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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hatten sie eine lange Nacht hinter sich. Doch keiner von ihnen wollte sich jetzt schlafen legen. Die Ereignisse, mit denen sie seit gestern Abend konfrontiert worden waren, zerrten an den Nerven. Linkohr hatte sich vom Notarzt die Genehmigung eingeholt, mit in die Helfenstein Klinik fahren zu dürfen, wo Katrin Fellhauer versorgt wurde. Sie war körperlich unversehrt, jedoch psychisch erschöpft, hatten die ersten Untersuchungen ergeben. Als sie kurz nach 8 Uhr nach einer Krankenschwester verlangte, durfte Linkohr mit ans Krankenbett. Er stellte sich ruhig vor und erklärte, dass er nicht lange stören wolle. »Nur für fünf Minuten«, flüsterte die Krankenschwester und verließ den Raum wieder. Linkohr nickte ihr dankend zu und zog den Besucherstuhl ans Bett, das das einzige im Zimmer war. »Sie brauchen keine Angst mehr zu haben. Sie sind hier in Sicherheit«, begann der junge Kriminalist und überlegte, wie sich Häberle in so einer Situation benommen hätte. Er sah in unruhige, gerötete Augen.
    Katrin Fellhauer hatte sich bis zum Hals zugedeckt. »Das sagen Sie so leicht«, gab sie mit schwacher Stimme zurück. Ihr Blick ging an Linkohr vorbei ins Leere. »Aber ich hab sie nicht umgebracht.«
    Linkohr blinzelte verständnisvoll, während Katrin die Augen schloss. »Warum hat sie kommen müssen? Warum hat sie sich eingemischt?«
    Linkohr ließ eine halbe Minute verstreichen. »Sie meinen Sabine?«
    Katrin nickte zaghaft. »Sie hat geglaubt, Volker hätte Werner umgebracht. Dann hat sie gedroht – ja, sie hat gedroht, zur Polizei zu gehen. Dann hat er sie … sie …«, die Frau begann zu schluchzen, »vor meinen Augen erstochen.«
    Linkohr blieb ruhig. »Und danach hat er Sie gezwungen, mit ihm mitzugehen?«
    Wieder nickte Katrin. »Es war schrecklich.« Sie öffnete ihre verweinten Augen. »Es war so furchtbar. Er hat gesagt, in zwei, drei Tagen könnten wir für immer verschwinden.«
    Linkohr besah sich das Bild eines bunten Sommerblumenstraußes, das über dem Bett hing.
    »Er hat in diesem Loch, in diesem schrecklichen Dreckloch ein Lager vorbereitet. Für solche Fälle. Für den Fall, dass er schnell verschwinden muss. Dann wäre er dort sicher, hat er gesagt.« Sie brach wieder in ein Schluchzen aus, und Linkohr rückte den Stuhl noch näher heran. »Und Werner … ich mein, wieso haben Sie Werner …?«
    Sie wurde von Weinkrämpfen geschüttelt und schluchzte so laut, dass die Krankenschwester vorsichtig in das Zimmer schaute. »Ich glaube, es reicht«, sagte sie bestimmt. Linkohr deutete ihr mit einer Handbewegung an, dass er noch einen Moment brauchte. »Ich bin gleich so weit.«
    »Maximal noch zwei Minuten«, entschied die resolute ältere Schwester und schloss energisch die Tür.
    »Werner!«, entfuhr es der Frau im Krankenbett. Über ihre Wangen rannen dicke Tränen. »Werner war ein Schwein. Ein Dreckschwein.« Sie wollte es laut und energisch sagen, doch es kam schwach und zaghaft. »Er war ein Schwein – er hat Flippi auf dem Gewissen. Dass er es war, hat mir Volker erst jetzt gesagt.«
    »Erst jetzt?«, zeigte sich Linkohr interessiert.
    Sie nickte kaum merklich. »Als er wieder mit mir Kontakt aufgenommen hat – an Ostern. Keine ruhige Minute sollte er mehr haben. Keine. Das hab ich mir geschworen.« Sie meinte Werner.
    Linkohr wurde schlagartig bewusst, was dies bedeutete. Sie hatte ihn fortan offenbar terrorisiert. Ihm fielen die merkwürdigen kurzen Anrufe ein, die sie bei Heidenreichs Anschluss registriert hatten. Von Telefonzellen. Sie also war das gewesen.
    Der junge Beamte schwieg, während Katrin in sich hineinschluchzte und sich die Tränen mit der Zudecke aus den Augen wischte. »Und dann war mir klar, wem der Knopf gehört hat, den wir in dieser Halle damals gefunden haben.« Wieder übermannte sie ein Weinkrampf. »Der Knopf. Ich hab ihn über die Jahre aufbewahrt. Sie haben Flippi einfach liegen lassen. Erschossen wie einen tollwütigen Hund. Wir haben damals einen Arzt gerufen, anonym – aber für Flippi war es zu spät.«
    Linkohr wollte nicht weiterfragen. Er hätte auch keine Chance gehabt, denn die gestrenge Krankenschwester hatte das Zimmer wieder betreten.

57.
    Häberle hatte sich durchgesetzt und den Kollegen, die die ganze Nacht unterwegs gewesen waren, einen halben Tag Ruhe verordnet. Er selbst gönnte sich ein paar Stunden Schlaf, genoss dann am späten Mittag ein Frühstück, das ihm seine Ehefrau Susanne auf der Terrasse servierte, und ließ die

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