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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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sagte er und schwankte davon.
    Erleichtert atmete ich auf. Verlassen, aber nicht verletzt. Jan kam mit einer Schachtel Zigaretten zurück.
    »Gib mir mal eine«, sagte ich schnell, dabei hatte ich schon seit Jahren nicht mehr geraucht.
    Jan hielt mir die Packung hin. »Wer war das?«
    »Ich hatte mal was mit ihm«, sagte ich. Ich wollte nicht lügen, das war es nicht wert, zündete mir eine Zigarette an, nahm einen Zug, mir wurde schwindelig, sah Jan kurz verschwommen, dann wieder klar, seinen fragenden Blick, er erwartete eine Erklärung.
    »Das ist lange her«, sagte ich. Gut, nun hatte ich doch gelogen. Aber die Nacht mit Jakob, der Gang mit dem roten Teppich, seine Hände in meinen Haaren, seine weichen Küsse, all das war so weit weg, es hätte auch vor Jahren sein können.
    Jan pustete mir den Rauch ins Gesicht. »Hast du Lust Wodka zu trinken?«
    Ich musste lächeln. Heute Abend war ich so alt wie er, rauchte Zigaretten, trank Wodka, vielleicht half mir das zu vergessen. Maria, Jakob und seine Neue, nur noch vergessen.
    Was nach dem Wodka passierte, den wir uns teilten, weiß ich nicht mehr genau. Meine Augen tanzten rhythmisch durch den Raum, meine Füße balancierten auf dem sich wallenden Boden. Ich beobachtete die Leute und schaute ins Leere, ich jagte springenden Gedanken nach und vergaß sie im nächsten Moment. Ich schmiegte mich an Jan, als würde ich ihn lieben. Ich ließ ihn stehen, wenn mir ein anderer gefiel. Ich küsste ihn, mal sanft, mal wild, vergaß Raum und Zeit, vergaß mich und ihn, alles war bunt und sorglos, nicht mehr als ein Spiel. Ich merkte nicht, wie sich der Zauberwald leerte und merkte nicht, wie sich Jan innerlich von mir entfernte.
    »Ich bin ein Vollidiot«, sagte er seufzend. Wir standen an der Wand, hatten uns gerade geküsst, wieder ein Kuss ohne Gefühl, aber die Berührung der Lippen war interessant.
    »Finde ich nicht«, flüsterte ich in seine weiche Haut hinein, ohne zu wissen, was er meinte, wollte ihn küssen, doch er entzog sich mir und sagte: »Doch, ich bin ein Vollidiot. Ich habe eine Freundin.«
    Einen Moment war ich überrascht und dachte an seinen Blick, als Jakob neben mir gestanden hatte. Jan schien erleichtert, endlich war es raus, schien eine Reaktion zu erwarten, doch wie sollte ich reagieren? Sollte ich reagieren? Sollte ich gehen? Sollte ich bleiben? Hatte es eine Bedeutung für mich? Oder war mir seine Freundin egal? Ich traf die Entscheidung, dass nun nicht zu entscheiden und zuckte mit den Schultern.
    Er küsste mich ein letztes Mal, voller Gefühl, wollte gehen, ich hielt seine Hand, wehmütig kehrte er zurück, drückte mich gegen die Wand, presste seine Lippen auf meine, ließ mich los, ich hielt ihn fest, mit kalten Augen sah er mich an, küsste mich zum letzten Mal, innig und entfremdet, melodramatische Szenen, von anschwellender Orchestermusik getragen und von Bläsern pompös begleitet. Und dann, Bum!, war es soweit. Das Publikum hielt gespannt den Atem an.
    Er schob mich von sich weg, wobei seine Hand meinen Busen berührte und sagte: »Eigentlich wollte ich nur mit dir schlafen!«
    Aufgerissene Augen, begeisterte Gesichter, tosender Applaus!
    Das ist mal ehrlich, jubelte ich, selbst wenn er zu jung war, zu unbedeutend, um mir so nahe zu sein. Unsere Hände lösten sich. Das Spiel war vorbei. Die Figuren lagen verstreut und die Würfel waren verschwunden.
    Es dauerte eine Weile, bis ich die Garderobe wiederfand und auf mein Fahrrad geklettert war. Meine Beine waren schwer und brannten, als ich in die Pedale trat. Der Wind zog meine Haare nach hinten. Erst lächelte ich über Jans Offenbarung. Dann wurde mir klar, dass er nur mit mir schlafen wollte. Der Gedanke an Jakob kam wieder, ich sah ihn, wie er gerade eine andere fand und ihr irgendwo anders das gab, was er mir gegeben hatte. Und ich allein, mitten in der Nacht, auf dem Weg in einen düsteren Raum, der mein Zuhause war. Ich bremste so heftig, dass ich fast über den Lenker fiel. Mit holprigen Bewegungen wendete ich das Fahrrad und fuhr zu der Wohnung meiner Mutter.
    Leise schloss ich die Tür auf. Zu meiner Überraschung war meine Mutter wach und stand mit Schlafsachen im Flur. Ihre dicke, weiße Katze ließ sich gerade den plüschigen Bauch massieren. Ächzend fiel ich ihr in die Arme. Mein Glück, sie zu sehen, konnte sie nicht verstehen. In der Küche, sie trank Kaffe, ich trank Wasser, erzählte ich ihr von Jakob und Maria, von Jakob und mir, von Jan und Jakob und als ich am Ende

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