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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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»Hier lang!« rief die Stimme, und obwohl sie noch weit weg war, war es nicht weit genug. Wieder zeigten die beiden anderen keine Reaktion, aber Jay war diesmal fest davon überzeugt, daß sie die Worte auch gehört hatten.
    Sie gingen weiter… und weiter… während die Stimmen ihrer Verfolger immer näher kamen… weiter… und weiter… sie folgten noch immer dem merkwürdigen Weg, über den Matthiall sie führte. Er verlief in einer Art Spirale, die im Uhrzeigersinn auf einen bestimmten Punkt in der Mitte hinzielte. Sie gingen weiter… Jay wollte losrennen, wollte schreien und wollte heulen, aber sie tat nichts dergleichen. Statt dessen folgte sie schweigend ihrem Führer.
    Matthiall wurde immer langsamer und strich murmelnd über die Bäume, an denen sie vorbeikamen. »Nein… nein… nicht der… nein… «
    Jay wollte ihn anschreien - »Mach was! Irgendwas!« Sie wußte, daß er irgendwas tat, aber es sah nicht sehr wirksam aus. Die Warrags begannen zu heulen.
    »Ja. Hier«, murmelte Matthiall plötzlich. Er blieb vor einem riesigen alten Baum stehen und legte die Hände an den Stamm. Er preßte die Stirn auf die Rinde, flüsterte leise Worte und trat einen Schritt zurück.
    Zunächst geschah gar nichts. Dann begann die Oberfläche des Baumes zu glitzern, und eine trockene, eisige Brise kam aus dem Nichts. Der Baum verschwamm, und der Stamm teilte sich in zwei Hälften, die sich immer weiter auseinanderbewegten, bis schließlich zwei riesige Bäume an der Stelle standen, wo vorher nur einer gewesen war. Ein schimmerndes Licht leuchtete zwischen den Stämmen. Der Rest des Waldes blieb weiterhin in Dunkelheit gehüllt. Jayjay konnte die komischen Bäume undeutlich erkennen. Der eine wirkte blaß und besaß eine glatte Rinde, während der andere dunkel und rauh aussah. Am Fuß der Stämme war das Holz zusammengewachsen. Die jahrhundertelange Nähe der beiden Riesen hatte sie zu einem einzigen Baum werden lassen, der sich wenige Zentimeter über dem Boden in zwei eigenständige Stämme teilte. Erst ungefähr sieben Meter über der Erde vereinigten sie sich wieder und wanden sich noch ein ganzes Stück weiter spiralförmig in die Höhe, bevor die ersten Äste zu sehen waren, deren Blätter sich zu einem einzigartigen Schauspiel vermischten. Die Luft in der ovalen Öffnung zwischen den Bäumen schimmerte leicht, als würde sie von einer weit entfernten Quelle erhitzt. Sowohl die unnatürliche Finsternis Aidris Akalans als auch der ständig fallende Regen endeten an der Grenze dieser Welt. Jenseits des Tores schien die Sonne. Unzählige Blüten erstrahlten in allen Farben des Regenbogens. Saftige grüne Wiesen und klare Bäche lockten hinter der Öffnung. Das ist das Paradies vor dem Sündenfall, dachte Jayjay.
    Sie wollte durch die Öffnung treten, doch Matthiall legte ihr die Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf. »Wir können nicht hindurch, solange er uns nicht eingeladen hat.«
    »Aber sie sind gleich da«, erwiderte Jayjay.
    »Das ist egal. Dies hier ist Callions Reich, und soviel ich weiß, ist es die letzte der Verborgenen Welten. Niemand kommt hinein, wenn Callion ihn nicht darum bittet.«
    Sophie gesellte sich zu Jay und Matthiall. Die Stimmen der Jäger kamen immer näher. »Kannst du deinem Freund nicht erklären, daß es sich um einen Notfall handelt?«
    »Das soll nicht heißen, daß ich nicht hineingehen will «, erklärte Matthiall geduldig. »Ich kann nicht. Die Verborgene Welt wird sich so lange gegen unsere Anwesenheit wehren, bis er sie für uns öffnet.«
    Jay trippelte nervös herum und lauschte auf die Stimmen ihrer Verfolger. »Wie lange wird es dauern, bis er hier ist?«
    »Ich weiß nicht. Er kommt, wenn er will.«
    »Weiß er wenigstens, daß wir hier sind?«
    »Ich habe mein Bestes getan, um es ihm zu sagen.« Matthiall lehnte sich gegen den Stamm eines der beiden Bäume und schloß die Augen.
    Jay blickte zurück in den Wald und dann wieder nach vorn. Sie sah keine Möglichkeit, sich zu verstecken, falls Callion nicht rechtzeitig eintreffen sollte. Auch wegzurennen machte wenig Sinn. Sie konnten nur warten.
    »Ich kann sie riechen«, knurrte irgendwas, das wesentlich näher war, als Jay geglaubt hatte.
    »Schnell! Durch das Tor«, ertönte eine rauhe Stimme aus dem Inneren der Verborgenen Welt.
    Matthiall handelte sofort - in einer einzigen Bewegung hatte er Jay gepackt und durch das Tor geschoben, dann stieß er Sophie hindurch und kam schließlich selbst hinterher. Jayjay

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