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Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Titel: Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hatte sogar erreicht, dass sein Vater ihn von der örtlichen Schule genommen hatte. Er ging jetzt auf eine Sonderschule in der Nähe von Ulverston, meilenweit weg von da, wo sein Vater wohnte – dem es natürlich tierisch lästig war, ihn jeden Tag dorthin zu fahren –, und meilenweit entfernt von dort, wo seine Mutter wohnte. Und genauso wollte er es haben, denn dort, bei Ulverston, wusste niemand, was in seinem Leben vorgefallen war, und das war ihm ganz wichtig.
    Schweigend betrachtete Tim die vorbeifliegende Landschaft. Die Fahrt von Grange-over-Sands zum Haus seines Vaters führte sie im schwindenden Tageslicht durch das Lyth Valley nach Norden. Die Landschaft war ein Flickenteppich aus kleegrünen und smaragdgrünen Pferdekoppeln und Viehweiden, der wie eine Welle gegen die kahlen Berge rollte. Große Felsbrocken aus Schiefer und Sandstein ragten aus den von grauem Geröll bedeckten Hängen. Am Fuß der Berge standen Wäldchen aus Erlen, Eichen und Ahorn, deren Herbstlaub gelb, golden und rot leuchtete. Und hier und da Bauernhöfe: große, aus Feldsteinen errichtete Scheunen und mit Schieferschindeln verkleidete Wohnhäuser mit Kaminen, aus denen der Rauch von Holzfeuern quoll.
    Nach einigen Kilometern, wo das Lyth Valley sich verjüngte, veränderte sich die Landschaft. Jetzt fuhren sie durch Wald, und die von Bruchsteinmauern gesäumte Straße wurde immer kurvenreicher. Es hatte angefangen zu regnen, aber wann regnete es nicht in dieser Gegend? Cumbria war bekannt für sein feuchtes Klima, und man sah es ja auch an dem Moos, das auf den Steinwänden wucherte, an den Farnen, die aus allen Ritzen sprossen, und an den Flechten, die Boden und Baumstämme überzogen.
    »Es regnet«, bemerkte Gracie überflüssigerweise. »Wenn es regnet, kann ich dieses alte Haus erst recht nicht ausstehen. Du auch nicht, Timmy, oder? Es ist furchtbar in dem Haus, alles ist muffig und düster und einfach nur gruselig.«
    Niemand sagte etwas dazu. Gracie ließ den Kopf hängen. Ihre Mutter bog in die Straße nach Bryanbarrow ein, als hätte Gracie überhaupt nichts gesagt.
    Die Straße war eng hier und wand sich in Haarnadelkurven aufwärts. Schließlich bogen sie in die Straße zum Dorf ein, das unten im Tal lag und eigentlich nicht viel mehr als eine Kreuzung mit einem Rasen in der Mitte zu bieten hatte. Da es hier eine Gaststätte, ein Rathaus, eine Methodistenkapelle und eine anglikanische Kirche gab, war das Dorf eine Art Treffpunkt, allerdings nur abends und sonntags morgens, und die, die sich dann versammelten, hatten nichts Besseres zu tun, als zu beten oder zu saufen.
    Gracie begann zu weinen, als sie langsam über die steinerne Brücke fuhren. »Mummy, ich find es schrecklich hier. Mummy, bitte .«
    Aber ihre Mutter sagte nichts, und Tim wusste, sie würde auch nichts dazu sagen. Bei der Frage, wo Tim und Gracie Cresswell leben sollten, gab es durchaus Gefühle zu berücksichtigen, allerdings nicht die Gefühle von Tim und Gracie. So war es, und so würde es bleiben, zumindest bis Niamh tot umfiel oder sie einfach aufgab, je nachdem, was zuerst passierte. Und über die erste Möglichkeit hatte Tim viel nachgedacht. Hass konnte einen Menschen umbringen, so schien es ihm. Andererseits hatte der Hass ihn noch nicht umgebracht, also würde der Hass seine Mutter vielleicht auch nicht umbringen.
    Im Gegensatz zu vielen Anwesen in Cumbria, die weit außerhalb von Dörfern oder Weilern lagen, stand die Bryan Beck Farm direkt am Dorfrand, und sie bestand aus einem alten elisabethanischen Herrenhaus, einer genauso alten Scheune und einem noch älteren Cottage. Hinter den Gebäuden erstreckten sich die Ländereien, und auf den Weiden grasten Schafe, die jedoch nicht Tims Vater gehörten, sondern einem Bauern, der das Land pachtete. Die Schafe gaben dem Hof »einen authentischen Anstrich«, wie sein Vater gern sagte, und sie standen im Einklang mit der »Tradition im Lake District«, was auch immer er damit meinte. Ian Cresswell war kein verdammter Bauer, und so wie Tim das sah, waren die blöden Schafe besser dran, wenn sein Vater sich von ihnen fernhielt.
    Als Niamh in der Einfahrt hielt, schluchzte Gracie bitterlich. Anscheinend dachte sie, wenn sie nur laut genug schluchzte, würde ihre Mutter im letzten Moment wenden und mit ihnen zurück nach Grange-over-Sands fahren, anstatt genau das zu tun, was sie sich vorgenommen hatte, nämlich sie aus dem Auto zu werfen, um ihrem Vater eins auszuwischen, und nach Milthorpe zu düsen,

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