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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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gehört habt.«
    »Aber Ihr habt sie getötet. Sagtet Ihr es mir nicht? Ihr!« »Ich habe sie nicht getötet.«
    Ingleborough befeuchtete sich die Lippen. »Ich bin verwirrt. Ihr wünscht, daß ich falsches Zeugnis gegen einen Mann ablege, von dem ich bis vor zwei Tagen keine Kenntnis hatte? Das ist unvernünftiges Intrigieren, Perian. Ich sagte, daß ich mich nicht in Eure Pläne verstricken lassen würde!«
    »Die Lage ist kritisch«, sagte Montfallcon mit dumpfer Stimme. Er erreichte den Thron und ließ sich darauf nieder. »Euch wird sie glauben, Lisuarte. Mir dagegen mißtraut sie gegenwärtig. Quire hat sie darin bestärkt. Sie wird mich lediglich für eifersüchtig halten.«
    »Dann gebt ihr die Fakten«, sagte Ffynne mit gesundem
Menschenverstand.
»Die Fakten würden sie korrumpieren.«
    »Ihr sagt, daß Quire gerade dies bereits tue – und überdies drohe, die endgültige Verderbnis über sie zu bringen. Was könnt Ihr noch verlieren, Perian?«
    »Albion. Die edle Vornehmheit dieser Herrschaft, die unser Werk ist.«
    »Ihr respektiert die Königin nicht.« Lord Ingleborough blick
    te seinen Freund scharf an. »Ihr meint, das Wissen werde sie zerbrechen.«
    »Solches Wissen würde sie zynisch machen, und sie würde an allem etwas auszusetzen finden. Sie würde über Tugend die Nase rümpfen und den Glauben an die Aufrichtigkeit verlieren. Und ein wiedergeborener Hern werden, das Land mit zynischer Tyrannei zu regieren.« Er schlug mit der Faust auf die Armlehne des Thrones. »Möchtet Ihr alles das von neuem erleben? Habt Ihr den Mut, es zu riskieren? Würde ein solches Resultat Eurem Gewissen besser gefallen? Würdet Ihr Euch dazu beglückwünschen, wenn Ihr derjenige wärt, der Herns Gespenst wieder auf die Welt losläßt?«
    »Die Königin scheint diesem Gespenst nicht weniger entschieden zu widerstehen als einer von uns«, sagte Tom Ffynne. »Ich stimme darin Lisuarte zu. Ihr solltet sie respektieren. Bringt ihr zur Kenntnis, was sie wissen muß.« »Sie würde mir nicht glauben. Was ist Verdacht, was sind Vorwürfe ohne Beweis? Wie kann ich alles beweisen, was ich sage, ohne alle Taten und Untaten zu enthüllen, die ich heimlich in ihrem Namen veranlaßte? Ich bitte Euch, sagt es ihr, Lisuarte. Ihr wißt, daß sie Euch anhören wird.«
    Der Blick der schmerzgeplagten Augen senkte sich. »Wenn
Ihr meint, Perian. Aber schwört mir zuvor, daß Ihr mit den
Morden im Palast nichts zu schaffen hattet!«
»Ich schwöre es bei den Göttern!«
    »Und Ihr versprecht mir, daß Ihr keine ungesetzlichen Tö
    tungen planen werdet? Daß mit Quire nach Recht und Gesetz verfahren werden soll – etwa durch Verbannung?«
    Montfallcon wußte, daß es keine Toten mehr geben durfte. Eine weitere Mordtat, und der Hof würde zu einer Stimmung zurückkehren, die schlimmer wäre als jene, die vor den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Thronbesteigung geherrscht hatte. »Auch das schwöre ich. Quire soll nicht von meiner Hand noch durch meine Anstiftung sterben. Aber verbannt werden muß er.« »Dann werde ich morgen zu ihr sprechen.« Ingleborough hob die verkrümmte Hand zum Gesicht. »Morgens fühle ich mich besser.«
    »Ihr werdet Albion dienen – und der Königin«, versprach Montfallcon.
    »Ich hoffe es«, murmelte er und zuckte zusammen, als er unvorsichtig den Kopf wandte. »Patch! Hol die Träger, mein Junge.«
    Der kleine Page war schon weg, hatte die Wünsche seines Meisters vielleicht schon vorausgesehen.
    Schweigend warteten die drei, denn mehr gab es nicht zu sagen. Es schien, als ob in diesem Augenblick jeder dem anderen skeptisch gegenüberstünde und seine Gedanken allein erproben müßte.
    Schließlich wurde Tom Ffynne ungeduldig und ging selbst den Pagen und die Lakaien suchen. Er entdeckte die letzteren und befahl ihnen, ihre Arbeit zu tun, aber Patch war nicht zu finden, und Ingleborough, der vor Schmerzen einer Ohnmacht nahe war, bemerkte kaum die Abwesenheit seines kleinen Schützlings, als er zu seinen Gemächern zurückgetragen wurde.

    DAS FÜNFUNDZWANZIGSTE KAPITEL

    Lord Ingleborough empfängt einen Besucher, eine Warnung
und Erlösung

    Lord Ingleborough lag in seinem Ohrensessel, eine Hand um die Armstütze geklammert, den Kopf zurückgelehnt. Durch die offenen Türflügel blickte er in seinen kleinen, traulichen Innenhof, der durch eine Passage mit Spalieren mit dem großen Hof jenseits des Vordergebäudes in Verbindung stand. In Ingleboroughs Innenhof blühten Ringelblumen und Rosen, und ein

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