme, Sex und so etwas wie einer Spur kalten Zigarettenrauches.
    „ Ich habe noch nie solche Angst gehabt, Boyle.“
    Ihre Augen mit diesem eigenartigen Stich ins Gelbliche sahen ihn mit einem Ausdruck an in dem; im Gegensatz zu ihren Worten; erstaunlicherweise keine Spur von Angst zu erkennen war.
    „ Ich kann bleiben oder wieder gehen“, flüsterte sie und zog ihre Hand zurück.
    „ Würdest Du wiederkommen?“
    „ Nicht so, wie ich heute gekommen bin. Alles hat Grenzen.“
    Er dachte keinen einzigen Augenblick darüber nach.
    „ Dann bleib.“
    Er legte ihr die Arme um den Hals und zog sie zu sich auf die Couch. Als sie ihn zu küssen versuchte hielt er sie zurück.
    „ Ich muss Dir etwas sagen: Wahrscheinlich habe ich heute Morgen irgendwie einen Mann getötet. Außerdem könnte es sein, dass ich seit letzter Nacht ganz oben auf Premudas Abschussliste stehe. Halif Kahn weiß, dass ich dafür gesorgt habe, dass er in große Schwierigkeiten geraten ist und Becker im Präsidium würde keinen Finger rühren, um mir zu helfen, wenn irgendeiner von denen ernst machen sollte.“
    Sascha bedachte ihn mit einem Blick, der ihn - weshalb auch immer - an Bellini erinnerte.
    „ Und was ist die gute Nachricht?“
    „ Ich hab ein paar hunderttausend Franken auf einer Schweizer Bank gebunkert.“
    Saschas Blick blieb unergründlich. Vielleicht hatte sich Boyle mehr von seiner Eröffnung erwartet. Andererseits spielte es von dem Moment ab, da sie ihre Bluse aufzuknöpfen begann auch keine Rolle mehr.

    17 Uhr 03. Younas war erstaunt darüber, dass er so wenige Stunden nach seiner Überstellung in die Haftanstalt bereits Besuch empfangen sollte. Der Anwalt, dachte er. Doch der Mann, der ihn in dem kahlen Raum hinter der Stahltür erwartete, sah ganz und gar nicht wie ein Anwalt aus.
    „ Mein Name ist Teddy Amin. Vielleicht hast Du irgendwo schon mal von mir gehört“, sagte Teddy und wies Younas

Weitere Kostenlose Bücher