Glasklar
hinabsteigen.
»Dass da viel kaputt gemacht wird«, fuhr Alfred fort, »das ist doch bekannt. Ich weiß nicht, ob du es gelesen hast, aber erst kürzlich wurde beim Bau der ICE -Strecke zwischen Erfurt und Nürnberg so ein Hohlraum einfach mit Beton verfüllt – am Blessbergtunnel.«
Joachim musste eingestehen, davon nichts gehört zu haben. Er wechselte deshalb das Thema: »Aber was es mit diesem Höhlenforscher auf sich hat, den Werner hinzugezogen hat, weißt du nicht?«
»Keine Ahnung. Aus Österreich soll er sein und sich angeblich mit dem Tunnelbau in Karstgebieten auskennen. Angeblich hat er auch Kontakte zu den Kahlensteiner Höhlenfreunden.«
Erneut wurde das Gespräch unterbrochen. Eine leicht geschürzte junge Frau verlangte nach einer Modezeitschrift. Die beiden Männer grinsten sich an, was die Kundin offenbar bemerkte und errötete. »Heut wird es richtig heiß«, meinte Alfred, ohne sich in diesem Augenblick bewusst zu sein, dass dies als Anspielung auf die Shorts aufgefasst werden konnte. Die Kundin überspielte dies mit einem knappen »Ja, endlich mal richtig Sommer«, und zählte ihr Münzgeld auf den als Unterlage benutzten Stapel von ›Bild‹-Zeitungen, auf denen die Schlagzeile ›Wie doof sind die denn?‹ ins Auge sprang – in Anspielung auf die in den ARD -Tagesthemen verwechselten Farben der Deutschlandfahne. Nachdem sie gegangen war, knüpfte Alfred an seine Schilderungen an: »Kahlensteiner Höhlenfreunde. Kennst du doch, oder?«
»Ja, natürlich. Die Jungs, die hier überall die Höhlen erforschen.« Joachim hatte viel darüber in der Zeitung gelesen.
»Er hat vorgestern mächtig damit angegeben, wie er sich in der Laierhöhle auskennt und dass er schon ganz unten gewesen sei, am Lehmsee, wie das heißt – und im Hindukusch.« Alfred musste eine Schachtel Camel und den ›Spiegel‹ verkaufen und fuhr dann fort: »Aber wenn ihr erfahren wollt, wer der geheimnisvolle Österreicher ist, dann fragt doch bei dem Höhlenverein nach. Die müssen doch wissen, mit wem sie es zu tun haben.«
Joachim nickte. Er wollte nicht sagen, dass sie den Namen natürlich kannten. »Aber jetzt mal ehrlich, Alfred«, wollte er das Gespräch beenden. »Wem – wenn überhaupt – würdest du zutrauen, den Werner umgebracht zu haben?«
»Keinem von uns«, kam es zurück. Alfred wollte gerade den Mund aufmachen, als eine korpulente Dame hereinstürmte und »Wie immer« murmelte, worauf sie eine Schachtel HB erhielt, bezahlte und wieder in der Ladenpassage weitereilte. »Keinem von uns würde ich das zutrauen«, stellte Alfred Pettrich klar.
Joachim überlegte, ob er einen Einwand vorbringen sollte. Es war nur so ein Gefühl und entbehrte jeglicher Grundlage, wie er sich eingestand, doch merkwürdig erschien es ihm trotzdem. Deshalb entschloss er sich, es auszusprechen. »Dass Werner bei der Steuerfahndung war – und unser Erich Neusser ebenfalls so was Ähnliches macht, wird wohl ein Zufall sein?«
Alfred wirkte unentschlossen. Seine Gesichtszüge wechselten von ernst zu amüsiert. »Du meinst, der eine bringt den anderen um, weil er zu viel weiß?«
»So hab ich das nicht gesagt«, trat Joachim den Rückzug an. »Genauso gut könnte als Nächster Erich in irgendeine Schusslinie geraten.«
Alfred wurde wieder ernst. »Du meinst, da läuft etwas gegen die beiden?«
»Du – ich mach mir halt so meine Gedanken«, äußerte Joachim und schob seine Brille zurecht. »Denkbar ist doch alles. Aber du weißt ja: Ich bin lediglich am Rande damit befasst und eigentlich nur ein kleiner Dorfbüttel.« Er grinste.
»Deshalb tust du gut daran, dich nicht in alles einzumischen«, meinte Alfred spitzbübisch lächelnd. Joachim war sich nicht sicher, wie dies gemeint sein könnte.
Alfred nutzte die kurze Irritation, um eine der ›Bild‹-Zeitungen hochzuhalten und auf die Rückseite zu deuten, wo ein großes Farbfoto eines Hubschraubers zu sehen war. Joachim las irritiert die gelb in den blauen Himmel gedruckten Worte: » UFO -Alarm«. Er trat näher heran, um die darüber stehende Zeile auch entziffern zu können: »Unbekanntes Flugobjekt bedroht Hubschrauber.«
Für einen Moment wusste er nicht, was er dazu sagen sollte. Alfred grinste: »Vielleicht war Werner so etwas auf der Spur. Hier steht, dass in Cardiff – das ist in England – ein Polizeihubschrauber nur knapp einem Crash mit einem UFO entgangen sei.«
Joachim verzog sein Gesicht zu einem Grinsen: »Na ja«, sagte er vorsichtig, »du musst ja
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