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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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habe ich hochgesehen.« Ihre Stimme bebte. Theresas Augen weiteten sich in stummem Grauen. Sie schlug die Hände vor das Gesicht und rollte sich unter der Decke zu einer Kugel zusammen. »In meinem ganzen Leben habe ich nichts Entsetzlicheres gesehen.« Sie keuchte. »Der Mann auf dem Dach! Dieses unglaubliche Monster!«
    Camillas Nackenhaar sträubte sich, als wäre es um einige Grad kälter geworden. Die tanzenden Schatten auf dem Boden wirkten plötzlich nicht mehr harmonisch und beruhigend, sondern erinnerten an tausend krabbelnde Käfer.
    »Wovon redest du?«
    Ihr Herz raste. Das, was Theresa gesehen hatte, musste viel unheimlicher sein, als sie es erahnte.
    Ihre Freundin schwieg.
    »Du meinst den Selbstmörder?«
    Schwach schüttelte Theresa den Kopf.
    Kälte rann durch Camillas Adern. Das Bild von dem zerschmetterten Kopf und den Knochen bekam eine neue Bedeutung. Die Vermutung, dass es sich um einen Mord handeln könnte, war ihr bereits im Ansatz durch den Kopf gegangen.
    »Was war das für ein Mann?«, fragte Camilla atemlos.
    Theresa sah sie aus schreckgeweiteten Augen an und rollte sich auf die ihr abgewandte Seite. »Ich will nicht davon sprechen.«
    Warum forderte Theresa sie überhaupt auf, mit ihr zu reden? »Was soll das denn jetzt?« Der scharfe Tonfall tat ihr augenblicklich leid. Sie wusste zu gut, dass sie nicht normal reagierte.
    Camilla war fast froh darüber, als eine Frau den Raum betrat. Sie war schlank, beinah hager, mittleren Alters und strahlte Ruhe und Selbstsicherheit aus.
    »Melanie Wallraf «, stellte sie sich vor. Sie reichte Camilla die Hand. »Ich bin Psychotherapeutin und Ihre betreuende Ärztin. Wer von Ihnen ist Theresa und wer Camilla?«
    Theresa setzte sich auf, doch sie schwieg.
    »Ich bin Camilla Hofmann und das ist Theresa Mielke.«
    Dr. Wallraf nickte Theresa lächelnd zu. »Herr Grimm, der Polizist, der Ihre Zeugenaussagen noch aufnehmen muss, hat bereits Ihre Eltern informiert.«
    Dieses Ekel von der Museumsinsel.
    »Wann?« Weder ihre noch Theresas Eltern hatten bislang den Versuch unternommen, auf dem Handy anzurufen.
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen«, entgegnete Frau Wallraf .
    Camilla konnte den Impuls nicht unterdrücken, das Telefon aus der Hosentasche zu ziehen und enttäuscht zur Seite zu legen, als sie das leere Display sah. Sie behielt es in Sichtweite. Sollte sich bis fünfzehn Uhr nichts getan haben, wollte sie sich bei ihrer Familie melden. Obwohl die Bindung nicht die stärkste war, fühlte sie sich hilflos. Die Nähe ihrer Eltern würde guttun.
    »Sie kommen nicht aus Berlin, oder?« Die Psychotherapeutin bemühte sich, auch Theresa per Blickkontakt in das Gespräch einzubeziehen, aber das Schweigen verdeutlichte, dass Theresa sich in ihre eigene Welt zurückgezogen hatte.
    »Wir wollten Urlaub machen«, sagte Camilla leise. »Zwei Wochen Berlin, um uns vom Abi zu erholen.« Sie biss sich auf die Unterlippe. Nach den Ferien würde ihr Studium beginnen. Das letzte Schuljahr war die Hölle gewesen. Neben der Lernerei für das Abitur arbeitete sie verbissen an ihren beiden Mappen, mit denen sie sich bei verschiedenen Universitäten für Kunst beworben hatte.
    Ihr heimlicher Traum, ein Stipendium im Städel in Frankfurt zu bekommen, hatte sich leider nicht erfüllt. Zugegebenermaßen hielt sie sich auch nicht für gut genug, um eine der erwählten 200 Studenten zu werden, die sich die Dozenten unter allen Bewerbern weltweit aussuchten.
    War das überhaupt noch wichtig? Camilla rieb sich die Schläfen. Jetzt erhielt der Gedanke einen schalen Beigeschmack. Alles hatte sich verändert. Sogar die Freundschaft zu Theresa schien nicht mehr die Gleiche zu sein. Ein seltsames Gefühl von Unverständnis, das sie zwischen ihnen nicht kannte, hatte sich eingeschlichen. Nicht einmal in der Geborgenheit ihres Zimmers konnten sie sich verstecken. Die Polizei erwartete eine Aussage und würde sie nicht so schnell fortlassen.
    Wenn ihre Eltern nicht kamen, würden sie in ihre unpersönliche Jugendherberge zurückkehren und waren diesem Moloch von Stadt schutzlos ausgesetzt. Gegen Berlin wirkte Frankfurt wie ein Dorf.
    »Sagen Sie ruhig, was Sie denken.«
    Camilla ignorierte die Worte der Ärztin. Sollte sie doch glauben, dass sie verstockt war. Schließlich gab Frau Dr. Wallraf auf und wandte sich zur Tür.
    »Kommen Sie beide bitte mit. Herr Grimm erwartet Sie.«
    Theresa ging neben ihr über den Flur und hielt den Blick gesenkt. Ihre Hände berührten sich fast. Irgendwann

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