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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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einer für Camilla zu geringen Distanz stehen. Als er sich zu ihr neigte, nahm sie sein herbes Aftershave wahr, das sich mit dem Geruch nach kaltem Zigarettenrauch und schalem Kaffee vermischte. Ihr Körper reagierte mit Übelkeit. Unwillkürlich rutschte sie zurück, so weit es ihr mit Theresa im Arm gelang.
    Er schien die Bewegung nicht zu registrieren und neigte sich noch weiter herab. »Ich brauche eure Zeugenaussagen, ihr beiden Hübschen.«
     
    Ein Zivilfahrzeug der Polizei brachte sie in die Charité und eine Stationsschwester wies ihnen ein freundliches, helles Zimmer zu. Schnittblumen standen auf dem Fensterbrett und dem Esstisch gegenüber den beiden Betten. Durch die hohen Fenster schien Sonne, erwärmte die Luft und malte Muster von den Blättern der Bäume auf den Boden. In den grün-goldenen Strahlen tanzten Staubkörnchen und legten sich wie eine feine Decke über den intensiv blauen PVC. Es roch nach Reinigungs- und Desinfektionsmitteln, aber auch nach Blumen und Obst, die sich auf einem Sideboard befanden. Der Ort strahlte in dem mittäglichen Sommerlicht einen tröstlichen Frieden aus.
    Camilla saß auf der Bettkante und beobachtete das Lichtspiel, das der Wind erzeugte, wenn er draußen durch die Bäume strich. Ihre Überlegungen verloren sich irgendwo zwischen Staub und feinen Sandkörnern, die von Böen davongetragen wurden …
    Unwillkürlich schauderte sie. Das Bild der Augen, die sich zersetzten, ließ sie nicht los, verfolgte sie bis in diesen sonnigen, ruhigen Raum. Der Gedanke bereitete ihr körperliches Unbehagen. Wie zur Abwehr zog sie die Beine an und umschlang sie. Es dauerte, bis sie begriff, dass Theresas Blick in ihren Rücken stach. Sie verspürte das widersinnige Gefühl, ertappt worden zu sein. Schnell wandte sie den Kopf, bis sie ihre Freundin sehen konnte, die sich in dem Bett hinter ihrem zusammengerollt und die dünne, weiße Decke bis zu den Augen hochgezogen hatte. Sie sah fast aus wie eine Leiche.
    Das Grauen entsprang Camillas eigener Fantasie.
    »Was denkst du?«, fragte Theresa sehr leise. Ihre Stimme klang brüchig und zitterte noch immer.
    »Ich weiß nicht recht«, antwortete Camilla. Sie wollte Theresa nichts von ihrer Horrorvision erzählen.
    »Das ist seltsam«, flüsterte Theresa. »Sonst hast du auf alle Fragen eine Antwort.«
    C amilla wünschte sich nichts sehnlicher als eine Möglichkeit, sich aus dem Raum zu stehlen, fort von Theresas unangenehmer Frage. Aber sie konnte nicht fort. Ihre Freundin allein zu lassen wäre unmöglich. Sie waren in fremder Umgebung und hatten nur einander.
    Mühsam sammelte sie sich und rappelte sich auf. Ihre Beine waren im Weg. Als sie endlich halbwegs bequem saß, begegnete ihr Theresas Blick mit unverhohlenem Unverständnis.
    Camilla griff nach ihrem Kopftuch und zog es sich aus den Haaren. Wenn sie ihre Finger schon nicht mit Stift und Block beschäftigen konnte, musste sie zumindest mit ihrer langen Mähne spielen.
    »Hast du die Augen gesehen?« Ihre Stimme klang zu schrill.
    Anscheinend registrierte Theresa die Tonlage nicht. Sie schob die Decke etwas hinab, sodass Camilla ihr Gesicht sehen konnte.
    »Ja, habe ich. Diese blutigen Pupillen, die er sich aus dem Schädel geschlagen hat …« Sie wand sich und würgte.
    Offenbar hatte Theresa nichts von dem Phänomen bemerkt. Wenn sie davon erzählte, würde sie Theresa noch mehr verunsichern oder ihr neue Ängste bereiten. Nachdenklich wickelte Camilla einige Haarsträhnen um ihr Handgelenk.
    Theresas auffordernder Blick bedrängte sie. Es fühlte sich unangenehm an.
    Was wollte sie? Camillas Wahrheit?
    Möglicherweise war es sogar eine gute Idee, darüber zu sprechen. Vielleicht konnte Theresa ihr sagen, was dieses Phänomen bedeutete. Normalerweise fand sie immer eine Antwort auf solche unerklärlichen Vorkommnisse.
    Camilla sog die Unterlippe ein und lutschte einige Sekunden lang an ihrem Piercing, bevor sie den Mut fand, Theresa von ihrer Beobachtung zu berichten. Währenddessen fixierte sie ihre Freundin genau, immer bereit, sofort abzubrechen, wenn ein Anzeichen darauf hindeutete, dass sie ihr zu große Angst einjagte.
    Theresas Mimik änderte sich nicht, nur ihre ausdrucksstarken, großen Augen sprachen unverwandt, auch wenn Camilla nicht einschätzen konnte, was sie dachte. Bleierne Stille senkte sich über den Raum.
    »Was denkst du denn?«, fragte Camilla schließlich angespannt.
    Theresa seufzte und zog die Decke wieder höher. »Während du hinabgeschaut hast,

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