Glatze mit Sommersprossen
vor Verblüffung verschluckt. “Aha! Und welche Köpfe? Suchst du nach einem bestimmten Kopf?“
Jojo nickte nur. „Sag mal, Detektiv, reist du eigentlich mit deinen Eltern?“
„Nein“, Jojo reichte das Glas zurück, „meine Eltern sind nicht an Bord!“ Er hob schnuppernd die Nase. „Sie stinken echt gut!“
„D... D... Du hast eine seltsame Art, dich auszudrücken.“
Wieder nickte Jojo. „Das sagt er auch!“
„Wer ist er?“
„Der große Onkel Baldi!“
„Aha“, nahm Frau Schaller den Tonfall der Verschwörung auf. „Der große Onkel Baldi sagt das. Ist das dein Onkel?“
„Ich reise mit ihm. Als Assistent. Der große Onkel Baldi reist ingotiko!“
„Du meinst sicher inkognito.“
„Stimmt, ich meine geheim. Es soll niemand wissen, daß er an Bord ist.“
Messerscharf kombinierte Frau Schaller: „Wenn du ein Detektiv bist und gleichzeitig der Assistent vom großen Onkel, dann ist der große Onkel also auch ein Detektiv!“
„Aber doch nicht nur das!“
„Was noch??“ Jetzt vibrierte ihre Stimme ein wenig vor Neugier.
„Nur weil ich durch das Fernglas gucken durfte, verrate ich es Ihnen!“ Jojo winkte mit todernster Miene ihr Ohr an seinen Mund, und folgsam beugte sie sich herab. „Er ist der berühmteste Hellseher, und es darf niemand wissen!“
„Ach“, flüsterte Frau Schaller nun ihrerseits. „Interessant. Das ist ja hochinteressant. Und was tut der Detektiv und Hellseher hier an Bord der APHRODITE?“
Jojo schloß die Augen. „Das darf ich niemandem sagen! Aber ich kann Ihnen verraten, was er jetzt im Augenblick tut. Wollen Sie es wissen?“
Sie neigte den Kopf.
„Er liegt in der Kabine und besieht sich von innen!“
Frau Schaller runzelte die Augenbrauen. Sie schien plötzlich Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Jojos Offenbarungen zu bekommen. Doch dann, als sie in seine so gesammelte Miene sah, schob sie ihre Zweifel beiseite und überlegte. Und sie überlegte genau und haarscharf in die Richtung, die Jojo, dieser hinterhältige, kleine, schlitzohrige Tausendsassa, vorauskalkuliert hatte, ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen...
Ein seltsames Geschäft
„Ich habe noch nie was von einem berühmten Hellseher namens Baldi gehört“, meinte Frau Schaller leise und blickte dabei unauffällig nach rechts und links.
„Onkel Baldi ist ja auch nur sein Untertauchname!“ erwiderte Jojo ebenso leise.
„Und wo reist ihr hin?“
„Nach Iraklion. Dort treffen wir einen berühmten Zauberer!“
„Was du nicht sagst. Wir fahren auch bis Iraklion. Du kennst wohl nur berühmte Leute, hm?“
„Eine ganze Menge“, erwiderte Jojo leichthin.
Und dann ereigneten sich nacheinander zwei akustische Ereignisse: Zuerst stieß die Sirene der APHRODITE einen bis ins Mark gehenden Heulton aus, und anschließend rief eine schrille Männerstimme: „Hiiiiildeü!“
Hatte Frau Schaller bei dem Sirenenton nur die Stirn gerunzelt, so zuckte sie bei „Hilde!“ richtig zusammen und beugte sich blitzschnell über die Reling. „Hier, Lothar!“ schrie sie zurück und winkte einem prallgefüllten beigen Leinenanzug zu, aus dem oben ein kugelrunder Kopf mit struppigen Haaren herausguckte. „Hallo, ich komme!“ schrillte Lothar relingaufwärts.
„Das ist mein Bruder!“ erklärte Frau Schaller hastig dem kleinen Jojo. Ich habe nämlich seine Schiffskarte. Warte hier, ich komme wieder!“
Jojo sah dem Graukopf nach, bis er das Deck erreichte und dort von seiner Schwester in Empfang genommen und offensichtlich zur Kabine begleitet wurde. Und Jojos Phantasie und Kombinationsgabe arbeiteten auf Hochtouren. Denn bei dem grauhaarigen Bruder handelte es sich um jenen Mann, den die Glatze mit Sommersprossen beobachtet hatte. Ganz neue Aussichten eröffneten sich hier. War doch klar, daß er jetzt seinen Plan erst recht ausführen mußte.
„Lieber Gott, laß sie bitte abergläubisch sein!“ murmelte er und schickte einen flehenden Blick Richtung Himmel.
Knapp fünf Minuten später schaukelte die gutriechende Frau Schaller aus Mönchengladbach ihre 82 Kilo wieder auf Jojo zu. Sie öffnete ihr Handtäschchen und fischte einen Zehnmarkschein heraus. „Hier, den kannst du dir verdienen.“ Jojo tat ungerührt. Gerade so, als sei sein Kopfkissen mit Zehnmarkscheinen gefüllt.
„Soll ich Ihnen dafür ein Gedicht aufsagen oder was anderes?“ Es klang nicht vorlaut und nicht frech. Höchstens gelangweilt. Und als käme ihm gar plötzlich dieser Einfall, bot er an: „Ich könnte
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