Glueck allein
Vertrauen.«
»Ich danke dir natürlich auch«, tat es Johannes ihm spöttisch nach, woraufhin Pierre mich mit einem Ausdruck ansah, als würden ihn diese Worte vollends bestätigen.
Dann erhob er sich, nahm seinen Kaffee, den er nicht einmal ausgetrunken hatte und stakste langsam aus der Bibliothek hinaus. Amüsiert sah ich ihm nach, bis ich bemerkte, dass Johannes wieder ernst und nachdenklich geworden war.
»Dass Jakob der Ex von Maria ist, hast du Pierre nicht erzählt«, sagte er schließlich.
»Maria und Jakob waren nie zusammen«, erwiderte ich leise.
»Aber du sagst es ihr noch?«, fragte er, woraufhin ich seinen Blicken auswich.
Er sprach mich nochmals an, diesmal sehr sanft, was ich unter gewöhnlichen Umständen als überaus schön empfunden hätte und riet mir, es ihr ehrlich zu sagen.
»Ich kann doch nicht ihren Henker spielen«, setzte ich dem entgegen, worauf er nach kurzer Überlegung sagte, ich sei einfach nur feige.
Sogleich wollte ich ihm widersprechen, aber wusste nicht, was ich sagen sollte, da mir das Eingeständnis meines Fehlers vor Maria schier unmöglich erschien. Es würde sie doch nur unnötig verletzen, dachte ich, als wir zurück an die Arbeit gingen. Johannes hielt mir die Türe der Bibliothek auf und ich fühlte mich schon auf dem Weg in mein Büro wieder etwas besser, denn er hatte zum Abschied gelächelt.
Im Zauberwald
Es war halb zehn und gerade dunkel geworden. Wie ich es mit Hanna verabredet hatte, wartete ich am Platz mit den vielen Cafés. Noch am Morgen hatte ich versucht, Maria zu erreichen, um ihr von Jakob und mir zu erzählen, doch ihr Handy war die ganze Zeit ausgeschaltet gewesen und ich dachte darüber nach, ob dies ein Zeichen war, es ihr nicht zu sagen. Jakob hatte sich auch gar nicht gemeldet. Musste sie es dann überhaupt erfahren?
Hannas Kolleginnen bekamen schmale Augen, als sie mich mit meinem engen Oberteil und roten Lippen sahen. Umso herzlicher begrüßten wir uns. Als hätten wir uns abgesprochen, waren wir alle schwarz gekleidet. Lachend liefen wir los. Aber Jakob war nicht vergessen.
Wir wollten in den Zauberwald gehen, einen Club, den es schon immer gab und der von außen in einem hellen Grün erstrahlte. Aber mit seinen engen Fluren und niedrigen Decken, mit Wänden, an denen, wenn es voll war, das Wasser herunterlief, mit Toiletten, die an Autobahnraststätten erinnerten und bei denen jede Frau, die ein wenig auf Hygiene hielt, gymnastische Übungen vollführte, um sie nicht zu berühren, war in seinem Innern nichts mehr zauberhaft.
Dennoch kamen immer so viele Leute, dass man früh da sein musste, um nicht am Eingang, an der Garderobe und für das erste Getränk lange anzustehen. Alle wussten, dort konnte man schnell und ohne Umstände jemanden kennenlernen. Abschleppschuppen, nannte man das gewöhnlich. Vielleicht wollten Hanna und ihre Freundinnen dorthin, um mal etwas Verrücktes zu tun. Vielleicht waren sie auch einsamer, als ich dachte.
Mir war es recht. Ich war seit Leo einsam. Und ich wollte Jakob vergessen, der diese Einsamkeit, nachdem er sie erst von mir genommen hatte, nun verschlimmerte. Warum er gesagt hatte, er sei in mich verliebt, konnte ich mir nicht erklären. Aber es war mir egal. Wirklich egal.
Die beiden Türsteher wollten meinen Ausweis sehen. »Schon fünfundzwanzig«, sagten sie und musterten mich verblüfft. Dann rückten sie zur Seite und ließen uns rein.
Erstaunt sahen wir, was aus dem Zauberwald geworden war. Wo man sich früher die Wände entlang drückte, war nur noch ein Durchgang, hinter dem sich ein großer, dunkler Raum zeigte.
»Wo kommt der denn her?«, fragte Hanna verdutzt.
»Die müssen eine Wand eingerissen haben«, mutmaßte ich, während ich die hohen Decken betrachtete.
»Schau mal, neue Toiletten«, sagte Hanna und deutete auf ein hellgrünes Figürchen über der Tür. Es sah aus wie ein Ampelmännchen, nur hatte es zwei Zöpfe und trug ein Kleid. Mich überkam das Bedürfnis, ihm einen Namen zu geben und so taufte ich es Lise.
Für den Eintritt gab es zwei Stunden lang Bier umsonst. Schon bald bestellten wir die vierte Runde. Meine Schultern lösten sich und meine Finger klopften im Takt der Musik auf die Theke.
»Lasst uns tanzen«, rief Hanna und sprang auf die leere Tanzfläche. Die anderen nickten aufgedreht und eine von ihnen packte meine Hand und zog mich mit. Ein Popsong kam, Hanna hüpfte, die anderen kreischten, entfesselt tanzten sie im Kreis. Da wir die einzigen auf der
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