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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verrückt?«
    »Nein, ich das wissen von meinem Vater und Großvater. Waren beide –«
    »Bleiben Sie mir mit Ihrem Vater und Großvater vom Leib!«
    Mariannes Augen schossen Blitze. Trotzdem lag aber in ihnen irgendwie auch noch ein Ausdruck, der den Blitzen die Brisanz nahm.
    »Außerdem«, sagte Wilhelm, »geben es ein gutes Sprichwort aus asiatischer Teil von Rußland. Sie wissen, Marianne, daß Asien sehr weise.«
    »Was für ein asiatisches Sprichwort?« erwiderte Marianne, die sich keine Gelegenheit entgehen lassen wollte, ihren Bildungsschatz zu erweitern.
    »Nein«, enttäuschte Wilhelm sie, »das ich Ihnen können nicht sagen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es ist nicht« – er suchte nach dem richtigen Ausdruck – »nicht brav.«
    »Nicht brav? Sie meinen wohl: unanständig?«
    »Ja«, nickte Wilhelm, erfreut darüber, ein neues deutsches Wort, dessen Sinn ihm auf Anhieb klar war, gelernt zu haben.
    Für Marianne hatte sich der Fall damit erledigt. An einem unanständigen Sprichwort konnte und wollte sie nicht interessiert sein.
    Nun setzte sie sich wieder in Bewegung, und Wilhelm, froh darüber, daß das Gewitter vorüber war, hielt sich eng an ihrer Seite und bot ihr in altväterlicher Weise seinen angewinkelten Arm. Die westliche Mode, mit dem Mädchen händchenhaltend dahinzuschlendern, hatte er zwar schon gesehen, sie gefiel ihm auch nicht schlecht, aber er wagte noch nicht, sie auch schon nachzuahmen.
    Per Arm zu gehen, das kannte Marianne nur noch vom Hörensagen. Sie wußte deshalb mit Wilhelms gravitätischem Angebot nicht gleich das Richtige anzufangen. Mädchen lernen aber in solchen Situationen rasch. Es verging nur ein winziger Augenblick, und Marianne schob so selbstverständlich und passend ihren Arm unter den von Wilhelm, daß es aussah, als hätte sie nie etwas anderes getan.
    Und wie war dann ihr Urteil über das Ganze? Nicht schlecht, dachte sie überrascht. Sie spürte an ihrem Arm Wilhelms Körperwärme. Das war ein angenehmes Gefühl.
    Wilhelm wußte seinen Gedanken strenge Fesseln anzulegen. Das war auch angebracht, denn sie eilten den Empfindungen Mariannes weit voraus.
    Beide hatten die Schlägerei im Kino vergessen.
    »Schön«, sagte Wilhelm.
    »Was ist schön?« fragte Marianne.
    »So mit Ihnen gehen.«
    Marianne drückte seinen Arm. Nur ganz leicht freilich, um keine Wünsche bei ihm entstehen zu lassen, deren Erfüllung nicht in Frage kam. Wilhelm wagte es nicht, gegenzudrücken. Marianne stellte das mit Erstaunen fest. In gewisser Hinsicht, dachte sie, stimmt, was man von denen immer hört: Sie sind anders, als die bei uns hier – viel genügsamer.
    Zwei junge Burschen kamen ihnen entgegen und grinsten. Als sie vorbei waren, sagte der eine der beiden: »Hast du die gesehen?«
    »Wie Oma und Opa«, erwiderte der andere.
    Die beiden ahnten nicht, wie glücklich sie sich preisen konnten, daß Wilhelm sie nicht hörte.
    »Wilhelm«, sagte Marianne.
    »Ja?«
    »Dieses asiatische Sprichwort … ist es sehr unanständig?«
    »Ja.«
    »Was bezeichnen Sie als ›sehr‹?«
    Er blickte sie unsicher an.
    »Sehr sein sehr«, sagte er dann.
    Bis zur nächsten Ecke schwieg Marianne. Dort mußten sie über die Straße. Eine rote Ampel stoppte sie. Während sie auf ›Grün‹ warteten, fragte Marianne: »Verstehen Sie das Wort ›ordinär‹, Wilhelm?«
    »Ja, sein auch russisch.«
    »Es kommt aber aus dem Französischen.«
    »Ja«, sagte er. »Warum Sie mich fragen? Sein ich ordinär in Ihre Augen?«
    »Aber nein!« rief sie rasch und drückte unwillkürlich ganz fest seinen Arm. »Ich möchte lediglich wissen, ob dieses Sprichwort ordinär ist.«
    Er dachte nur kurz nach.
    »Nein, nicht.«
    Darin sah Marianne offenbar das Entscheidende.
    »Dann können Sie es mir auch sagen, Wilhelm.«
    Die Ampel gab ihnen den Weg frei. Sie gingen hinüber auf die andere Straßenseite. Dort bogen sie ab nach rechts. Den Kurs bestimmte Marianne, die ja die Ortskundige von ihnen war.
    »Sie sein gierigneu«, sagte Wilhelm und korrigierte sich umgehend selbst: »Neugierig.«
    »Ich? Nein.«
    »Nein?« Er nickte zufrieden. »Dann ich Ihnen müssen nicht sagen das Sprichwort.«
    »Doch.«
    »Doch?« Er schüttelte enttäuscht den Kopf. »Dann ich Ihnen müssen es sagen. Aber ich Sie warnen vor unanständig. Sie mir dürfen nicht böse sein.«
    »Nein.«
    Marianne war auf allerhand gefaßt, als er endlich die Katze aus dem Sack ließ, indem er meinte: »Sprichwort lauten so: ›Weiber gehen gern in Bett mit

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