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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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gehalten hatte. Camillas Fantasie erschuf Schatten, die länger wurden, sich verzerrten und ihnen auflauerten. Unsichtbare Geschöpfe starrten permanent durch die engen Fenster. Ihre Anspannung stieg mit jedem Augenblick, bis Theresa aus irgendeinem Grund herumwirbelte. In der gleichen Sekunde fiel die erste Tür am anderen Ende des Hauses zu. Der Wind konnte es nicht gewesen sein, schließlich regte sich kein Lüftchen. Einen Herzschlag später schlug die nächste Tür zu.
    Etwas kam! Camilla wusste es einfach. Neben Theresa hetzte sie durch den Flur auf die Terrasse zu.
    Nur raus! Hinter ihnen folgte ein unsichtbares Geschöpf.
    Dumpfe, immer rascher aufeinanderfolgende Schläge begleiteten sie. Dieses Ding kam immer näher. Eine Berührung an ihrem Haar spornte sie an, sich noch mehr anzustrengen. In Windeseile durchquerten sie das Wohnzimmer. Camilla stieß die Staffelei von Theresas Mutter um, beinah wäre sie darüber gestürzt. Ihre Ängste steigerten sich zu nackter Panik. Sie schrie. Sie wollte nicht sterben, um Teil dieses Hauses zu werden.
    Der Gedanke verstärkte ihre Anstrengung. Sie erreichte neben Theresa den Weg hinaus. Als die Sommerhitze sie umfing, wusste Camilla, dass sie gerettet waren. Trotz allem blieben sie nicht stehen. Erst als sie quer über den Hof gehetzt waren und die Scheune erreichten, wagten sie es, langsamer zu werden. Ihre Eltern fuhren überrascht auf, als sie hineinstolperten. Weinend warf sich Theresa in die Arme ihrer Mutter. Camilla jedoch hielt inne. Mit dem Gefühl, ihr hätte jemand auf die Schulter getippt, wirbelte sie zu dem Wohnhaus herum. Auf den Fenstern reflektierte Sonnenlicht, als zwinkerte ihr das Gebäude zu.
    Das alte Haus war ihre erste Begegnung mit dem Übernatürlichen – und obwohl Theresa und sie sich damals beinah in die Hosen gemacht hatten, wünschte sie, das Erlebte von heute auf der Stelle gegen die Erinnerung zu tauschen.
    Als sie älter waren, hatten sie manchmal über ihre Panikattacke gelacht. Über die toten, zerbröckelnden Augen des Mannes würde sie niemals lachen.
    Theresa rieb zitternd die Beine unter ihrem Rock gegeneinander. Camilla zog ihre Jacke aus, legte sie um Theresas Schultern und fing einen dankbaren Blick auf. Sie entspannte sich etwas. Theresa kehrte zumindest einen Schritt weit aus ihren Albträumen zurück.
    »Der Aufschlag muss heftig gewesen sein, wenn er ihm sogar die Augen rausgerissen hat.«
    Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Sie wandte den Kopf dem Mann zu, der gesprochen hatte. Er sah recht jung aus und trug weder Uniform noch die typische Weste des Rettungsdienstes.
    Einer der Sanitäter runzelte die Stirn. »Bei der Polizei müssen wohl Pietätlosigkeit und seltsamer Humor normal sein, wie?« In seiner Stimme schwang ein abfälliger Ton.
    Der Angesprochene zuckte mit den Schultern und überging den Kommentar. »Die Spurensicherung muss noch Bilder machen. Dann könnt ihr ihn mitnehmen.«
    Camilla sah Theresa an, die das Gesicht wieder in ihren Händen verborgen hielt. »Geht es?«, fragte sie leise.
    Ihre Freundin schluchzte auf, zwang aber die Tränen zurück und nickte tapfer. Sie ließ die Hände sinken.
    Camilla schlang beide Arme um Theresas Oberkörper, während diese den Kopf an ihrem Hals vergrub. Sie zitterte am ganzen Leib. Behutsam wickelte Camilla ihre Kapuzenjacke um Theresa. Das Beben ging ihr durch Mark und Bein. Die Tränen ihrer Freundin benetzten ihr T-Shirt. Sie schmiegte hilflos ihre Wange an Theresas zerzaustes Haar.
    »Wo sind die Mädchen, die den Mann haben springen sehen?«
    Sie fuhr zusammen. Ihre erste Intention war es, Theresa an der Hand zu packen und mit ihr wegzulaufen. Aber was hätte das gebracht?
    Theresas Augen glitzerten dunkel und feucht. »Bitte nicht«, flüsterte sie fast tonlos.
    Auch Camilla wollte nicht mit den Polizisten reden, nicht alles noch einmal durchleben. Dennoch hob sie schwach die Hand.
    »Hier«, sagte sie, wobei sie hoffte, dass der Straßenlärm und die nahende S-Bahn ihre Stimme verschlucken würden. Aber der Zivilpolizist schien gute Ohren zu besitzen, denn er fasste sie sofort in den Fokus.
    Die Art, wie er sie ansah und besonders Theresa fixierte, gefiel Camilla nicht. Sein starrer Blick und die kalten blauen Augen machten sein Gesicht unerträglich, auch wenn er sonst glatt, hübsch und freundlich aussah. Aufmunternd lächelte er. Das Verziehen der Lippen verlieh ihm noch mehr den Ausdruck einer männlichen Barbiepuppe. Langsam kam er näher und blieb in

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