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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Metzger Richtung Dorf.
     
    *
    Später kamen drei Polizisten und machten Fotos. Sie brachten eine parfümierte Journalistin mit, die auch Fotos machte, sehr viel mehr als die Polizisten. Sie ging sogar bis an die Klippen und fotografierte Zora auf ihrer Felsnase, später Ritchfield und Mopple, die vor dem Dolm weideten. Die Schafe waren zwar die gelegentliche Aufmerksamkeit von Rucksacktouristen gewohnt, aber das Interesse der Presse wurde ihnen schnell unangenehm. Mopple verlor als Erster die Nerven und floh laut blökend auf den Hügel. Die anderen ließen sich von der Panik anstecken und folgten, selbst Miss Maple und Othello. In wenigen Augenblicken hatten sie sich alle auf dem Hügel zusammengeballt und schämten sich ein bisschen.
    Die Polizisten beachteten die Schafe nicht. Sie zogen den Spaten aus George, verpackten beide in große Plastiktüten, krochen noch ein wenig auf dem Boden herum und verschwanden dann in einem weißen Auto, das davonfuhr. Kurz darauf begann es zu regnen. Bald sah die Weide aus, als sei nie etwas geschehen.
    Die Schafe beschlossen, sich in den Heuschuppen zurückzuziehen. Sie gingen alle gemeinsam, denn jetzt, so kurz nach Georges Tod, kam ihnen der Schuppen ein wenig düster und unheimlich vor. Nur Miss Maple blieb etwas länger draußen im Regen stehen und ließ sich den Schlamm und endlich auch den Blutfleck abwaschen.
    Als sie in den Schuppen trat, hatten sich die Schafe um Othello zusammengedrängt. Sie bestürmten ihn mit Fragen, aber der Widder wartete ab. Heide blökte aufgeregt:
    »Wie hast du es nur ausgehalten, so dicht neben dem Metzger. Ich wäre gestorben vor Angst, ich bin auch so fast vor Angst gestorben, als ich ihn nur den Fußpfad heraufkommen sah!«
    Miss Maple verdrehte die Augen. Aber man musste dem schwarzen Widder zugute halten, dass er der uneingeschränkten Bewunderung seiner Herde herzlich unbeeindruckt gegenüberstand. Sehr sachlich wandte er sich an Miss Maple.
    »Der Metzger hat zuerst gesprochen. ›Schweine!‹, hat er gesagt.«
    Die Schafe sahen sich erstaunt an. Noch nie waren Schweine auf ihrer Weide gewesen. Zum Glück! Die Worte des Metzgers machten keinen Sinn. Aber Othello war sich seiner Sache sehr sicher.
    »Er roch sehr wütend. Und erschrocken. Aber vor allem wütend. Der Dünne hat Angst vor ihm bekommen. Gabriel nicht.«
    Othello schien einen Moment lang über Gabriels Furchtlosigkeit nachzudenken. Dann fuhr er fort.
    »Lilly hat eigentlich gar nichts Vernünftiges gesagt. Nur ›George‹ und ›Ach, George‹, ›Warum gerade jetzt‹ und ›Warum tust du mir das an‹. Sie hat mit George geredet. Vielleicht hat sie nicht verstanden, dass er tot ist. Der Metzger hat sie dann am Arm zurückgerissen. ›Keiner fasst ihn an‹, hat er gesagt. Und sie, ganz leise, mehr zu den anderen als zu dem Metzger: ›Bitte, ich möchte nur einen Moment lang mit ihm allein sein.‹ Aber von den anderen hat keiner geantwortet, nur der Metzger hat geredet. ›Wenn jemand das Recht hätte, dann Kate‹, hat er gesagt. Es klang sehr feindselig, und dann hat er sie weggezogen.«
    Die Schafe nickten zustimmend. Das hatten sie selbst aus der Entfernung gut beobachten können. Der Verdacht richtete sich sofort gegen den Metzger, einfach deshalb, weil jedes Schaf der Herde ihm zutraute, ein lebendes Wesen mit einem Spaten zu durchbohren. Doch Miss Maple schüttelte ungeduldig den Kopf, und Othello fuhr fort.
    »Sobald der Metzger weit genug weg war, hat der Dürre angefangen, auf Gabriel einzureden. Er roch seltsam, nach Whiskey und Guinness, aber nicht so, als hätte er das getrunken. Mehr am Körper und an der Kleidung. Vor allem an den Händen.«
    »Er war’s!«, blökte Ramses, ein sehr junger Widder mit lebhafter Phantasie. »Er hat sich Whiskey über die Hände gegossen, weil er den Blutgeruch nicht mehr ausgehalten hat!«
    »Vielleicht«, sagte Miss Maple zögernd.
    Maude, die von allen Schafen der Herde den besten Geruchssinn hatte, schüttelte den Kopf. »Die Menschen riechen das Blut nicht wie wir. Sie können nicht richtig riechen.«
    »Wir wissen nicht, ob der Mörder blutige Hände hatte«, sagte Miss Maple. »Wir wissen fast gar nichts.« Sie blickte Othello fragend an.
    »›Er hatte noch viel vor, George, den Kopf voller verrückter Pläne‹, sagte der Dünne dann ganz leise zu Gabriel. ›Aber damit wird es ja jetzt wohl nichts mehr werden, oder?‹ Sehr schnell hat er gesprochen, so schnell, dass ich mir nicht alles auf einmal merken konnte.

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