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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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wie Mottenflügel. Und statt sie zur Krise hinzuführen, hatte Quire sie zur Versöhnung beruhigt, was kein Liebhaber bis dahin getan hatte, hatte ihr Frieden und einen schützenden Arm gebracht. Montfallcon war in jener Nacht in Raserei geraten. Jetzt lag eine seiner Frauen krank im Bett, unschuldiges Opfer seines Zornes.
    In der Stille, die seine Worte hinterlassen hatten, fügte Montfallcon hinzu:
    »Ich bin überzeugt, daß dieser Mann Lady Marys Mörder ist. Wahrscheinlich auch Sir Thomas Perrotts Mörder.«
    »Aber es ist sein erstes Erscheinen hier im Palast.«
    »Er ist in den Wänden gewesen, hat die Bühne für seinen Auftritt vorbereitet. Er ist ein großer Schauspieler.«
    »Die Wände sind tödlich. Allerlei Gelichter haust dort. Ich habe davon gehört!« Tom Ffynne musterte mißtrauisch den massiven Granit der Wände. »Halbmenschliches Ungeziefer, nicht auszurotten, weil es sich in vergessenen Höhlen und Gängen weit unter der Oberfläche versteckt.«
    »Alle Expeditionen in diese Bereiche sind erfolglos geblieben«, sagte Lord Ingleborough. Er sprach langsam und mit Mühe, aber die Gewölbe der Säulenhalle verstärkten sein heiseres Murmeln. »Andererseits sind wir niemals ernstlich von ihnen bedroht worden, ebensowenig wie wir von den Ratten bedroht werden.«
    »Nun«, sagte Montfallcon, »ich glaube, gerade dort hat er sich versteckt. Er kennt die Wände und die alten Labyrinthe des Untergrunds, wie nur wenige Außenseiter sie kennen. Er kann sie zu jeder Zeit betreten und verlassen haben.« »Erfindet Ihr Hypothesen, Perian?« wollte Tom Ffynne wissen.
    »Keineswegs. Quire war mein Agent. Er wandte sich gegen
mich.«
»Ihr habt ihn geächtet?«
    »Er ächtete sich selbst. Er hat Ambitionen auf den Thron, möchte ich schwören. Die Machtgier hat ihm den Verstand geraubt.«
    »Dann würde er unser König sein? Es wäre nicht das erstemal, daß Männer aus dem Volk in Albion zu hohen Würden
    aufsteigen.«
    »Das Blut der Dynastie ist während der vergangenen fünfzehnhundert Jahre rein geblieben«, sagte Lord Ingleborough. »Sie leitet sich in gerader Linie von dem legendären Paar Titania und Oberon ab. Und diese stammten ihrerseits vom sagenhaften Brutus ab, der Gogmagog stürzte. Sie ist vom Blut des Elficleos.«
    »Sind wir es inzwischen nicht alle?« sagte Tom Ffynne lä
    chelnd.
    »Es ist nicht das Blut, das zu schützen ich suche«, sagte
    Montfallcon ungeduldig. »Es ist die Seele, der Charakter unserer Königin. Wäre Quire nichts als ein Wirtshausraufbold und könnte Albion schützen, indem er die Königin heiratete, so würde ich ihn in den Adelsstand erheben oder ihm einen hochgeborenen Stammbaum verschaffen, falls nötig, oder gar das Gesetz ändern. Aber Quires Geburt ist nicht die Frage, auf die es hier ankommt. Ich fürchte Quires Absichten. Quire tötete den Sarazenen. Er entführte Polens König. Und er hat noch vieles mehr getan, die Götter seien meiner Seele gnädig. Er leitete die Kette der Ereignisse ein, die uns in die gegenwärtige mißliche Lage gebracht haben.«
    Ingleborough runzelte die Stirn. »Und Ihr habt der Königin
    nichts gesagt? Warum nicht?« Er wandte sich schwerfällig zur Seite und drehte unter Schmerzen den Hals, um seinen Pagen zu beobachten, der in der Ferne über die Steinplatten spazierte. Das Geräusch seiner Schritte war wie langsam tropfendes Wasser. »Quire weiß, warum. Darauf setzt er.«
    »Weil Ihr, um seinen Charakter zu enthüllen, Eure eigenen
    Geheimnisse preisgeben müßt, nicht wahr?« sagte Tom Ffynne. Montfallcon gab es zu.
    Lord Ingleborough seufzte. Es war, als hörte man einen ent
    fernten Sturm zwischen den Zinnen der Türme. »Sollte uns so früh ein Umsturz drohen? Sollen wir im Verlauf einer einzigen Regierung zur Tyrannei zurückkehren? Ihr müßt Eure Geheimnisse aufdecken, Perian, es ist wichtig.«
    »Und noch mehr Schaden anrichten?« Montfallcon war die Vorstellung auf das äußerste verhaßt. »Nein, Lisuarte, Ihr sollt mit ihr sprechen. Sagt ihr, es sei Euch zu Ohren gekommen, daß dieser Quire ein Dieb, ein Mörder und Spion ist. Sagt ihr, so Ihr es für richtig haltet, daß er wahrscheinlich der Mörder aller ihrer Vertrauten ist, einschließlich der Gräfin von Scaith.« »Ich würde damit lügen.« Ingleborough drehte sich ächzend im Sessel herum. »Was wollt Ihr damit sagen?«
    »Ihr würdet nicht lügen!« Montfallcon stand auf und stieg die Stufen zum Thron des Verrückten hinauf. »Ihr würdet wiederholen, was Ihr

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