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Glattauer, Daniel

Glattauer, Daniel

Titel: Glattauer, Daniel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Weihnachtshund
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gestehen. Am besten, ich sage es
dir gleich, damit du dir eine unangenehme Überraschung ersparst ...« Schon
damit hatte er einen beträchtlichen Teil seiner Aura eingebüßt. Dann kam: »Ich
kann nicht küssen, mir graust davor, mir wird schlecht.« Das brachte Paulas
Blut schocktherapeutisch unter den Gefrierpunkt. Fehlte nur noch (und folgte
sogleich): »Das hat aber wirklich nichts mit dir zu tun«, eine der unverschämtesten
Standard-Lügen der Liebesgeschichte. Sie warf ihn bei Paula zurück an den
Start, zum ersten Auftritt in der Apotheke, als er nicht mehr Ausstrahlung
besessen hatte als das von ihm vorgelegte Rezept.
    »Sage nie
wieder einer Frau, die du begehrst, dass du sie nicht küssen kannst«, riet ihm
Paula Monate später, als sie Freunde geworden waren. Diesen Satz hörte er von
da an bei jeder Begegnung und oftmals auch telefonisch dazwischen. Seine
bevorzugte Antwort lautete: »Okay. Ich lege also meinen ganzen Charme in die
Worte danach: Liebling, es war wunderschön mit dir, und ich kenne eine gute
Reinigung.<«
    Sonntagvormittag
bei Paula und der dritten Tasse 26-Kräuter-Tee - einer magenfreundlichen
Grundlage für das Thema Küssen - ging man die Ausgangssituation vor dem
bevorstehenden Treffen mit Katrin und die mögliche Entwicklung noch einmal Punkt
für Punkt durch. Max ließ Paula reden und meldete sich nur mit dringlichen Zwischenfragen
zu Wort. Er hatte das Gefühl, es tat ihr gut, über fremde Liebesangelegenheiten
zu sprechen. (Ihre eigene Beziehung zu Sami hatte das Prädikat: »Wortlos intakt
bis in alle Ewigkeit«, worunter sie nicht einmal zu leiden schien, denn auch
dafür fehlten die Worte.) Nun fand Paula für ihr ausgeprägtes Helfer-Syndrom
endlich einmal wieder ein breites Betätigungsfeld vor.
    Hier nun
ihre verschriebenen Anwendungen, Indikationen und Dosierungen im Fall Katrin:
    1)    
Max durfte ihr nur ja nichts von seiner Kuss-Übelkeit verraten.
    2)   
Um dies länger durchhalten zu können, durfte er sie natürlich nicht küssen.
Einwand von Max: »Ein Kuss ist aber schon überfällig.« Dazu Paula:
    3)    
Er musste ihr eben das Gefühl geben, dass ein Kuss für ihn etwas so Besonderes
sei, dass er es noch hinauszögern wolle. Denn: »Dafür sammelt man bei Klassefrauen
Pluspunkte, das steigert ihr Begehren«, lehrte Paula. Frage von Max: »Darf ich
andere Dinge machen?« Dazu Paula:
    4)   
Unbedingt notwendig: Ihre Hände nehmen, streicheln, einbetten, reiben, halten,
drücken. Sie an den Armen streicheln. Zwickerbussis an ihrer Nase. Leicht über
die Wange streichen. Ihr übers Haar fahren. Sie kurz an den Schultern nehmen.
    5)   
Gerade noch erlaubt: Mit seinen Füßen ihre berühren. Zart ihre Knie anfassen.
Seine Hand einmal flüchtig über den Oberschenkel streifen lassen. Andeutungen
von Umarmungen. Einmal kurz ihren Nacken kraulen. Bei der Verabschiedung ihr
Gesicht in beide Hände nehmen und/oder sie im Stehen einmal kräftig umschlingen
und fest an sich drücken. Ganz zum Schluss ein kurzer inniger Kuss auf den Mund
mit halb geöffnetem Mund. »Schaffst du das?«, fragte Paula. »Ich glaube
schon«, erwiderte Max tapfer und spülte einen Schluck Tee nach.
    6)   
Nicht erlaubt: Liebkosungen, die man gemeinhin erst nach dem ersten Kuss tat.
Ihr über die Hüften streichen. Ihr an irgendeiner Stelle unter das Gewand greifen;
auch nicht an den Pulloverärmeln oder am Halskragen. Ferner verboten: längerer
Aufenthalt der Hände auf ihren Oberschenkeln. Berührungen der Brüste. »Nicht
einmal flüchtig?«, fragte Max. »Nein!«, erwiderte Paula streng. Grundsatzfrage
von Max: »Und was ist, wenn sie die Initiative ergreift?« Dazu Paula:
    7)   
Liebevoll abwehren und gleichzeitig Persönliches mit ihr zu reden beginnen. Er
sollte ihr am besten ein paar nette Dinge ins Ohr flüstern, so konnte er auch
unverdächtig seinen Mund von ihrem fernhalten. Er sollte sagen, dass es so
schön mit ihr sei, dass er sich so wohl fühle, dass er sich alles Mögliche mit
ihr vorstellen könne. »Verbalerotik statt küssen?«, fragte Max. »Besser als
küssen und kotzen«, meinte Paula. Grundsatzfrage von Max: »Und wo soll das hinführen?«
Dazu Paula:
    8)   
Sie würde sich immer stärker in ihn verlieben. Dabei sammelte sie immer mehr
Immunkräfte gegen seine Kuss-Unverträglichkeit. Die sexuelle Spannung würde
immer größer werden und vielleicht ginge dann auch sogar einmal Sex ohne Kuss,
so etwa in einem halben fahr. Klassefrauen hatten

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