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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wahnsinnig geworden - sie verstanden ihn nicht… und wollten es auch gar nicht.
    Yemus blickte aus dem schmalen Sehschlitz auf seine Heimat - sein Volk, Glenraven. Er konnte sie retten, sie erlösen; doch niemand hörte ihm zu.
    Fünfzig Mann wären genug, um alles zum Guten zu wenden. Nur fünfzig Mann - genug, um… irgend etwas zu unternehmen. Yemus wußte zwar nicht, was sie gegen Aidris Akalan ausrichten konnten, aber sie würden Erfolg haben.
    Yemus griff wütend nach dem Wandteppich, der in seiner Zelle hing, und versuchte ihn mit bloßen Händen zu zerreißen. Der Stoff widerstand, und Yemus war noch frustrierter als zuvor. Er war weder besonders stark noch besonders schnell. Er konnte der allernächsten Zukunft ein paar Geheimnisse entlocken… wenn sie mit ihm zusammenarbeiten wollte; aber er konnte weder kämpfen noch zerstörerische Zaubersprüche wirken. Er konnte einige interessante Artefakte schaffen, aber keine tödlichen. Außerdem beherrschte Yemus ein paar unterhaltsame Tricks, mit denen er Torrins Gäste amüsiert hatte. Und er war klug.
    Aber Klugheit allein würde Aidris Akalan nicht aufhalten, und Yemus konnte keine fünfzig Männer herbeizaubern.
    Yemus dachte nach. Artefakte. Taschenspielertricks. Klugheit.
    Nein, dachte er. Ich brauche fünfzig Männer. Ich brauche jemanden, der mir zuhört…
    Klugheit.
    Taschenspielertricks.
    Ja.
    Das funktioniert nicht, dachte Yemus… oder vielleicht doch?
    Ein wenig Licht, ein bißchen Magie und eine kleine Illusion. Yemus lächelte. Vielleicht konnte er diese fünfzig Männer doch auftreiben. Vielleicht war Glenraven doch nicht verloren. Es war schon komisch mit der Hoffnung. Plötzlich war er wieder voller Energie. Yemus mußte sich beeilen. Er hatte tausend Dinge zu erledigen und tausend Einzelheiten zu überdenken, aber nur Minuten, um sein Täuschungsmanöver in die Tat umzusetzen.

KAPITEL EINUNDFÜNFZIG
     
    Andu, der für die nächsten beiden Stunden Yemus bewachen mußte, fuhr erschrocken hoch, als er das Geräusch der Explosion hörte. Er starrte auf den Rauch, der aus der dunklen Wand quoll, und entdeckte die Gestalt, die sich von der Aptogurria entfernte. Der Gefangene floh!
    »Halt!« brüllte Andu, obwohl er nicht erwartete, daß der Bastard Yemus auf ihn hören würde… »Halt! Verräter!«
    Die Aptogurria soll doch jede Art von Magie abhalten, dachte Andu, während er der fliehenden Gestalt hinterherlief. Der verfluchte Turm sollte doch zaubersicher sein. Schließlich war das der Grund, aus dem Magier dort arbeiteten. Nichts, was sie dort drinnen anstellten, würde nach außen dringen - und umgekehrt. Trotzdem… die Mauer war einfach verschwunden und der Verräter Yemus auf der Flucht.
    Wir haben die ganzen Jahre über in trügerischer Sicherheit gelebt, dachte Andu. Nicht auszudenken, was der Hundesohn mit seinen Experimenten hätte anrichten können. Vielleicht war das die Ursache für die Pocken… oder sogar die Pest. Und vielleicht wurden die alten Menschen deshalb im Winter so krank und begannen fürchterlich zu husten, bevor sie langsam, aber sicher starben. Lügen, immer mehr Lügen… Lügen der Magier: ›Dieser Turm wird das Volk schützen und mir einen Platz zum Arbeiten geben.‹
    Ein Lügner und ein Verräter - Torrins Bruder war weit aus der Art geschlagen. Egal - wenn sie ihn schnappten, würden sie ihn am nächsten Baum aufknüpfen und der Sache ein Ende bereiten.
    Yemus rannte auf die äußeren Stadtbezirke zu. Andu rief nach Verstärkung, während er den Flüchtenden verfolgte. Krieger, die ihn erkannten und die qualmenden Ruinen der Aptogurria sahen, schlossen sich ihm an. Die Alarmglocken wurden geläutet, und bewaffnete Männer strömten auf die Straße, sprangen auf ihre Pferde, riefen weitere Hilfe herbei und nahmen die Verfolgung auf.
    Irgendwie war es Yemus gelungen, an ein Pferd zu kommen. In gestrecktem Galopp ritt er über die gepflasterten Straßen und verschwand außer Sichtweite. Inzwischen hatte sich eine große Verfolgergruppe gebildet, und auch Andu fand sich auf einem Pferderücken wieder und stürmte hinter Torrins Bruder her. Er wollte dabei sein, wenn sie den Verräter erwischten.

KAPITEL ZWEIUNDFÜNFZIG
     
    Yemus blickte aus seinem Sehschlitz auf die zerbrochene Glaskugel vor dem Fenster. Die Wirkung der Illusion, die er geschaffen hatte, würde einen ganzen Tag anhalten, aber Yemus rechnete damit, daß bereits vorher jemand kommen würde, um die Ruinen zu untersuchen. Dabei würde er

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