Glasklar
verärgertes Raunen ging durch die Runde. »Inoffiziell hört man, dass die DVD aus Liechtenstein sehr viel Arbeit beschert hat.«
»Die DVD aus Liechtenstein«, wiederholte Häberle süffisant. »Und jetzt sagen Sie uns bloß noch, auch in unserer Gegend sitzt einer rum, der seine Millionen in Sicherheit gebracht hat.«
Die Chefin blieb gelassen. »So einfach kann man das nicht sagen …«
Wieder reagierten die Kollegen mit Unverständnis und Kopfschütteln. Häberle grinste und kommentierte dies so: »Sie merken, dass die Kollegen eher pragmatischer denken.« Es war vorsichtig ausgedrückt.
»Ich will dazu gar nichts sagen«, verzog auch Maller das Gesicht zu einem Lächeln. »Aber wir müssen den Dienstweg einhalten.«
»Dienstweg«, echote jemand energisch. »Ich bitte Sie, Frau Maller, hier geht es um Mord. Wir reißen uns den Arsch auf, und irgendwelche Sesselfurzer verweisen uns auf den Dienstweg. Wahrscheinlich müssen wir noch sehr viele Anträge stellen, unsere Fragen schriftlich formulieren und dann hoffen, dass wir allergnädigst in einem halben Jahr Antworten kriegen. Was glauben die Herrschaften eigentlich – dass wir zur Gaudi hier rumsitzen?« Die Stimme gehörte einem korpulenten Kriminalisten, der knapp vor der Pensionierung stand und deshalb kein Blatt mehr vor den Mund nahm. Häberle gefiel das.
Manuela Maller war um Ausgeglichenheit bemüht. »Nun mal keine Aufregung«, erwiderte sie ruhig. »Ich verspreche Ihnen, dass ich mich für eine schnelle Beantwortung unserer Fragen einsetzen werde.«
»Wenn Sie damit nur nicht auf Granit beißen«, gab der Kriminalist zu bedenken. »Wenn es da einem Großkopf an den Kragen gehen sollte, werden Sie sehen, wie schnell sich der Herr Minister einschaltet. Und wenn Sie Pech haben und der Großkopf ist in der richtigen Partei, wird sich auch noch der Ministerpräsident um die Angelegenheit kümmern.«
Manuela Maller ging nicht darauf ein, denn die Sekretärin aus dem Geschäftszimmer brachte ihr ein weiteres ausgedrucktes E-Mail. Sie überflog den Text kurz, während die Kriminalisten gespannt auf ihre Auskunft warteten.
»Das ist unglaublich«, äußerte sie schließlich und sah mit großen Augen in die Runde. »Soeben erhalten wir die Nachricht, woher der anonyme Notruf gestern Abend gekommen ist.« Wieder machte sie eine Pause, um dann den Namen des Anrufers so langsam zu nennen, als wolle sie ihn sich auf der Zunge zergehen lassen: »Georg Sander. Ein Mobilfunkanschluss von Vodafone.«
27.
Der Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Ziegler war um äußerste Korrektheit bemüht – ganz so, wie man es von einem der obersten Hüter des Gesetzes erwartete. Korrekt bis zum letzten Buchstaben des Paragrafen. Ohne Wenn und Aber. Wer da innerhalb des Hauses oder der Polizei glaubte, Spielräume zu haben, den musste er eines Besseren belehren. Dass er sich dabei manchmal energischer Worte bediente, war nach außen hin, wenn er im Scheinwerferlicht einer Medienkonferenz stand, nicht zu spüren. Solange er absoluter Herr des Verfahrens war – woran kein Zweifel bestand –, gab es auch keinerlei Reibungspunkte, doch konnte er sich maßlos darüber ärgern, wenn er sich beim Umgang mit Journalisten übergangen fühlte und eine Pressemitteilung nicht abgesegnet hatte. Insbesondere dieser Georg Sander, dieser Provinzjournalist, konnte ihm manchmal gewaltig auf die Nerven gehen, zumal ihm dessen vielfältige Kontakte suspekt erschienen, die sowohl in die Reihen der Polizei als auch zur Justiz und, noch schlimmer, sogar in gewisse Milieus reichten. Und jetzt hatte ihm soeben Kripochefin Manuela Maller pflichtgemäß von den Ereignissen der vergangenen Nacht berichtet und dass sich Sander weigerte, etwas dazu zu sagen.
»Dann müssen wir eben alle Möglichkeiten ausschöpfen, die das Gesetz hergibt«, sagte er ruhig, obwohl er innerlich zu kochen begann. Die Luft im Büro war schwül, deshalb hatte er sein Jackett auf einen Bügel gehängt.
»Die Sache wird nicht einfach sein«, hörte er Mallers Stimme im Telefon. »Er beruft sich auf sein Aussageverweigerungsrecht als Journalist.«
Ziegler schluckte und spielte dabei nervös mit seinem Kugelschreiber, doch dies konnte ja niemand sehen. »Der kann uns keine Dokumente vorenthalten. Und schon gar nicht bei einem Kapitalverbrechen.«
»Er sagt, es seien persönliche Notizen und Aufzeichnungen eines Unbekannten, die ganz allein für ihn bestimmt seien.«
Ziegler hatte befürchtet, dass Sander, wenn es sein
Weitere Kostenlose Bücher