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Glasscherbenviertel - Franken Krimi

Glasscherbenviertel - Franken Krimi

Titel: Glasscherbenviertel - Franken Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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Haushaltslage des Bundes würden Monate, wenn nicht sogar Jahre vergehen, bis die Finanzmittel für die Sanierung eines Autobahnparkplatzes bereitgestellt wurden. Nicht umsonst gab es immer weniger Rastmöglichkeiten für übermüdete Fernfahrer entlang bundesdeutscher Autobahnen. Abrupt trat Mur auf die Bremse, ließ ihr Fahrzeug auf dem Standstreifen ausrollen und betätigte den Warnblinker. Anschließend legte sie den Rückwärtsgang ein und fuhr über die eigentliche Ausfahrt auf den Parkplatz.
    Sobald sie ausgestiegen war, entdeckte sie den verlassenen Sprinter. Schnell stieg sie wieder ein, wendete ihren Wagen, blieb aber in einiger Entfernung zu dem größeren Fahrzeug stehen. Statt den Motor auszumachen, zog sie lediglich die Handbremse an, schaltete in den Leerlauf und blendete voll auf, sodass der Transporter in Licht getaucht wurde. Über Funk gab sie ihre Position durch – und dass sie den gesuchten Mietwagen gefunden hatte. Danach griff sie zu ihrer Taschenlampe und rannte hinüber.
    Ein ungutes Gefühl erfasste sie und verstärkte sich, je näher sie dem Benz kam. Was, wenn jemand …? Energisch verwarf sie den Gedanken. Wer sollte ihr hier schon auflauern? Die Familienmitglieder waren alle gefasst, und für die anderen Verkehrsteilnehmer war der Parkplatz gesperrt. Es konnte einfach niemand da sein.
    Dennoch schlich sie auf Zehenspitzen um das Fahrzeug herum. Zunächst spähte sie durch die Scheiben in die Fahrerkabine. Nichts. Sie rüttelte an den Türen. Abgesperrt. Sie klopfte gegen die Seitenwand des fensterlosen Laderaums. Keine Reaktion. Sie hämmerte mit der Faust dagegen, schrie Hackenholts Namen. Noch immer rührte sich nichts.
    Ob der Dreieinhalbtonner leer war? Aber warum hatte Schweinsberger ihn dann ausgerechnet hier abgestellt? Sie musste sich Gewissheit verschaffen. So schnell sie ihre zittrigen Knie trugen, rannte sie zu ihrem Auto zurück und holte das Brecheisen aus dem Kofferraum. Wenn sich später jemand darüber aufregen würde, dass sie die Tür des Sprinters aufgebrochen hatte, würde sie einfach behaupten, sie habe geglaubt, aus dem Inneren ein Geräusch gehört zu haben.
    Mit feuchten Händen schob sie die Stange in den Spalt zwischen den beiden Hecktüren knapp unterhalb des Schlosses. Zwar hatte sie nie zuvor eine Wagentür aufgehebelt, doch ihr Verstand arbeitete schnell und logisch und wies sie an, was zu tun war. Mit aller Kraft stemmte sie sich gegen das Eisen, bis ein knirschendes Geräusch ertönte und sie abrutschte. Sie hatte den Lack der linken Türhälfte zerkratzt, die nun außerdem eine tiefe Delle aufwies. Mur setzte erneut an und drückte wieder mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Brechstange. Endlich gab es in der nächtlichen Stille einen Knall, die rechte Türhälfte flog auf, und Mur entglitt das Werkzeug. Schnell griff sie nach ihrer Taschenlampe und richtete deren Strahl ins Wageninnere.
    In der hintersten Ecke des Laderaums lag eine zusammengekrümmte Gestalt auf dem Boden. Hackenholt. Gefesselt, geknebelt, die Augen mit Klebeband verbunden. Über Funk forderte Mur mit sich überschlagender Stimme Unterstützung, Sanitäter und einen Notarzt an. Dann stieg sie ins Fahrzeug und ging vor dem reglosen Körper in die Knie.
    Als die Verstärkung endlich eintraf, hatte Mur die aufgebrochene Hecktür des Transporters wieder angelehnt. Zwar war es im Inneren genauso kalt wie außen, aber zumindest konnte so der eisige Wind keinen zusätzlichen Schaden anrichten. Sobald die Einsatzbeamten die Tür öffneten, bot sich ihnen ein Bild des Jammers: Mur hockte am Ende der Ladefläche, den Rücken gegen die Zwischenwand zur Fahrerkabine gelehnt. Mit ihren Armen und Beinen hielt sie Hackenholts Körper umschlungen, den sie zunächst in eine Goldfolie aus ihrem Erste-Hilfe-Kasten gewickelt und anschließend mit zwei uralten, verdreckten Decken zugedeckt hatte, mit denen sie normalerweise ihr Auto auslegte, wenn sie Grünabfälle zum Kompostplatz fuhr. Ihr Gesicht war tränenüberströmt.

Epilog
    Dreieinhalb Monate später gaben sich Hackenholt und Sophie im Historischen Rathaussaal das Jawort. Es war ein stürmischer Apriltag, aber als die Zeremonie vorüber war, riss der Himmel auf und schickte ein paar Sonnenstrahlen zu dem Brautpaar hinunter.
    Begleitet wurden sie nur von Christine Mur und Maurice Puellen, die sie als Trauzeugen gewählt hatten, da die Eheschließung ohne die beiden gar nicht hätte stattfinden können. Den Einschätzungen der Ärzte nach grenzte es

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